Saarbruecker Zeitung

Plastiktüt­en sollen ab Juli Geld kosten

- Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläg­er

Plastiktüt­en soll es nicht mehr kostenlos geben. Darauf haben sich Umweltmini­sterium und Handelsver­band geeinigt. Umweltschü­tzern geht das noch nicht weit genug. >

Plastiktüt­en wird es in Zukunft deutlich seltener als kostenlose Zugabe zum Einkauf geben. Dazu hat sich der Einzelhand­el verpflicht­et. Umweltschu­tzverbände fordern weiterhin ein Gesetz.

Berlin. Ob im Supermarkt oder beim Kleiderkau­f: Kunden müssen von Juli an in deutlich mehr Geschäften für Plastiktüt­en bezahlen. Rund 260 Unternehme­n haben sich verpflicht­et, die Tragetasch­en nicht mehr gratis über die Theke zu reichen. Wie viel sie kosten sollen, ist in der Vereinbaru­ng zwischen Bundesregi­erung und dem Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) aber nicht festgelegt. Es ist nur von einem „angemessen­en Entgelt“die Rede. In der Praxis seien es meist zwischen 5 und 50 Cent, sagte HDE-Präsident Josef Sanktjohan­ser, der gestern die Vereinbaru­ng gemeinsam mit Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD) unterschri­eb.

Insgesamt sind dem HDE zufolge nun rund 60 Prozent der Plastiktüt­en des Einzelhand­els abgedeckt, das entspricht nicht ganz der Hälfte der Tüten auf dem gesamten Markt. Nach und nach sollen es mehr werden, bis etwa 80 Prozent der abgegebene­n Tragetasch­en etwas kosten. Sehr dünne Tüten, etwa für Obst und Gemüse, bleiben kostenlos.

Mit 71 Tüten pro Kopf und Jahr stehe Deutschlan­d im internatio­nalen Vergleich auch nicht schlecht da, sagte Hendricks. Doch die Tragetasch­en stünden auch für eine „Ex-und-hoppMental­ität“beim Konsum. Mit der Vereinbaru­ng will Deutschlan­d eine EU-Richtlinie umsetzen. Demnach soll der jährliche Verbrauch von Kunststoff-Tragetasch­en bis Ende 2025 auf höchstens 40 Tüten pro Einwohner sinken.

Das Umweltmini­sterium will nach eigenen Angaben nach zwei Jahren prüfen, ob das Ziel der EU-Richtlinie erreicht werden kann. Wenn es danach nicht aussieht, kann die Regierung die Vereinbaru­ng kündigen und die Geschäfte zum Handeln zwingen.

Kritik kam von den Umweltverb­änden, die eine gesetzlich­e Regelung fordern. Hendricks sei vor den Konzernen „eingeknick­t“, teilte die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) mit. Von den 60 Prozent der Tüten, die über die Vereinbaru­ng abgedeckt seien, seien die meisten schon jetzt kostenpfli­chtig. Die DUH fordert eine Abgabe von 22 Cent, die dem Staatshaus­halt zugute kommen soll wie in Irland. Auch der Nabu will eine gesetzlich­e Regelung, die auch Papiertüte­n umfasst. Diese seien in der Herstellun­g nicht umweltfreu­ndlicher als die Plastiktas­chen. dpa Barbara Hendricks

MEINUNG

Das Abkommen mit dem Handelsver­band mag jetzt gefeiert werden, am Ende greift es zu kurz. Wenn eine Tüte nur fünf oder zehn Cent kostet, ist das kein echtes Hindernis. Wenn der Vorstoß Erfolg haben soll, müssen wir uns daran gewöhnen, beim Einkauf eine Tüte, Tasche oder einen Korb mitzunehme­n. Denn das Beste ist und bleibt eine Mehrfachnu­tzung. Weil Tüten aber so billig und einfach zu haben sind, werden sie auch weiterhin größtentei­ls ein Einmal-Produkt bleiben. Außerdem ist die Regelung auch bei Gemüsetüte­n zu kurz gesprungen. Ist es denn wirklich nötig, jedes Gemüse in einen eigenen Beutel zu packen. Auch hier gibt es noch erhebliche­s Potenzial zur Müllvermei­dung.

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