Aufregung um vorgetäuschte Tests im AKW
Überprüfung in Philippsburg nicht durchgeführt – Grüne wollen Bundesatomaufsicht einschalten
Ist eine vorgetäuschte Sicherheitskontrolle im Atomkraftwerk Philippsburg kein Einzelfall? Das lässt sich nicht ausschließen, meint Baden-Württembergs Umweltminister. Experten fordern Konsequenzen.
Karlsruhe/Stuttgart. Mehrfach sind die Sicherheitskontrollen im Atomkraftwerk Philippsburg II nur vorgetäuscht worden. Nach Auffassung von Politikern und Umweltverbänden muss das Konsequenzen haben. Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) kündigte gestern an, jetzt auch das zweite im Land noch betriebene Atomkraftwerk Neckarwestheim II unter die Lupe zu nehmen.
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass in Philippsburg ein Mitarbeiter eines externen Dienstleisters eine regelmäßige Prüfung an einem Störfallmonitor zwar dokumentiert, aber nicht durchgeführt hatte. Das Umweltministerium als Aufsichtsbehörde kündigte eine Anordnung an, die das Wiederanfahren der Anlage untersagt. Dazu findet eine gesetzlich vorgeschriebene Anhörung statt.
Seit 8. April ist das Atomkraftwerk wegen einer Revision nicht am Netz. Unter anderem werden Brennstäbe gewechselt und Instandhaltungsarbeiten ausgeführt. Als geplanten Termin für das Wiederanfahren nannte der Betreiber EnBW den 14. Mai. Block II soll noch bis spätestens Ende 2019 laufen, Block I wurde 2011 abgeschaltet.
Die Grünen-Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl forderte die Bundesatomaufsicht auf, sich des Falls anzunehmen. Vor allem müsse analysiert werden, ob es Lücken im Regelwerk gibt,
Hier gab es Ungereimtheiten: Im Atomkraftwerk Philippsburg wurden Sicherheitskontrollen vorgetäuscht.
die eine Vortäuschung von Prüfungen ermöglichen, teilte die Bundestagsabgeordnete mit. Auch müsse geklärt werden, ob es in anderen Atomkraftwerken ähnliche Tricks gab.
Greenpeace-Experte Heinz Smital sprach nach dem Vorfall in Philippsburg von einem schweren Mangel in der Sicherheit. Das Atomkraftwerk sei schon früher wegen ähnlicher Pannen negativ aufgefallen. Jetzt müsse man über eine endgültige Abschaltung früher als geplant nachdenken.
Nach Unterstellers Angaben sind nach dem am 5. April aufgedeckten Fall bei 450 Sicherheitsprüfungen weitere sieben Fälle aufgefallen. Stets sei derselbe Mitarbeiter eines zwei- bis dreiköpfigen Prüfteams verwickelt. Seines Wissens nach ist es das erste Mal, dass eine vorgeschriebene Prüfung in einem deutschen Kernkraftwerk offenbar bewusst vorgetäuscht wurde. „Das ist hochgradig beunruhigend und nicht akzeptabel“, teilte der Minister mit. Nach derzeitigem Kenntnisstand hätten die vorgetäuschten Prüfungen keine sicherheitsrelevanten Auswirkungen gehabt, auch die Emissionsüberwachung sei gewährleistet gewesen. EnBW müsse aber erst nachweisen, „dass die Anlage vorschriftsmäßig und sicher betrieben wird“, bevor sie wieder hochgefahren werden dürfe. dpa/afp