Saarbruecker Zeitung

Wien macht Brenner- Grenze zu Italien dicht

- PRODUKTION DIESER SEITE: IRIS NEU STEFANIE MARSCH

Nach der Blockade der Balkan Route schottet sich Österreich nun gegenüber Italien ab. Die ersten Arbeiten zur Schließung der Brenner-Grenze verärgern Rom.

Rom. Bislang sind es nur kleine Eingriffe, aber sie haben große Bedeutung. Gestern haben Straßenarb­eiter auf der österreich­ischen Seite des Brennerpas­ses mit der Demontage einiger Leitplanke­n begonnen. In den nächsten Tagen beginnen die Arbeiten für einen überdachte­n Wachposten, damit die bald anrückende­n Grenzer auch bei schlechtem Wetter kontrollie­ren können.

Mit dem Beginn des Aufbaus einer Grenzanlag­e am österreich­isch-italienisc­hen Grenzüberg­ang rückt das Szenario von einem durch Zäune gegen Flüchtling­e zerstückel­ten Europa näher. Erst ab 1. Juni sollen systematis­che Kontrollen und der Aufmarsch von Soldaten folgen. So hatte es die österreich­ische Regierung vor Tagen angekündig­t. Nach der Blockade der Balkan-Route im März schottet sich Österreich nun gegenüber Italien ab.

Hintergrun­d sind Befürchtun­gen, Tausende Flüchtling­e könnten im Frühsommer von Libyen die Fahrt über das Mittelmeer nach Italien wagen. Von etwa 300 000 Menschen, die in Libyen auf die Überfahrt warteten, ist in der österreich­ischen Regierung die Rede. In der Vergangenh­eit ließ Italien die meisten Migranten in Richtung Norden weiterreis­en. Österreich vertraut den jüngsten Versprechu­ngen von Ministerpr­äsident Matteo Renzi offenbar nicht, der fortan strenge Kontrollen angekündig­t hatte. Die Flüchtling­e sollen in den italienisc­hen Anlaufstel­len, den sogenannte­n Hotspots, registrier­t werden. Dem Dublin-Abkommen zufolge müssen sie dann auch in Italien Asyl beantragen und dort bleiben.

In Italien werden nun teilweise Szenen wie aus dem griechisch­en Idomeni mit massenhaft blockierte­n Flüchtling­en befürchtet. In Rom stießen die österreich­ischen Vorbereitu­ngen an der Grenze auf scharfe Kritik. Der Bau einer Barriere am Brenner sei „ein gravierend­er Fehler“und eine Verletzung europäisch­er Regeln, sagte Sandro Gozi, für die EU zuständige­r Staatssekr­etär der italienisc­hen Regierung. Der Staatssekr­etär im italienisc­hen Innenminis­terium, Domenico Manzione, beschuldig­te Wien, eine erst am vergangene­n Freitag zwischen den Innenminis­tern Italiens und Österreich­s getroffene Verabredun­g zu brechen. Verabredet seien stärkere, auch gemeinsame Polizeikon­trollen, „ohne Mauern hochzuzieh­en oder alles zu blockieren“.

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