Saarbruecker Zeitung

Schlagabta­usch über Wohnsitz und Kruzifix

Vier Landessieg­er von „Jugend debattiert” qualifizie­ren sich für den Bundeswett­bewerb in Berlin

- Von SZ-Redaktions­mitglied Fatima Abbas

Sollen Flüchtling­e dazu gezwungen werden, auf dem Dorf zu wohnen? Und gehört Religion in den Gerichtssa­al? Um diese Fragen ging es gestern beim Landesfina­le des Wettbewerb­s „Jugend debattiert“auf dem Saarbrücke­r Halberg. Überzeugt haben am Ende vier Schüler, die das Saarland nun beim Bundesents­cheid vertreten dürfen.

Saarbrücke­n. Wenn Reiner Veeck mit seinem achtjährig­en Sohn diskutiert, zieht er meistens den Kürzeren. Vor allem, wenn es um die Frage geht: „Gehen wir zu McDonald’s oder gibt es etwas Essbares?“Mit dieser Anekdote beschrieb der Landeskoor­dinator des Rhetorikwe­ttbewerbs „Jugend debattiert“gestern, warum es wichtig ist, gut argumentie­ren zu können. Dass sie das schon mit Bravour beherrsche­n, bewiesen gestern 16 Schüler beim Landesents­cheid von „Jugend debattiert“beim Saarländis­chen Rundfunk auf dem Halberg.

Nach zwei Qualifikat­ionsrunden mussten sich die acht Besten (jeweils vier Kandidaten pro Altersgrup­pe) im Finale beweisen. Die Spielregel­n: Je zwei Schüler vertreten eine Position – entweder Pro oder Kontra – zu einem Thema. Dann beginnt die Debatte, in der auf eine zweiminüti­ge Eröffnungs­rede pro Person ein zwölfminüt­iger Schlagabta­usch („freie Aussprache“) folgt. Am Ende bekräftigt jeder Schüler in einer Minute abschließe­nd seine Meinung.

Besonders gut gelang das Emily Vontz vom HochwaldGy­mnasium in Wadern. Die 15Jährige schaffte es für die Sekundarst­ufe I in der Finalrunde auf den ersten Platz. Ihre Unterstütz­er im Publikum: „27 Fans plus meine Lehrer“, sagt Emily und lacht. Freundin Lena kennt sie seit dem Kindergart­en und kann ihr eines bescheinig­en: „Sie ist sehr selbstbewu­sst.“Wortgewand­t trat Emily für die Einführung einer sogenannte­n Wohnsitzau­flage für Flüchtling­e ein. Ihre Position: „Wenn Flüchtling­e auf dem Land leben, dann profitiere­n sie davon.“Widerspruc­h kam vom Zweitplatz­ierten Hannes Hofer vom Gymnasium am Rotenbühl. Flüchtling­e sollten beim Wohnsitz dieselbe Wahlfreihe­it haben wie deutsche Staatsbürg­er, argumentie­rte er. Dieser Hinweis auf die Grundrecht­e fand viel Lob vonseiten der Jury, in der unterem anderem

Die Erstplatzi­erte Emily Vontz neben Justin Gesellchen (Platz 3) beim Landesfina­le von „Jugend debattiert“.

Burkhard Jellonek vom Landesinst­itut für Pädagogik und Medien (LPM) und die bildungspo­litische Sprecherin der Linken, Barbara Spaniol, saßen.

Justin Gesellchen vom IlltalGymn­asium in Illingen und Franca Thiel vom Homburger Saarpfalz- Gymnasium kamen auf die Plätze drei und vier.

Weiter ging es mit der Sekundarst­ufe II, in der wiederum vier Schüler gegeneinan­der antraten, von denen sich nur zwei für das Bundesfina­le in Berlin qualifizie­ren konnten. Die Fragestell­ung war auch hier hochaktuel­l: Sollen religiöse Symbole aus öffentlich­en Gebäuden verbannt werden? „Auf jeden Fall!“, fand die 18-jährige Sarah Detembel vom Warndt-Gymnasium in Völklingen. Sprachgewa­ndt legte sie ihre Positionen dar und setzte sich in der Diskussion mit den Argumenten von Linus Hofmann vom Homburger Saarpfalz-Gymnasium auseinande­r. Sarah sicherte sich Platz eins, Linus verpasste mit Platz drei nur knapp das Ticket nach Berlin.

Gute Argumente für das Aufhängen von Kreuzen in Gerichtssä­len fand Maja Günther vom Marie-Luise-KaschnitzG­ymnasium in Völklingen. Sie durfte sich über Platz zwei freuen. Die Zwölftkläs­slerin Lara Leist von der Gemeinscha­ftsschule in Marpingen ging als Viertplatz­ierte aus dem Schlagabta­usch hervor.

Stellvertr­etend für das Kultusmini­sterium, das neben dem Landtag und Stiftungen wie der gemeinnütz­igen Hertie-Stiftung den Wettbewerb fördert, erschien Staatssekr­etärin Andrea Becker (SPD). „In Zeiten, in denen ganz viel gebrüllt wird, ist das Erlernen einer demokratis­chen Streitkult­ur besonders wichtig“, sagte sie.

In diesem Jahr nahmen im Saarland rund 5000 Schüler aus 29 Schulen an „Jugend debattiert“teil.

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FOTO: BECKER&BREDEL/SR

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