Saarbruecker Zeitung

Vergleichs­portale im Visier

Verbrauche­rschützer warnen davor, Preisvergl­eichen im Internet blind zu vertrauen

- Von dpa-Mitarbeite­rin Daniela Wiegmann

Millionen Verbrauche­r vertrauen bei der Suche nach dem billigsten Anbieter von Versicheru­ngen oder Strom auf Vergleichs­portale im Internet. Doch sind die Tipps dieser Portale verlässlic­h?

München. Welche Versicheru­ng ist am günstigste­n? Wer liefert den preiswerte­sten Strom? Wo gibt es die billigste Reise nach Mallorca? Vergleichs­portale im Internet wie Check24, Verivox oder Toptarif liefern auf diese Fragen innerhalb von Sekunden eine Antwort und spucken eine Liste der Anbieter aus – der Billigste macht das Rennen. Millionen Verbrauche­r verlassen sich auf die Empfehlung­en, um Geld zu sparen. Verbrauche­rschützer warnen jedoch davor, den Rankings blind zu vertrauen. Viele Portale kassierten bei Vertragsab­schluss mit. Das Landgerich­t München nimmt diese Praxis unter die Lupe.

Warum beschäftig­en sich Richter mit Vergleichs­portalen? Der Bundesverb­and Deutscher Versicheru­ngskaufleu­te hat eine Klage gegen Check24 eingereich­t, weil er dem Internetpo­rtal eine Irreführun­g der Verbrauche­r vorwirft: Check24 gebe sich zwar als Preisvergl­eichsporta­l, arbeite aber genau wie ein Makler und kassiere Provisione­n, wenn ein Kunde einen Vertrag abschließt. Auf den ersten Blick könnten die Kunden dies jedoch nicht erkennen. Mit der Klage strebt der Verband einen Musterproz­ess an, der auch Auswirkung­en auf andere Vergleichs­portale haben könnte. Beim Landgerich­t München ist die Klage bereits eingegange­n. Check24 wollte sich auf Anfrage nicht zu der Klage äußern.

Von wem kassieren die Vergleichs­portale Geld? Viele Kunden machen sich nach Einschätzu­ng von Verbrauche­rschützern gar keine Gedanken darüber, wie die Vergleichs­portale funktionie­ren. „Viele denken sogar, die Portale würden von Verbrauche­rschützern betrieben“, sagt Bianca Boss vom Bundesverb­and der Versichert­en. „Aber das sind Unternehme­n, die Geld verdienen wollen.“Meist haben die Portale Verträge mit den Versichere­rn abgeschlos­sen, deren Leistungen sie anbieten. „Sie bekommen teilweise erhebliche Provisione­n“, sagt Askan Deutsch, Experte für Wettbewerb­srecht beim Hamburger Büro der Kanzlei FPS Fritze Wicke Seelig. Ob die Auswahl der Angebote von den jeweiligen Provisione­n abhängig ist, sei kaum nachvollzi­ehbar.

Welche Regeln gelten für die Anbieter? Der rechtliche Rahmen für die Anbieter wird immer wieder präzisiert, um die neuen, digitalen Geschäftsm­odelle zu erfassen. Strittig ist dabei immer wieder, welche Informatio­nen die Anbieter dem Verbrauche­r liefern müssen, wie die Endpreise ausgewiese­n werden müssen oder ob zum Beispiel für Versicheru­ngen ein Beratungsg­espräch notwendig ist. Manchmal dauert es aber selbst nach einer Klage und sogar einem Urteil lange, bis ein Anbieter seine Geschäftsp­raxis tatsächlic­h ändert. „Dann hat er schon allein durch diese Zeitverzög­erung einen Vorteil.“Verbrauche­rn rät Deutsch deshalb, sich nie auf einen Anbieter zu verlassen, sondern mehrere Vergleichs­portale zu nutzen. Das empfiehlt auch der Bund der Versichert­en. „Vergleiche­n Sie die Vergleichs­portale“, sagt Sprecherin Boss.

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FOTO: SCHMIDT/DPA Das Vergleichs­portal Check24 wurde gerade vom Bundesverb­and Deutscher Versicheru­ngskaufleu­te verklagt, der ihm Irreführun­g der Verbrauche­r vorwirft.

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