„Titel wäre der perfekte Abschied“
Handball-Star Gensheimer im Interview – Heute Spitzenspiel der Rhein-Neckar Löwen gegen Flensburg
Mannheim. Uwe Gensheimer (29) spielt noch zwölf Mal in der Handball-Bundesliga für die Rhein-Neckar Löwen. Dann wechselt er nach 13 Jahren im Löwen-Trikot zu Paris St. Germain. Vor dem Topspiel heute gegen die SG Flensburg-Handewitt (20 Uhr/Sport1) spricht der Kapitän im Interview mit dpaMitarbeiter Nils Bastek über den Titel und die verpasste EM.
Herr Gensheimer, in den vergangenen beiden Jahren sind Sie ganz knapp hinter dem THW Kiel Zweiter geworden. Jetzt sind sie Erster. Haben Sie Angst, dass es wieder nicht klappt? Uwe Gensheimer: Nein, habe ich nicht. Man muss sehen, dass der THW Kiel der absolute Liga-Primus ist und dass es von uns ein stetiger Prozess war, wie wir uns in den letzten Jahren als Mannschaft gefestigt haben und wie wir Konstanz in unsere Spiele gebracht haben. Die Chancen stehen gut. Und deswegen hoffe ich, dass wir aus den letzten Jahren gelernt haben und gefestigter sind.
Ist dieses Jahr die Chance durch das Verletzungspech der Kieler – es fallen ja unter anderem die Nationalspieler Christian Dissinger, Steffen Weinhold und Patrick Wienczek aus – so groß wie nie, sie hinter sich zu lassen? Gensheimer: Es ist mir egal, wer dort spielt. Mich interessiert auch nicht wirklich, was sie sagen, wo sie hinschauen oder was sie sich vornehmen. Wir sind in der Pole Position. Für mich wäre der Titel etwas Besonderes, bevor ich im Sommer den Verein wechseln werde. Es wäre der perfekte Abschied.
Wie würden Sie Ihre Motivation beschreiben, den Titel zu holen? Gensheimer: Ich spiele hier seit 2003 und habe außer dem EHF- Cup noch keinen Titel gewonnen. Deswegen ist es mein größtes Ziel, das zu schaffen.
Am Mittwoch spielen Sie gegen den Tabellendritten Flensburg. Hat dieses Spiel vorentscheidenden Charakter? Denn mit einem Sieg könnten Sie einen direkten Konkurrenten noch mehr auf Distanz halten. Gensheimer: Das wäre ein guter Nebeneffekt. Aber wenn wir gegen Flensburg gewinnen und woanders Federn lassen, ist das kontraproduktiv. Somit gibt es auch dort nur zwei Punkte.
Nach ihrer Verletzung haben Sie am Sonntag ihr Liga-Comeback gefeiert. Bei der EM mussten Sie als Kapitän aber zuschauen. Wie war es, den sensationellen Erfolg nur von außen zu erleben? Gensheimer: Die Freude hat überwogen. Ich glaube, das hat man mir auch angesehen. Aber natürlich wäre ich gerne dabei gewesen. Wenn man mit der Nationalmannschaft jahrelang nicht ganz so erfolgreich war, die ein oder andere Kritik hat einstecken müssen, wäre es ja schön gewesen, wenn man als Kapitän bei der EM auf der Platte dabei gewesen wäre.
Nicht nur Sie haben bei der EM gefehlt. Auch zahlreiche andere Spieler. Woher kommen die vielen Verletzungen im Handball? Gensheimer: Das wird klar, wenn man auf den Spielplan schaut. Wenn wir über 100 Spie- le haben im Jahr, dann muss sich keiner wundern. Es ist eine sehr körperbetonte Sportart, wo es zur Sache geht. Und wir sind das ganze Jahr hinweg im Einsatz. Die Ruhepause im Sommer ist zu gering.
Ärgert Sie das? Gensheimer: Ja, klar. Wie es bei mir der Fall war, muss man aufgrund von Verletzungen auf Großereignisse verzichten. Es ist ja auch so, dass die Sensibilität im Handball nicht so hoch ist. Im Fußball wird man eher mal rausgenommen. Wir sind da als Sportler natürlich auch selber Schuld, weil wir immer weitermachen wollen. In der Handball-Bundesliga ist die Belastung aber einfach zu hoch. Wäre es vor dem Hintergrund des EM-Erfolgs mit starken Einschaltquoten umso bitterer, sollte die WM 2017 wieder nicht im frei empfangbaren TV übertragen werden? Gensheimer: Es wäre fatal für unsere Sportart, wenn wir nicht für jeden Nutzer frei zugänglichen wären. ARD und ZDF wollen es tun, aber die Hoffnung ist gering, dass es klappt. Das Problem ist, dass der Rechtevermarkter ein Problem damit hat, dass ARD und ZDF im Ausland empfangbar sind. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei einer Fußball-WM vom Vermarkter andere Verträge gibt. Da ist es ja auch möglich, die Spiele im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu zeigen.