Russland eröffnet Weltraumbahnhof
Heute startet erste Rakete vom neuen Weltraumbahnhof
Nach gut sechs Jahren Bauzeit will Russland heute seinen neuen Weltraumbahnhof Wostotschny im Gebiet Amur mit dem Start einer Sojus-Trägerrakete eröffnen. >
Russland eröffnet einen hochmodernen Weltraumbahnhof. Von Wostotschny im Fernen Osten des Riesenreichs soll in einigen Jahren der erste Kosmonaut zum Mond fliegen. Doch Pleiten, Pech und Pannen überschatten das Projekt.
Wostotschny. Der Stolz der russischen Ingenieure ist 52 Meter hoch: ein mobiler Versorgungsturm auf Schienen für den Abschuss der ersten Rakete von Russlands neuem Kosmodrom Wostotschny. Wie ein gewaltiger Schrank soll der Gerüstturm künftig vor Starts um die Raketen geschoben werden. Bei Temperaturen zwischen fast minus 50 Grad Celsius und rund 40 Grad plus im Osten Sibiriens könnten die Spezialisten dann geschützt arbeiten, erklärt Igor Komarow, Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos. „Das ist einzigartig.“
Die Bewährungsprobe für den neuen Weltraumbahnhof steht heute an. Präsident Wladimir Putin will mit dem ersten Start von Wostotschny den Beginn einer neuen Ära in der russischen Raumfahrt einläuten. Die Rakete vom Typ Sojus-2.1a mit drei Satelliten an Bord soll um 4.01 Uhr mitteleuropäischer Zeit abheben.
Wostotschny im Gebiet Amur – rund 8000 Kilometer östlich von Moskau – wird Russlands neues Fenster zu den Sternen. Von hier will die stolze Raumfahrtnation bis 2030 ihren ersten Kosmonauten zum Mond schicken, ein Flug zum Mars soll folgen.
Für den Ausbau eines früheren Militärgeländes haben Tausende Arbeiter eine 700 Quadratkilometer große Schneise – eine Fläche etwa so groß wie Hamburg – in die Taiga geschlagen. Wichtige Infrastruktur wie Schnellstraßen, Eisenbahn und Seehäfen machen den Standort attraktiv. Und die russische Führung erhofft sich vom neuen Kosmodrom weitere Impulse für die Entwicklung der Region sowie neue Arbeitsplätze. Ein Vorteil ist auch der relativ kurze Abstand zum Äquator. So gibt die Erdrotation der startenden Rakete zusätzlichen Schub.
Während in Moskau Regierungsmitglieder betonen, das Kosmodrom sei ein „Schaufenster für ein modernes Russland“, trüben massive Korruptionsvorwürfe das Bild des Prestigeprojekts. Millionen Euro versickerten, mehrere Funktionäre sitzen im Gefängnis. Baupfusch und Streit über nicht gezahlte Löhne haben den für Dezember 2015 geplanten Start verzögert. Der Nachrichtenagentur Tass zufolge klagen inzwischen mehr als 1100 Arbeiter über ausstehende Gehälter in Gesamthöhe von umgerechnet rund 1,7 Millionen Euro. Wegen einer Rezession kürzte die Regierung das Raumfahrtbudget bis 2025 um ein Drittel auf rund 18 Milliarden Euro.
Allen Problemen zum Trotz ist Russlands Raumfahrt-Elite vom Erfolg des Milliardenprojekts überzeugt. „Wostotschny ist eindeutig das beste (Kosmodrom)“, sagt RoskosmosDirektor Komarow. In vielen Punkten setze die hochmoderne Raketenbasis weltweit Maßstäbe, sei es bei der Automatisierung oder in Technologiefragen, meint er. Kremlchef Putin betont vor dem Start demonstrativ, dass Wostotschny auch Basis für eine friedliche Zusammenarbeit sein soll – mit den USA, Europa, Japan.