Saarbruecker Zeitung

„Fahren auf Verschleiß führt zum Totalschad­en“

Saar-Baubranche drängt nach Brücken-Desaster auf Investitio­nen

- Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdor­f

Der Präsident des AGV Bau Saar fordert einen Politikwec­hsel. Die öffentlich­e Hand müsse endlich deutlich mehr Geld ausgeben, um die marode Infrastruk­tur instand zu setzen, sagt Hans-Ludwig Bernardi.

Saarbrücke­n. Hans-Ludwig Bernardi redete sich fast in Rage – gestern auf der Frühjahrsp­ressekonfe­renz des Arbeitgebe­rverbands der Bauwirtsch­aft des Saarlandes (AGV Bau). Und viel Genugtuung schwang mit, hatte der Bauverband und vorrangig ihr Präsident Bernardi seit vielen Jahren gewarnt, dass die öffentlich­e Hand die Infrastruk­tur im Land, Brücken, Straßen, Abwasserka­näle, Hallen und Schulen „auf Verschleiß fährt“. Das Desaster um die Fechinger Talbrücke zeigt nach seiner Ansicht in aller Deutlichke­it, was aus einer Politik herauskomm­t, die Bauinvesti­tionen immer weiter hinausschi­ebt und sich mit Flickschus­terei durchwurst­elt. „Ein Fahren auf Verschleiß führt zum Totalschad­en“, sagte Bernardi. Um den Substanzve­rlust zu stoppen, müssten eigentlich 456 Euro pro Einwohner ausgegeben werden. Tatsächlic­h seien es nur 276 Euro.

Bernardi forderte nun mit Vehemenz einen Politikwec­hsel. Bund, Land und Kommunen „sollten ihre Prioritäte­n endlich verschiebe­n und nicht Mittel nur umverteile­n“, sondern in die Infrastruk­tur zu investiere­n. Der Zustand, dass „die Lebensader­n des Wirtschaft­sraums“Saarland, die Verkehrswe­ge, an „wichtigen Stellen gekappt sind, muss so schnell wie möglich beendet werden“.

Nicht nur, dass die öffentlich­e Hand Investitio­nen versäumt hat, sie trägt nach Bernardis Auffassung auch erheblich dazu bei, dass Bauen immer teurer wird. So zum Beispiel durch die, wie er sagt, „idiotische“neue Energieein­sparverord­nung, die Neubauten um acht Prozent verteuere, aber nahezu nichts zur Senkung der CO2-Emissionen beitrage. Ein Dorn im Auge ist dem AGV-Präsidente­n auch die stetige Anhebung der Hans-Ludwig Bernardi Grunderwer­bsteuer – im Saarland einen im Länderverg­leich „Spitzensat­z von 6,5 Prozent“der Kaufsumme. Auch moniert er die hohe Zahl von 3300 Baunormen sowie die ausufernde­n Auflagen für Brand- und Schallschu­tz. Um „die Kostenspir­ale endlich zu stoppen“müssten die Vorschrift­en auf den Prüfstand.

Aber es gibt auch etwas Lob für die öffentlich­e Hand, zum Beispiel für die Aufstockun­g der Förderung des sozialen Wohnungsba­us und steuerlich­e Erleichter­ungen. Dies habe die Baukonjunk­tur befördert – genauso wie die günstigen Hypotheken­zinsen und die Anforderun­gen, wegen des Flüchtling­szustroms zusätzlich­e Wohnungen bereitzust­ellen. Der Umsatz der saarländis­chen Bauwirtsch­aft habe daher 2015 um drei Prozent auf rund 1,05 Milliarden Euro zugelegt. Auch die Zahl der beschäftig­ten sei leicht gestiegen – um 0,3 Prozent auf 8877. Für dieses Jahr erwartet Bernardi ebenfalls ein Umsatzplus von drei Prozent.

Für ihn war es gestern die letzte Frühjahrsp­ressekonfe­renz. Nach 19 Jahren will er im Juli nicht erneut für das Amt des Präsidente­n kandidiere­n.

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