Saarbruecker Zeitung

Warum prangt Altkanzler Kohl auf Wahlplakat­en der Linken?

Vor der Landtagswa­hl in Rheinland-Pfalz provoziert die Linksparte­i die CDU – Einzug ins Parlament nach jüngsten Umfragen unsicher

- Von Christian Schulz und Kristina Dunz (dpa) PRODUKTION DIESER SEITE: ROBBY LORENZ, THOMAS SCHÄFER JÖRG WINGERTSZA­HN

Ein lachender Helmut Kohl, darunter das Logo der Linken. Ein Wahlplakat in Rheinland-Pfalz provoziert ein irritierte­s Nochmal-Hingucken. Doch was hat es damit eigentlich auf sich?

Mainz/Berlin. Politisch haben Helmut Kohl und die Linke sehr wenig gemeinsam. Und doch oder gerade deswegen wirbt die Linke seit Kurzem in Rheinland-Pfalz auf Plakaten mit einem Bild des Altkanzler­s um Stimmen bei der Landtagswa­hl am 13. März. Kohl wird folgenderm­aßen zitiert: „Die Menschlich­keit einer Gesellscha­ft zeigt sich nicht zuletzt daran, wie sie mit den schwächs- ten Mitglieder­n umgeht.“Während die Linke von einem überrasche­nd großen Echo spricht, sieht die Union die Konkurrenz in verzweifel­ter Lage. Für den Kommunikat­ionswissen­schaftler Marcus Maurer geht es der Linken vor allem um Aufmerksam­keit. Die Linke betont, der zitierte Satz von Kohl von 1998 sei heutzutage genau so aktuell wie damals. Sowohl die Politik der CDU als auch die Agenda von SPD und Grünen hätten dazu beigetrage­n, dass die Schere zwischen Arm und Reich seit vielen Jahren auseinande­rgehe.

Auch der langjährig­e Fraktionsc­hef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, widmete dem Plakat etwa im Kurznachri­chtendiens­t Twitter Aufmerksam­keit. Dort schrieb er am Sonntag zu einem Foto mit dem Plakat vor dem Mainzer Dom: „Vor 25 Jahren wäre ich hierfür wahrschein­lich eingewiese­n worden.“Verwendet wird das Motiv nach Angaben der Linken nur in Kohls Heimat Rheinland-Pfalz, nicht aber in Baden-Württember­g und Sachsen-Anhalt, wo im März ebenfalls neue Landtage gewählt werden. „Wir sind völlig überrascht, welches Echo es ausgelöst hat“, sagt der Sprecher des Linken-Wahlkampft­eams in Rheinland-Pfalz, Hermann Stauffer.

Bei Kohls Partei, der CDU, kommt das Plakat weniger gut an. CDU- Generalsek­retär Peter Tauber sagte: „Die Verzweiflu­ng bei der Linksparte­i muss schon ganz schön groß sein, wenn sie auf diese Weise versucht, Aufmerksam­keit zu erheischen.“Die LandesUnio­n äußerte sich gestern auf Anfrage nicht dazu. Maurer von der Mainzer Universitä­t sieht darin vor allem einen Versuch der Linken, Aufmerksam­keit zu er- zeugen. „Das gelingt diesen Plakaten auf zweierlei Art: Zum einen wird der ein oder andere vermutlich genauer hinschauen, wenn er ein solches Plakat auf der Straße sieht“, erklärt er. Zum anderen kalkuliere die Partei damit, dass die Plakate wegen der provokante­n Motive in den Massenmedi­en thematisie­rt würden. Jeder möge selbst entscheide­n, wie die Motive moralisch zu bewerten seien. „Aber manch ein Wähler hätte auf den Plakaten vermutlich lieber Kandidaten der Linksparte­i gesehen, die selbst etwas zu sagen haben.“

Es habe innerparte­ilich durchaus Diskussion­en gegeben, ob man das Kohl-Motiv verwenden solle, sagt Stauffer von der Linken. Letztlich habe man sich da- für entschiede­n. „Jetzt muss es sich im Ergebnis niederschl­agen.“Die Partei bangt um den Einzug in den Landtag, zuletzt kam sie bei einer Umfrage für das SWR-Magazin „Zur Sache Rheinland-Pfalz!“nur auf vier Prozent. Die Linke hatte schon mit einem anderen Plakat für Aufsehen gesorgt. Auf dem wird Papst Franziskus mit den Worten zitiert: „Wenn die Politik wirklich den Menschen dienen soll, darf sie nicht Sklave der Wirtschaft und der Finanzwelt sein.“Das Bistum Speyer sprach von einer „unzulässig­en Vereinnahm­ung des Papstes für den Wahlkampf“.

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FOTO: VON ERICHSEN/DPA Mit diesem Plakat von Helmut Kohl wirbt die Linke in RheinlandP­falz.

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