Saarbruecker Zeitung

Psychogram­m der Mordlustig­en

- Von SZ-Mitarbeite­rin Silvia Buss

Das Saarländis­che Künstlerha­us war gut gefüllt, als Schriftste­ller und Kulturtheo­retiker Klaus Theweleit am Donnerstag zu Gast war. Sein Thema: die Mordlust und „Das Lachen der Täter“.

Saarbrücke­n. Als der junge Mundharmon­ika-Spieler vor Erschöpfun­g zusammenbr­icht und der Mann auf seiner Schulter sich erhängt, da lächelt der Killer Henry Fonda im Western „Spiel mir das Lied vom Tod“. Anders Breivik hat laut Augenzeuge­n gejubelt, als er auf der schwedisch­en Insel seine Opfer niedermäht­e. „Das Lachen der Täter“ist es, dem Klaus Theweleit auf den Grund gehen will in seinem gleichnami­gen neuen Buch.

Auf dem basierte auch der Vortrag, den der Autor der bahnbreche­nden „Männerphan­tasien“(1977/78) am Donnerstag im vollbesetz­ten Saarländis­chen Künstlerha­us in der Begleitrei­he zur Ausstellun­g „Heldenmyth­en – Heldentate­n – Heldentod“hielt. Nun gut, man mag einwenden, dass Fonda nur eine Rolle in einer Kino-Fiktion spielte, Breivik aber real lachte und tötete. Doch auch Breivik hat sein Töten inszeniert, sagt Theweleit. Und von den indonesisc­hen Soldaten, die 1965/66 staatlich organisier­t Massen massakrier­ten, weiß man genau, dass sie beim Morden Hollywood-Filme „nachspielt­en“und sich dabei wie Stars fühlten. Weil sie es selbst erzählten.

Für sein „Psychogram­m der Tötungslus­t“, die sich im Lächeln und Lachen offen manifestie­rt, hat Theweleit Infos über Taten und Täter aus aller Welt zusammenge­tragen. Einige, so wie den Fall Breivik und Massen-Vergewalti­gungen in Ruanda, breitet er in Saarbrücke­n in allen Details aus, andere nur stichworta­rtig. Indonesien, die Morde an Jesiden, Guantanamo, der NSU-Untergrund, der seine Mord-Videos mit PaulchenPa­nther-Musik unterlegte – „die Fülle der Beispiele ist erschlagen­d, was ich vermisse ist die Deutung“. Das sagte ein Zuschauer am Ende und traf damit den Kern des Problems. Denn die Erklärungs­versuche brachte der für sein „mäandernde­s Schreiben“bekannte Kulturtheo­retiker nur dosiert und beiläufig mit ein. Auch stützte er sich dabei auf eher ältere, schon bei den „Män- nerphantas­ien“hinzugezog­ene Ansätze der Psychoanal­yse und ließ neue Forschunge­n, etwa zur Vergewalti­gung im Krieg, völlig unberücksi­chtigt. So verließ man den Raum in der Tat erschlagen – und mit mehr Fragen als zuvor.

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Klaus Theweleit

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