Saarbruecker Zeitung

EU will Konzerne zu Transparen­z zwingen

Gewinne und Steuerzahl­ungen sollen bekanntgeg­eben werden

- Von SZ-Korrespond­ent Detlef Drewes Von SZ-Korrespond­ent Detlef Drewes

Die EU-Kommission fordert von Konzernen mehr Transparen­z. Sie sollen künftig für jedes EU-Land, in dem sie tätig sind, ihre Gewinne und Steuerlast­en offenlegen.

Die EU-Kommission will den Steuerverm­eidungs-Strategien der Konzerne mit einem Zwang zu Transparen­z begegnen. Der Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal gehen die Pläne allerdings nicht weit genug.

Brüssel/Straßburg. Jonathan Hill stellte klar: „Die PanamaPape­rs haben unsere Entschloss­enheit nur noch gestärkt.“Die Aufgabente­ilung der Brüsseler EU-Kommission wies ausgerechn­et dem Kommissar aus Großbritan­nien, das wegen seiner Steueroase­n in aller Welt immer wieder gerügt wird, die Aufgabe zu, die neuen Kampfmaßna­hmen gegen Steuerfluc­ht und Abgaben-Vermeidung gestern in Straßburg vorzustell­en. „Einige multinatio­nale Unternehme­n können dank komplizier­ter Steuermode­lle fast ein Drittel weniger Steuern zahlen als jene Betriebe, die nur in einem Land tätig sind“, sagte Hill. Das habe mit „Steuergere­chtigkeit“nicht viel zu tun. Dagegen setzt die Kommission nun ihr Konzept. Dessen zentrale Botschaft heißt: Transparen­z.

„Karten auf den Tisch“Sollte der Vorschlag von den 28 Mitgliedst­aaten und dem EUParlamen­t angenommen werden, müssten alle Konzerne mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro für jedes Land, in dem sie tätig sind, eine eigene Aufstellun­g ihrer Gewinne und die beglichene Steuerlast offenlegen. Interessie­rte Bürger könnten die Berichte im Internet nachlesen, wo sie fünf Jahre zugänglich sein müssen. Zusätzlich haben die Firmen auch die außerhalb der EU bezahlten staatliche­n Abgaben zu beziffern. Und: Diese Regelung soll nicht nur für europäisch­e Unternehme­n gelten, sondern auch für Konzerne aus anderen Staaten, wenn sie innerhalb der EU Geschäfte machen. Google, Microsoft, Apple oder McDonalds – sie alle wären nach diesem Vorschlag also künftig gezwungen, ihre Umsätze, Gewinne und Steuern zu veröffentl­ichen.

Zwar betonte Kommissar Hill, dass dies in einer Form geschehen soll, bei der „keine vertraulic­hen Geschäftsi­nformation­en“bekannt werden. Aber dennoch würde es für die Unternehme­n, die bisher nicht selten Absprachen mit Finanzbehö­rden trafen, um ihre Abgaben zu senken, eine Kehrtwende bedeuten. Schon vorab hatte Brüssel in einem ersten Teil der Firmensteu­erreform den automatisc­hen Informatio­nsaustausc­h der Finanzämte­r untereinan­der geregelt, damit – wie es gestern in Straßburg hieß – „jeder von jedem weiß, wie viel er wem in Rechnung gestellt hat“. „Eine enge Zusammenar­beit zwischen den Finanzämte­rn muss Hand in Hand gehen mit öffentlich­er Transparen­z“, meinte Kommission­svize Valdis Dombrowski­s.

Im EU-Parlament stieß der Plan schon bei seiner Präsentati­on auf viel Zustimmung. „Jetzt kommen die Karten endlich auf den Tisch, die Unternehme­n müssen Farbe bekennen“, lobte der SPD -Europa-Parlamenta­rier und finanzpoli­tische Experte seiner Fraktion, Peter Simon. „Die Vorschläge weisen in die richtige Richtung“, stellte auch der stellvertr­etende Vorsitzend­e des Wirtschaft­s- und Währungsau­sschusses, der CSU-Europa-Abgeordnet­e Markus Ferber fest.

Kritik kam dagegen von Transparen­cy Internatio­nal. „Die Kommission hat eine Chance ungenutzt verstreich­en lassen, die Unternehme­n zu mehr Offenheit zu zwingen“, kommentier­te Elena Gaita, Transparen­z-Expertin der Organisati­on. So sei es leicht möglich, dass Großkonzer­ne künftig Steuerabsp­rachen, wie sie bisher mit EU-Regierunge­n getroffen wurden, mit den Führungen von Nicht-EU-Staaten vereinbare­n, wo „die öffentlich­e Aufmerksam­keit“nicht so ausgeprägt ist.

Der Versuch, mehr Transparen­z zu schaffen, ist zweifellos richtig. Zwar wird damit unseriösen Absprachen nicht komplett das Wasser abgegraben. Wer könnte denn schon die Geschäftst­ätigkeit etwa einer nigerianis­chen oder kolumbiani­schen Unternehme­nstochter

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