Neues Saar-Festival für Popkultur startet im Herbst 2017
Ein Festival gegen den demographischen Wandel – Kabinett billigt Commerçons Pläne
Saarbrücken. Saar-Kulturminister Ulrich Commerçon (SPD) hat gestern Eckpunkte eines neuen Pop-Festivals vorgestellt. Im Herbst 2017 soll die erste Ausgabe in Saarbrücken starten, die der Konzertveranstalter Thilo Ziegler („Rocco del Schlacko“) verantwortet. Popmusik, aber auch Medienkunst und die grenzüberschreitende kulturelle Zusammenarbeit sollen das noch namenlose Festival prägen. Rund 250 000 Euro steuert das Land zum Gesamtetat von 800 000 Euro bei.
250 000 Euro aus eigenen Mitteln wird die Landesregierung ab 2017 in ein Biennale-Festival für aktuelle Musik stecken. Das beschloss gestern das Kabinett. Das Festival soll aus der regionalen Szene heraus entwickelt werden und sie fördern.
Saarbrücken. Festivalchef Thilo Ziegler jettet weder nach London noch nach New York. Der Saarländer, der mit angesagten Massenevents wie „Rocco del Schlacko“oder „Electromagnetic“sein Geld verdient, begibt sich zwei Jahre in Staatsdienste und will zuerst mal „übers Land fahren“– um das aufzusaugen, was hier so in der Luft liegt an Trends rund um die aktuelle Musikszene. Das kann man inhaltliches Fundraising nennen, Ziegler betreibt es im Auftrag von Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD). Für das neue „Festival der Zeitkultur“, das bis 2017 daraus entstehen soll, gebe es „in dieser Form keine Vorbilder“. Das erklärte Ziegler gestern im Rahmen der Landespressekonferenz. Klar ist immerhin die Stoßrichtung: Kreativwirtschaft und Nachwuchsförderung sollen zueinander finden. So weit, so bereits als Wunschvorstellung des Ministers bekannt gemacht. Den Ministerratsbeschluss dafür gab es jedoch erst gestern. Und dazu noch einen Kabinettsauftrag, parallel auch im Klassik-Bereich etwas Neues zu entwickeln, nachdem die Mittel für die „Musikfestspiele Saar“gecancelt wurden. Der Minister schloss gestern nicht aus, „dass wir 2018 speziell etwas für die Klassik machen“. Ob partiell mit den Musikfestspielen oder als Konkurrenzunternehmung? Details blieben offen.
Zuerst wird’s sowieso mal Herbst 2017. Dann startet Zieglers neues Festival mit Hauptspielort Saarbrücken, dauert zehn Tage. Es lässt sich durchaus unter den hübschen Hut Pop- und Jugendkultur stopfen, der dem Land nach Meinung des Ministers bestens zu Gesicht steht. Denn nicht etwa die Schuldenbremse gefährde das Saarland, meinte Commerçon, sondern der demographische Wandel. „Nachwuchs! Nachwuchs! Nachwuchs!“, die- se Botschaft eines auf jüngere Menschen zugeschnittenen Kulturangebotes möchte er durch das neue Festival nach draußen senden. Kulturpolitik als sozialpolitisches Steuerungselement, als wolle man die sozialdemokratische Losung der 80er Jahre der „Kultur von unten und für alle“wieder aufleben lassen? Tatsächlich klingt Zieglers Art der Konzeptfindung nach Popkultur von unten. Er werde auf Recherche nach Akteuren und Kooperationspartnern gehen – angefangen vom Poprat, dem er auch selbst angehört, bis hin zu den künstlerischen Hochschulen. Noch im Frühjahr soll es einen „Runden Tisch“geben, einen Beirat sowieso. Minister Commerçon betont, Ziegler werde „im Windschatten kommerzieller Festivals“angeln, al- so nicht etwa internationale Rock- und Popgrößen auf die Bühne bringen, sondern das noch nicht Marktgängige aufspüren. Das Festival soll die regionale Szene professionalisieren und nach vorne bringen. Organisatorisch ist an eine Anbindung an die Stiftung für deutsch-französische Zusammenarbeit gedacht.
Ziegler erklärte, ihm gehe es darum, „eine liebens- und lebenswerte Region“mit zu schaffen, in die junge Menschen gerne kommen und in der sie bleiben wollten. Ein Festival als Wohlfühlfaktor? Angestrebt wird ein urbanes Feeling. Locations sucht Ziegler im Nauwieser Viertel oder in den Saarwiesen. Nach Avantgarde klingt das nicht, eher nach Alternativkultur des 21. Jahrhunderts.