Bund erleichtert Gemeinde-Kooperation
Wann 19 Prozent Umsatzsteuer fällig werden – und wann nicht
Der Bundestag hat ein Hindernis für die Zusammenarbeit von Kommunen aus dem Weg geräumt: die Erhebung von Umsatzsteuer.
Kommunen sollen zusammenarbeiten, um Geld zu sparen. Als Haupthindernis galt bisher die Frage, ob sie sich 19 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung stellen müssen. Jetzt herrscht Klarheit. Antwort: Kommt drauf an.
Saarbrücken. Die Idee ist recht einfach, zumindest in der Theorie: Weil die meisten Kommunen kein Geld haben, sollen sie zusammenarbeiten und sich Aufgaben teilen, vom Bauhof bis zum Standesamt. Ziel ist es, Personal und damit Geld zu sparen. Die Landesregierung prüft, ob es seine hochverschuldeten Kommunen per Gesetz zu dieser Art von Zusammenarbeit zwingen soll.
Doch die Zusammenarbeit hat ihre Tücken. Mehrere Gerichtsurteile hatten vor Jahren eine Diskussion darüber ausgelöst, ob eine Gemeinde – ebenso wie ein Unternehmen – 19 Prozent Umsatzsteuer zahlen muss, wenn sie eine Dienstleistung für eine andere Kommune erbringt. In der Praxis machte das die Zusammenarbeit unattraktiv. Beispiel: Die Gemeinden Schwalbach, Ensdorf und Bous hatten im Jahr 2013 die Idee, ihre Bauhöfe zusammenzulegen. Ein Gutachten ermittelte ein Einsparpotenzial von 300 000 Euro im Jahr. Doch wegen der Befürchtung, dass künftig Umsatzsteuer fällig wird, legten die Gemeinden ihre Pläne auf Eis. Denn die Umsatzsteuer hätte die Einsparungen wieder zunichtegemacht.
Die Frage, ob Umsatzsteuer gezahlt werden muss, wurde jahrelang diskutiert, aber nie entschieden. Die Landesregierung trat für die UmsatzsteuerBefreiung ein, um das große Hindernis für die Zusammenarbeit aus dem Weg zu räumen.
Die Wirtschaft machte hingegen Wettbewerbsnachteile geltend. Baufirmen, Gartenbaubetriebe und IT-Dienstleister, die auch um Aufträge der Kommunen buhlen, sahen nicht ein, dass sie 19 Prozent Umsatzsteuer zahlen müssen, wenn sie für eine Gemeinde tätig werden – eine Gemeinde A, die für eine Gemeinde B tätig wird, aber steuerfrei davonkommt. „Es kann nicht sein, dass zum Beispiel der große Bauhof der Stadt Saarbrücken die Straßen kleinerer Nachbargemeinden mitmacht und private Firmen keine Chancen haben, weil sie 19 Prozent teurer sind“, sagt der CDU-Wirtschaftspolitiker und Landtagsabgeordnete Bernd Wegner.
Der Finanzausschuss des Bundestags hat nun eine Gesetzesänderung beschlossen. Sie sieht vor, dass Gemeinden sich untereinander keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, so- fern es sich um hoheitliche Aufgaben handelt, für die Privatfirmen ohnehin nicht in Betracht kommen: etwa Pass-, Einwohnermelde-, Steuer- und Standesamts-Aufgaben, die Kasse oder Verkehrsüberwachung.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Petry, der im Finanzausschuss sitzt, sagte der SZ, das neue Gesetz sei „ein gutes Signal für die Kommunen, weil die Zusammenarbeit erleichtert wird“. Die SPDLandtagsabgeordneten Elke Eder-Hippler und Günter Waluga stimmten zu: „Es ist richtig, dass benachbarte Dörfer keine Umsatzsteuer zahlen müssen, wenn sie die vorhandenen Strukturen gemeinsam nutzen wollen. Alles andere wäre auch weltfremd.“
Doch das neue Gesetz hat aus Sicht der Kommunen auch einen Haken. Denn bei nicht-hoheitlichen Aufgaben, etwa den Aufgaben der Bauhöfe und Bauämter, Straßenbau, Reinigung oder Grünpflege, für die sich auch Private interessieren, sollen künftig 19 Prozent Umsatzsteuer fällig werden (es sei denn, eine Kommune hilft einer anderen wegen eines kurzzeitigen Engpasses mal eben aus). Das Gesetz schafft hier nun Klarheit. In Schwalbach, Ensdorf und Bous scheint jetzt klar, dass es den gemeinsamen Bauhof wohl nicht mehr geben wird.