Saarbruecker Zeitung

Eine schrecklic­h zerstritte­ne Familie

Andreas Michelmann neuer Chef des Deutschen Handball-Bundes – Organisati­on der Frauen-WM in Verzug

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Andreas Michelmann ist der neunte Präsident des Deutschen Handball-Bundes. Doch kaum einer stand vor größeren Herausford­erungen. Denn ein klares Vertrauens­votum bekam er nicht. Der Verband ist weiter zerstritte­n.

Hannover. Strahlende Sieger sehen anders aus. „Ich bin froh über die Wahl“, sagte Andreas Michelmann, dabei hob der neu(nt)e Präsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB) weder seine von Haus aus etwas tonlose Stimme noch verzog er eine Miene. Zu Euphorie bestand auch kein Anlass, das weiß der Berufspoli­tiker.

73 von 119 Delegierte­n stimmten am Samstag in Hannover für den Oberbürger­meister von Aschersleb­en. Nach Monaten des Machtkampf­es verweigert­e mehr als ein Drittel der Delegierte­n auf dem Außerorden­tlichen Bundestag dem 55-Jährigen die Gefolgscha­ft. Und das, obwohl er der einzige Kandidat für die Nachfol- ge des im März überstürzt abgetreten­en Bernhard Bauer war. „Es war klar im Vorfeld, dass es ein knappes Ergebnis wird. Dafür waren die Auseinande­rsetzungen zu heftig“, sagte der frühere Amateur-Handballer Michelmann.

Eine von Hans Artschwage­r, Präsident des mächtigen Landesverb­andes Württember­g, angeführte stimmengew­altige Opposition demonstrie­rte auf dem Kongress, dass im DHB auch weiter Uneinigkei­t herrscht. Es gebe ein „tiefgreife­ndes Misstrauen in das Präsidium“, weil es gegenüber den Landesverb­änden nicht transparen­t arbeite, schimpfte Artschwage­r. Er erklärte die Führungs- und Organisati­ons-Struktur für unzureiche­nd. Zähneknirs­chend hatten die Verbände Württember­g, Bayern, Hessen und Niedersach­sen einen Antrag auf Abwahl aller Verbands-Vizepräsid­enten zurückgezo­gen. Im Erfolgsfal­l wäre das die Grundlage für die Rückkehr Bauers auf den Chefsessel gewesen wäre. Michelmann rechnet damit, dass dies nicht die letzte Attacke auf die DHB-Führung war. „Ein ruhiges Arbeiten würde mich wundern“, sagte er. Mit Bob Hanning hat Andreas Michelmann übrigens keine Probleme. Seinen Vi- zepräsiden­ten Leistungss­port, mit dem Bauer um keinen Preis mehr zusammenar­beiten wollte, schätzt Michelmann als „einen Mann des offenen Wortes“.

„Wir können nur darauf setzen, dass die, die Nein gesagt haben, Andreas Michelmann die Chance

Andreas Michelmann ist der neue Präsident des Deutschen HandballBu­ndes. Er hat eine Herkules-Aufgabe vor sich.

geben“, sagte Rolf Reincke, der Vizepräsid­ent Finanzen und Organisati­on. Dies kann Michelmann gut gebrauchen. Denn die Herausford­erungen sind groß: Organisati­on der Frauen-WM 2017 und der Männer-WM gemeinsam mit Dänemark 2019, Vorbereitu­ng einer Strukturre­form, Umsetzung der Agenda 2020 mit dem Olympiasie­g der Männer als ersehntem Glanzpunkt, Stopp des Mitglieder­schwundes und die Einigung des zerstritte­nen Verbandes.

Schon beim erstgenann­ten Ziel, der Organisati­on der Frauen-WM 2017, ist der Verband in Verzug. Statt wie geplant im Sommer werden nun erst zum Jahresende die Gastgeber-Städte ausgewählt. „Wir werden aus den 15 Bewerbunge­n vier bis sieben auswählen“, sagte Generalsek­retär Mark Schober. „Wir sind leicht in Verzug. Aber es gab in den letzten drei Monaten vieles anderes zu tun – leider.“dpa/sid

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA

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