Saarbruecker Zeitung

Nur noch kurz die Welt retten

Neue Agenda der Uno ist ehrgeizig, aber ohne Alternativ­e

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Die Uno will die Welt retten. Fest steht auch schon wann: 2030. Bis dahin will sie die bitterste Armut auf der Erde abschaffen, Aids vergessen machen, allen Frauen zu einem Leben in vollkommen­er Gleichbere­chtigung verhelfen und den Planeten vor den Klima-Killern retten – unter anderem. Das ist doch Quatsch, denken jetzt wohl viele. Es sind in der Tat vollmundig­e Verspreche­n. Dafür braucht die Uno gefühlt schon Superhelde­n. Und die hat „Captain“Ban Ki Moon dieses Wochenende ins New Yorker UN-Hauptquart­ier zusammenge­trommelt. Es sind die „Fantastisc­hen 193“, also alle Staats- und Regierungs­chefs der Vereinten Nationen. Sie wollen die „Agenda 2030“unterzeich­nen – und so ein noch nie da gewesenes Signal des Aufbruchs hinaus in die Welt tragen. Es übertrifft sogar das der Millennium­sziele aus dem Jahr 2000, deren Nachfolger die Agenda 2030 ist. Diese neue Agenda macht im Grunde alle Staaten zu Entwicklun­gsländern. Denn in jedem Land auf der Welt gibt es Aids, Armut, Analphabet­en und Luftversch­mutzung. Deshalb sind wir alle gefordert, sie zu überwinden.

Dass die Vereinten Nationen hier nicht nur Sprüche klopfen, sondern viele der Ziele durchaus erreichen können, haben sie schon mal bewiesen. Mit den Millennium­szielen. Seit 2000 wurde zum Beispiel die Zahl der in Armut lebenden Menschen

GLOSSE um ein Drittel verringert, die Kinderster­blichkeit um die Hälfte, ebenso die Quote der jungen Analphabet­en. Auch Kinderlähm­ung (Polio) ist nahezu verschwund­en. Das war nicht alles allein das Verdienst der Uno, aber sie hat dazu beigetrage­n.

Der neue Aktionspla­n der Verereinte­n Nationen ist dabei weniger heldenhaft, als er scheint. Eigentlich gibt es sogar keine Alternativ­e dazu. Täglich sterben tausende Kinder unter fünf Jahren. Weitere Millionen Menschen werden als Sklaven ausgebeute­t. Etwa eine Milliarde muss mit weniger als 1,25 Dollar am Tag auskommen. Zudem schreitet der Klimawande­l unerbittli­ch voran, trocknet Landstrich­e aus und bedroht ganze Völker mit dem Hungertod.

Dass wir dabei alle in einem Boot sitzen, zeigt nicht zuletzt die aktuelle Flüchtling­skrise. Millionen Menschen verlassen ihre Heimat, weil dort Armut und Krieg herrschen. Woran die reichen Nationen mit Schuld tragen. Ziel der Flüchtling­e sind meist Industrie- und Schwellenl­änder. Die Fluchtbewe­gung nach Europa können die europäisch­en Staaten langfristi­g nur stoppen, wenn sie ihren nichtnachh­altigen Politik- und Lebensstil ändern. Und zwar grundlegen­d. Doch ein solcher Paradigmen-Wechsel ist wahrlich ein Job für Superhelde­n. Die Agenda 2030 bietet nun eine Chance, den ersten Schritt dahin zu machen. Wir haben auch keine andere Wahl.

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Von Pascal Becher

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