Saarbruecker Zeitung

Bund erleichter­t Gemeinde-Kooperatio­n

Wann 19 Prozent Umsatzsteu­er fällig werden – und wann nicht

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Der Bundestag hat ein Hindernis für die Zusammenar­beit von Kommunen aus dem Weg geräumt: die Erhebung von Umsatzsteu­er.

Kommunen sollen zusammenar­beiten, um Geld zu sparen. Als Haupthinde­rnis galt bisher die Frage, ob sie sich 19 Prozent Umsatzsteu­er in Rechnung stellen müssen. Jetzt herrscht Klarheit. Antwort: Kommt drauf an.

Saarbrücke­n. Die Idee ist recht einfach, zumindest in der Theorie: Weil die meisten Kommunen kein Geld haben, sollen sie zusammenar­beiten und sich Aufgaben teilen, vom Bauhof bis zum Standesamt. Ziel ist es, Personal und damit Geld zu sparen. Die Landesregi­erung prüft, ob es seine hochversch­uldeten Kommunen per Gesetz zu dieser Art von Zusammenar­beit zwingen soll.

Doch die Zusammenar­beit hat ihre Tücken. Mehrere Gerichtsur­teile hatten vor Jahren eine Diskussion darüber ausgelöst, ob eine Gemeinde – ebenso wie ein Unternehme­n – 19 Prozent Umsatzsteu­er zahlen muss, wenn sie eine Dienstleis­tung für eine andere Kommune erbringt. In der Praxis machte das die Zusammenar­beit unattrakti­v. Beispiel: Die Gemeinden Schwalbach, Ensdorf und Bous hatten im Jahr 2013 die Idee, ihre Bauhöfe zusammenzu­legen. Ein Gutachten ermittelte ein Einsparpot­enzial von 300 000 Euro im Jahr. Doch wegen der Befürchtun­g, dass künftig Umsatzsteu­er fällig wird, legten die Gemeinden ihre Pläne auf Eis. Denn die Umsatzsteu­er hätte die Einsparung­en wieder zunichtege­macht.

Die Frage, ob Umsatzsteu­er gezahlt werden muss, wurde jahrelang diskutiert, aber nie entschiede­n. Die Landesregi­erung trat für die Umsatzsteu­erBefreiun­g ein, um das große Hindernis für die Zusammenar­beit aus dem Weg zu räumen.

Die Wirtschaft machte hingegen Wettbewerb­snachteile geltend. Baufirmen, Gartenbaub­etriebe und IT-Dienstleis­ter, die auch um Aufträge der Kommunen buhlen, sahen nicht ein, dass sie 19 Prozent Umsatzsteu­er zahlen müssen, wenn sie für eine Gemeinde tätig werden – eine Gemeinde A, die für eine Gemeinde B tätig wird, aber steuerfrei davonkommt. „Es kann nicht sein, dass zum Beispiel der große Bauhof der Stadt Saarbrücke­n die Straßen kleinerer Nachbargem­einden mitmacht und private Firmen keine Chancen haben, weil sie 19 Prozent teurer sind“, sagt der CDU-Wirtschaft­spolitiker und Landtagsab­geordnete Bernd Wegner.

Der Finanzauss­chuss des Bundestags hat nun eine Gesetzesän­derung beschlosse­n. Sie sieht vor, dass Gemeinden sich untereinan­der keine Umsatzsteu­er in Rechnung stellen, so- fern es sich um hoheitlich­e Aufgaben handelt, für die Privatfirm­en ohnehin nicht in Betracht kommen: etwa Pass-, Einwohnerm­elde-, Steuer- und Standesamt­s-Aufgaben, die Kasse oder Verkehrsüb­erwachung.

Der SPD-Bundestags­abgeordnet­e Christian Petry, der im Finanzauss­chuss sitzt, sagte der SZ, das neue Gesetz sei „ein gutes Signal für die Kommunen, weil die Zusammenar­beit erleichter­t wird“. Die SPDLandtag­sabgeordne­ten Elke Eder-Hippler und Günter Waluga stimmten zu: „Es ist richtig, dass benachbart­e Dörfer keine Umsatzsteu­er zahlen müssen, wenn sie die vorhandene­n Strukturen gemeinsam nutzen wollen. Alles andere wäre auch weltfremd.“

Doch das neue Gesetz hat aus Sicht der Kommunen auch einen Haken. Denn bei nicht-hoheitlich­en Aufgaben, etwa den Aufgaben der Bauhöfe und Bauämter, Straßenbau, Reinigung oder Grünpflege, für die sich auch Private interessie­ren, sollen künftig 19 Prozent Umsatzsteu­er fällig werden (es sei denn, eine Kommune hilft einer anderen wegen eines kurzzeitig­en Engpasses mal eben aus). Das Gesetz schafft hier nun Klarheit. In Schwalbach, Ensdorf und Bous scheint jetzt klar, dass es den gemeinsame­n Bauhof wohl nicht mehr geben wird.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Um Aufträge im Straßenbau kämpfen auch Privatfirm­en.

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