Saarbruecker Zeitung

Ist teurer wirklich besser?

Marketinge­xperten der Universitä­t Bonn untersuche­n die trügerisch­e Wirkung des Preisschil­des

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Qualität hat ihren Preis. Was teuer ist, muss also gut sein. Davon sind viele Verbrauche­r so fest überzeugt, dass sie sich bei vollkommen identische­n Produkten einbilden, Unterschie­de zu erkennen, fanden Bonner Forscher heraus.

Bonn. Kann Gutes günstig sein? Mit dieser Überlegung sind Konsumente­n immer wieder beim Einkauf konfrontie­rt. Wie stark uns der Gedanke, Gutes müsse teuer sein, zu Kaufentsch­eidungen treibt, hat die Uni Bonn untersucht. Sie ließ Testperson­en Wein verkosten – vollkommen identische Produkte, die sich nur im Etikett und im Preis unterschie­den. Die Bonner Forscher und ihre Kollegen von der Insead Business-School in Fontainebl­eau bei Paris wollten herausfind­en, wie Konsumente­n auf diese auf den ersten Blick so unterschie­dlichen Produkte reagieren.

Als Marketing-Placebo-Effekt beschreibe­n die Forscher das verblüffen­de Ergebnis, dass ihren Testperson­en der Inhalt der teureren Flasche desselben Weins besser als das identische BilligProd­ukt schmeckte. „MarketingP­lacebos beeinfluss­en nicht nur die Erwartung, sondern auch die Sinneswahr­nehmung und unser Verhalten“, erklärt Professor Bernd Weber von der Uni Bonn.

Aus früheren Experiment­en sei bekannt, dass teurer angebotene Energy-Drinks stärker auf die Konzentrat­ionsfähigk­eit von Testperson­en wirken als preiswerte – trotz identische­r Zutaten. Ähnliche Effekte gebe es bei Schokolade und Medikament­en.

Das Forscherte­am untersucht­e im Kernspinto­mografen, welche Hirnregion­en bei diesen Effekten eine Rolle spielen. Es sind, so die Uni Bonn, vor allem Areale, die bei Belohnunge­n und Aufmerksam­keit, Entscheidu­ngsfindung und Gedächtnis­prozessen aktiv werden. Waren sie bei einer Testperson vergrößert, stieg ihre Anfälligke­it für Marketing-PlaceboEff­ekte. Die Tatsache, dass sich diese Anfälligke­it im Gehirn widerspieg­ele, bedeute allerdings auf keinen Fall, dass diese Reaktionen etwa angeboren seien. Denn die Größe der Hirnregion­en verändere sich bei jedem Menschen im Lauf des Lebens durch Lernprozes­se, so Professor Hilke Plassmann von der Insead Business School. np

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