Jan Böhmermann hat überzogen!
Zum Artikel „Der Provokateur und die Kanzlerin” (SZ vom 12. April)
So einfach geht also Satire: Man setzt üble Beleidigungen eines Menschen in die Welt und fragt dann scheinheilig, ob dies denn strafbar ist. In Anne Wills Talkshow wurde dies von einigen Teilnehmern gar als neu erfundene geniale Satireform gepriesen. Nun kann man über die Grenzen der Satire natürlich verschiedener Meinung sein. Auch ich sehe die Person Erdogan kritisch. Aber der türkische Präsident ist nun einmal eine Schlüsselfigur bei der Bewältigung der Flüchtlingsproblematik. Nur in Zusammenarbeit mit ihm sind Lösungen möglich. Es ist verantwortungslos, wenn Böhmermann die ohnehin schon schwierige politische Situation mit seiner überzogenen „Satire“belastet. Bestenfalls könnte man dies als fehlende Weitsicht bezeichnen. Ich als „doofer, PopelLasagne fressender Saarländer“(O-Ton Böhmermann) nenne es effekthaschende und publizitätsgeile Pseudo-Satire. Heinz Süßkind, Ottweiler
Sehr geehrter Herr Süßkind,
gestatten Sie mir, dass ich Ihnen vehement widerspreche. Kein Kabarettist, kein Karikaturist, kein Satiriker muss Rücksicht nehmen auf eine „schwierige politische Situation“. Im Gegenteil, nimmt er seine oft erheiternde Kunst ernst, muss er gerade in solchen Situationen attackieren. Das hat nichts damit zu tun, ob man Jan Böhmermanns Schmährede gelungen oder misslungen findet. Wer aber Satirikern Maulkörbe verpassen will, rüttelt an den Grundfesten der Demokratie. Kurt Tucholsky hat die Frage „was darf Satire?“einzig richtig beantwortet: „alles“. Ihr Oliver Schwambach