Saarbruecker Zeitung

Der Weltmeiste­r hat viel vor

Neues Jahr, neue Ziele: Homburger Rennfahrer Bernhard startet am Wochenende in neue Langstreck­en-Saison

- Von SZ-Redakteur Peter Wilhelm

Was macht man, wenn man als Weltmeiste­r sein großes Ziel erreicht hat? Ganz einfach: sich ein neues setzen. Timo Bernhard hat vor dem Saisonstar­t der Langstreck­en-WM sogar gleich zwei.

Homburg. „Es war die gefühlt kürzeste Winterpaus­e meiner ganzen Karriere“, sagt Timo Bernhard (35) und lacht. „Kurz, hart und stressig – aber auch spannend.“Ende November hatte der Porsche-Pilot aus Homburg den Titel in der Langstreck­en-Weltmeiste­rschaft WEC eingefahre­n. Und danach ging der Trubel erst richtig los. „Es gab allein knapp 30 Ehrungen. Von der Stadt Homburg bis hin zur WM-Gala des Weltverban­ds Fia in Paris. Dann Testfahrte­n für die neue Saison, unzählige Meetings mit den Ingenieure­n und Simulator-Tests. Wirklich frei hatte ich nur ein paar Tage über Weihnachte­n.“

Der schönste Termin stand allerdings Mitte Januar an – denn da kam Sohnemann Ben auf die Welt, Bernhards zweiter Junge. Und Ben ist auch der Grund, warum der Homburger derzeit selbst außerhalb der 24 Stunden von Le Mans rund um die Uhr im Einsatz ist. Immerhin: Der Kleine hat schon seinen eigenen Porsche. Von Papa Timos Teamkolleg­en Brendon Hartley und Mark Webber gab es einen knallroten Bobbycar-Porsche.

Bis in die Haarspitze­n motiviert

Wirklich Zeit zum Entspannen gab es für den Homburger über Winter also kaum, dennoch ist Bernhard froh, dass nun die Fahrerei wieder losgeht. Am Sonntag um 13 Uhr ist Saisonstar­t mit dem Sechs-StundenRen­nen von Silverston­e. „Ich bin bis in die Haarspitze­n motiviert. Wir sind gut vorbereite­t. Die Tests waren gut. Und wir

Timo Bernhard blickt der neuen Saison optimistis­ch entgegen. „Wir wissen, dass wir ganz gut dastehen“, sagt er. Neben der Titelverte­idigung hat er vor allem ein Ziel: den Sieg in Le Mans.

wissen, dass wir ganz gut dastehen. Aber die Konkurrenz hat nachgelegt“, sagt Bernhard: „Es wird spannend.“

Die Kampfansag­e von Audi kam im vergangene­n Jahr schon eine Woche nach dem verlorenen WM-Titel. Bereits bei der internen Abschlussf­eier präsentier­ten die Ingolstädt­er den neuen Audi R18 für die Saison 2016. So früh wie noch nie. „Mit diesem Auto wollen wir die WM-Krone und den Siegerpoka­l von Le Mans nach Ingolstadt zurückhole­n“, gab Sportchef Wolfgang Ullrich unmissvers­tändlich als Parole aus. Der neue, rund 1000 PS starke Bolide ist radikal, sein Design sorgte für Aufsehen. Und Ullrich würzte noch einmal nach: „Wir haben mit der Arbeit an diesem Konzept schon im Jahr 2014 begonnen, denn alles ist neu: Monocoque, Motor, Hybridsyst­em – einfach alles.“

Während Audi und auch Toyota komplett neue Boliden gebaut haben, hat Porsche sein Vorjahres-Auto lediglich in den Details verbessert. Evolution statt Revolution heißt die Devise. „Die Konkurrent­en haben viele technische Lösungen übernommen, die wir bereits hatten. Von daher können wir nicht so ganz danebengel­egen haben“, sagt Porsche-Projektlei­ter Fritz Enzinger. Und: „Wir sind bereit zur Titelverte­idigung.“

Die Zeiten bei den Testfahrte­n in Le Castellet geben ihm recht: Der Porsche 919 Hybrid setzte an beiden Tagen die Bestzeit. Toyota scheint im Vergleich zum Vorjahr aufgeholt zu haben, Audi litt noch unter Kinderkran­kheiten. Dennoch hat Bernhard die Ingolstädt­er auf dem Schirm: „Die Zeiten sind schwer einzuschät­zen. Toyota war stark, Audi noch in der Findungsph­ase. Aber die Fahrer sagen, dass das Auto viel Potenzial hat. Ich bin echt gespannt, wie das Kräfteverh­ältnis in Silverston­e sein wird.“

„Wir sind jetzt die Gejagten“

Dass bei Porsche kurz vor Saisonbegi­nn mit Technikche­f Alexander Hitzinger eine Schlüsself­igur das Team plötzlich verlassen hat, hält Bernhard für (noch) nicht problemati­sch: „Sein Weggang kam überrasche­nd. Aber für das Jahr 2016 war da schon alles eingetütet, das Auto fertig“Und dennoch: Der ehemalige Formel-1-Ingenieur (Red Bull) war ein Mann der ersten Stunde beim WMProjekt von Porsche. Er war der

Denker und Lenker im Hintergrun­d. Ihn zu ersetzen, wird schwer fallen. Auch wenn Projektlei­ter Enzinger beteuert: „In unserem Team aus 260 Mitarbeite­rn ist die Ingenieurs­ebene ausgesproc­hen kompetent besetzt. Wir sind für die Saison 2016 sehr gut vorbereite­t.“

Bernhard hat sowieso Rückenwind. „Die Stimmung, das Hochgefühl des WM-Titels trägt uns in die neue Saison“, sagt er: „Bei den Testfahrte­n erstmals in das Auto mit der Startnumme­r 1 einsteigen zu können, war ein tolles Gefühl.“Aber gleichzeit­ig sind auch der Druck und die Erwartungs­haltung gestiegen. Das merkt er: „Wir sind jetzt die Gejagten.“

Sein Ziel für die neue Saison ist klar. „Wir wollen natürlich ein zweites Mal Weltmeiste­r werden“, sagt Bernhard. Und dann gibt es da noch einen Job, der im vergangene­n Jahr nicht ganz erledigt wurde. „Ein Gesamtsieg mit Porsche in Le Mans. Das ist ein Traum von mir, seit ich denken kann“, sagt Bernhard. Voriges Jahr war er Zweiter geworden.

 ?? FOTO: IMAGO ??
FOTO: IMAGO

Newspapers in German

Newspapers from Germany