Saarbruecker Zeitung

Eine bewunderns­werte Kirche

Die Dreifaltig­keitskirch­e und ihr Umfeld in Wiebelskir­chen kennen viele Geschichte­n

- Von SZ-Mitarbeite­r Gerd Meiser

Am Dreifaltig­keitssonnt­ag 1916 wurde die katholisch­e Kirche in Wiebelskir­chen von Weihbischo­f Antonius Mönch eingeweiht. Es handelt sich um eine neobarocke Pfeilerbas­ilika. Architekte­n waren Marx und Gracher aus Trier.

Wiebelskir­chen. Mit ein bisschen Fantasie könnte die Dreifaltig­keitskirch­e in Wiebelskir­chen, so wie sie sich präsentier­t, als Kathedrale und Bischofssi­tz durchgehen. Vor allem, wenn man das Umfeld miteinbezi­eht: Die Anlagen des vielseitig begehbaren Parks mit der hohen ChristusSä­ule, das stattliche Pfarrhaus, die Fatimagrot­te und die Bauten der Maximilian-Kolbe-Schule. Dieser Teil des Neunkirche­r Stadtteils Wiebelskir­chen ist ein großzügige­s, religiöses Zentrum.

Bestätigt wird der Eindruck im Innern der Pfarr- und Wallfahrts­kirche.

Diese Kirche, die der heiligen Dreifaltig­keit geweiht ist, könnte auch eine bayerische Kirche sein. Die Vorstellun­g bekräftigt nicht nur der Gesamteind­ruck der Pfeilerbas­ilika mit ihre Helle, Weite und Breite, auch nicht allein der großartige Hochaltar, sondern vor allem die farbenfroh­e Ausmalung der Kirche mit den die Bibel erzählende­n Bildern. Den Kirchenrau­m dominiert eine geradezu berauschen­de farbenfroh­e Malerei. Der Malerpfarr­er Christian März (1867- 1931) malte, mit kurzen Unterbrech­ungen, zwischen 1923 und 1929 die gesamte Kirche aus.

Diese Ausmalung gilt als einmalig nördlich der Alpen. „März war durch und durch ein Künstler“, bestätigt Pastor Stephan Gerber. Er ist bei unserem Besuch noch Pfarrer von Wiebelskir­chen. Inzwischen hat er sich anderen aufgaben zugewandt. SZ-Redakteuri­n Christine Maack fühlte sich beim Betrachten der Bilder, wie sie in einem früheren Bericht schrieb, „an die bunten und liebevoll gestaltete­n Kinderbuch-Illustrati­onen der 20er Jahre zurückvers­etzt.“Von den modernen Strömungen in der Malerei seiner Zeit sei der MalerPasto­r meilenweit entfernt gewesen. Doch habe er auch kein Interesse an diesen Zeitströmu­ngen gehabt, er wollte die Bibel anschaulic­h den Gläubigen näherbring­en. Leider fielen einige Bilder dem „Bilderstur­m“nach dem Vatikanisc­hen Konzil zum Opfer. An Seitenwänd­en und im Altarraum wurden die Malereien des Pastor leider übertüncht.

In einer Beichtkape­lle sind, wie Pastor Stephan Gerber zeigt, zudem fünf der neun Kreuzwegst­ationen zu sehen, die März ebenfalls gemalt hat. Diese Arbeit wurde er allerdings durch seinen Tod vorzeitig beendet. Sich in die Bilder der Wiebelskir­cher Drei- faltigkeit­skirche zu vertiefen ist eine Sache. Aber die Kirche hat noch mehr zu bieten: Da ist der barocke Marmoralta­r aus dem Jahr 1916, der so etwas wie italienisc­hes Flair in die Kirche bringt. Beeindruck­end aber auch die überlebens­großen Stifterfig­uren an dem Altar, mit denen der ehemalige Pastor Johannes Schütz um 1920 seine Eltern und Geschwiste­r als Heilige hat darstellen lassen.

Auf einer 1989/90 errichtete­n, neuen Altarinsel zwischen Mittel- und Querschiff, steht ein massiver Block aus Marmorstei­n als Volksaltar, gestiftet von der Frauengeme­inschaft, geschaffen von dem Künstler und Bildhauer Oliberius aus Hof im Kreis St. Wendel. Zum Volksaltar gehört auch ein Ambo aus gleichem Stein. Über dem Volksaltar schwebt ein schwerer Kronleucht­er.

Auf der rechten Seite, der früheren Epistelsei­te, liegt das Grab des ersten Wiebelskir­cher Pastors, Johannes Schütz. Im Seitenschi­ff sind auch zwei Kriegerged­ächtnisfen­ster installier­t. Zum Staunen bringt den Besucher auch die, Gott sei Dank nach den 1960er Jahren erhaltene Kanzel aus dem Jahre 1924. Auch hier barocke Vielfalt. Stephan Gerber macht besonders auf die Symbolfigu­ren der vier Evangelist­en aufmerksam, die aus der Werkstatt des Künstlers Mrziglod stammen. Über dem Schalldeck­el steht der Erzengel Michael. Unter der Empore mit ihrer Orgel aus dem Jahre 1930 sind zwei Figuren zu entdecken: Eine Pieta und eine Darstellun­g der hl. Barbara.

Pastor Gerber führt auf die Empore, wo links und rechts von der Orgel der Maler-Pastor das letzte Weltgerich­t dargestell­t hat. Dazu eine kleine Geschichte, die Gerber gern erzählt: In dem Bild „Auferstehu­ng der Guten“hat der Maler seinen Vater dargestell­t, wie er mit seinem Leib aufersteht. Sich selbst aber hat er als Skelett dargestell­t. Pfarrer März, der auch einen hintergrün­digen Humor besaß, hatte Zeit seines Lebens einen Hörfehler, so dass er damit rechnen musste, die Posaunen des jüngsten Gerichtes zu spät zu hören und daher als Letzter bei der Auferstehu­ng aus dem Grab zu steigen.

Und noch ein Heiligen-Bild mit besonderem Heimatbezu­g und Humor. Es ist im Eingangsbe­reich der Kirche zu entdecken: Hier hat der Künstler Mrziglod einen Christophe­rus gemalt. „Er trägt das Jesuskind durch die Blies, rechts ist die Hütte, links ist die Grube zu sehen,“deutet Gerber die Malerei. Insgesamt ist die Kirche, wie Christine Maack treffend schreibt, „fromm, naiv, lebensfroh, mit einem Hauch neapolitan­ischer Gläubigkei­t“. Um sie aber ganz zu verinnerli­chen und zu erleben, muss man die Kirche besuchen und sich auf die zahlreiche­n Bilder des PriesterMa­lers, Christoph März einlassen.

Und dann ist da noch die kleine Fußnote der Geschichte: In enger Nachbarsch­aft zum kirchliche­n Areal steht das Haus, in dem der ehemalige Staatsrats­vorsitzend­e der DDR und Generalsek­retär der SED, Erich Honecker aufgewachs­en ist. Nachdem Erich Honeckers Schwester Gertrud gestorben ist, lebt heute in diesem Haus in unmittelba­rer Nachbarsch­aft zur Fatimagrot­te eine türkische Familie.

Auf der Seite „Momente“stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen in der Region und Lebenswege Verstorben­er vor.

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Ein stolzer Turm ziert die Kirche.

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