Saarbruecker Zeitung

Das Rechenzent­rum in der Hosentasch­e

Wie sieht die digitale Zukunft aus? – Symposium zum 25. Geburtstag des Max-Planck-Instituts für Informatik

- Von SZ-Redakteur Peter Bylda

Das Saarland gehört seit Jahren zu den Top-Adressen in der Informatik­forschung. In dieser Woche feiert nun das MaxPlanck-Institut für Informatik in Saarbrücke­n Jubiläum. Es wird 25 Jahre alt.

Saarbrücke­n. Welche Superlativ­e lassen sich auf Anhieb mit dem Saarland in Verbindung bringen? Versteht sich, dass die Liste im kleinsten Flächenlan­d Deutschlan­ds nicht die längste werden wird. Und doch wird bei der Aufzählung der Meriten oft ein Punkt übersehen. Das Saarland gehört deutschlan­d- und europaweit zu den ersten Adressen der Informatik.

Weit mehr als die Hälfte der Leibniz-Preise dieser Disziplin – die Auszeichnu­ng der Deutschen Forschungs­gemeinscha­ft gilt unter Professore­n als Ritterschl­ag – ging an Informatik­er, die im Saarland arbeiten oder studiert haben. Die SaarUni kassierte in der ExzellenzI­nitiative höchste Ehrungen. Und Saarbrücke­n ist der erste und war lange der einzige Informatik-Standort der MaxPlanck- Gesellscha­ft, eine der ersten Adressen der Grundlagen­forschung. Am Donnerstag ab 14.30 Uhr feiert sie nun auf dem Campus (Hörsaal/Bau E2.2) ein Jubiläum. Das Max- Planck-Institut für Informatik (MPI) wird 25 Jahre alt.

Die Informatik ist eine junge Wissenscha­ft, einen weltweiten Verband gibt es erst seit 1960, die deutsche Informatik- Gesellscha­ft seit 1969. Wer nur auf eine so kurze Historie zurückblic­ken kann, schaut lieber nach vorn. Das Geburtstag­s-Symposium in Saarbrücke­n befasst sich in dieser Woche mit der Zukunft einer Wissenscha­ft, die „die Welt verändert und sie weiter verändern wird“, so Professor Kurt Mehlhorn, Gründungsd­irektor des MPI.

Was können wir im nächsten Vierteljah­rhundert von der Informatik erwarten? „In 20 Jahren ist mein Smartphone so leistungsf­ähig wie heute ein Großrechne­r“, prophezeit Kurt Mehlhorn. „Und es wird endlich in der Lage sein, Umgangsspr­ache flüssig zu dolmetsche­n.“Wer da skeptisch dreinschau­t, den verweist der Informatik­er, der 2015 auch ein persönlich­es Jubiläum feiert – er forscht seit 1975 in Saarbrücke­n –, auf die Entwicklun­gen der jüngeren Zeit. E-Mail gibt’s seit 1985, die eigene Internet-Homepage seit dem Ende der 1990er Jahre, Electronic Banking und digitale Fotografie verbreitet­en sich erst nach der Jahrtausen­dwende. Und das Tempo der Veränderun­gen nimmt noch zu, wie das Smartphone zeigt. Nach dem Moore’schen Gesetz, einer Faustforme­l der Informatik, verdoppelt sich die Leistungsf­ähigkeit der Computerch­ips alle zwei Jahre. Die Kapazitäte­n der Computerne­tze wachsen doppelt so schnell.

Wer in 20 Jahren von einer Internet-Suchmaschi­ne wissen möchte „Wer war Nationaltr­ainer, als Bastian Schweinste­iger in der Nationalel­f spielte?“, den Sinn einer Frage zu verstehen. Apropos Sinn: Welchen Sinn hat die Möglichkei­t, Massen digitaler Fotos – die Hälfte der Hobbyfotog­rafen schießt mehr als 1000 Bilder pro Jahr – unbegrenzt auf einer Festplatte oder im Internet abspeicher­n zu können, wenn es schon nach wenigen Monaten nicht mehr gelingt, ein bestimmtes Foto wiederzufi­nden?

„Computerpr­ogramme werden Ordnung in unsere Sammlungen bringen“, verspricht der Saarbrücke­r Informatik­er. Möglich machen das Algorithme­n der Bilderkenn­ung – auch die werden in Saarbrücke­n programmie­rt. Sie können Menschen und Objekte in Fotos und Videos analysiere­n. Und da geht es nicht nur darum, einen Schnappsch­uss mit Tante Trude aufzuspüre­n. Ein solches System solle riesige Bilddatenb­anken nach beliebigen Kriterien ordnen. Wenn es sein muss, auch nach der Ansage „Zeige mir alle Fotos, auf denen eine weiße Katze zu sehen ist“.

Solche Anwendunge­n, die unter dem Oberbegrif­f Big Data zusammenge­fasst werden, eröffnen Chancen – in ihnen stecken aber auch unübersehb­ar Möglichkei­ten des Missbrauch­s. Kurt Mehlhorn sieht die Informatik­er heute in ähnlicher Lage wie die Physiker zu Beginn des Nuklearzei­talters. „Wir werden als Techniker, als Ingenieure trainiert. Wir müssen lernen, mehr über die Konsequenz­en unserer Arbeit nachzudenk­en.“Für Informatik­er würden deshalb Vorlesunge­n zur Ethik immer wichtiger. „Aber auch die Allgemeinh­eit muss besser verstehen, was wir tun. Denn nur wer weiß, worum es hier geht, kann mitreden.“

Für alle Nutzer digitaler Technik ist eine öffentlich­e Vorlesungs­reihe des Saarbrücke­r Informatik-Professors bestimmt, die Grundlagen digitaler Verfahren für jedermann erklärt. Die Vorlesung „Ideen und Konzepte der Informatik“wird jeweils montags von 16 bis 18 Uhr im Gebäude E1.4 (Raum 024) angeboten. Aufzeichnu­ngen gibt es über die Internetse­ite des Max-Planck-Instituts.

Im Internet: resources. mpi- inf. mpg. de/ department­s/d1/ teaching/ ws14/ Ideen- der- Informatik

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