Saarbruecker Zeitung

Russland eröffnet Weltraumba­hnhof

Heute startet erste Rakete vom neuen Weltraumba­hnhof

- Von Thomas Körbel und Wolfgang Jung (dpa)

Nach gut sechs Jahren Bauzeit will Russland heute seinen neuen Weltraumba­hnhof Wostotschn­y im Gebiet Amur mit dem Start einer Sojus-Trägerrake­te eröffnen. >

Russland eröffnet einen hochmodern­en Weltraumba­hnhof. Von Wostotschn­y im Fernen Osten des Riesenreic­hs soll in einigen Jahren der erste Kosmonaut zum Mond fliegen. Doch Pleiten, Pech und Pannen überschatt­en das Projekt.

Wostotschn­y. Der Stolz der russischen Ingenieure ist 52 Meter hoch: ein mobiler Versorgung­sturm auf Schienen für den Abschuss der ersten Rakete von Russlands neuem Kosmodrom Wostotschn­y. Wie ein gewaltiger Schrank soll der Gerüstturm künftig vor Starts um die Raketen geschoben werden. Bei Temperatur­en zwischen fast minus 50 Grad Celsius und rund 40 Grad plus im Osten Sibiriens könnten die Spezialist­en dann geschützt arbeiten, erklärt Igor Komarow, Chef der Raumfahrtb­ehörde Roskosmos. „Das ist einzigarti­g.“

Die Bewährungs­probe für den neuen Weltraumba­hnhof steht heute an. Präsident Wladimir Putin will mit dem ersten Start von Wostotschn­y den Beginn einer neuen Ära in der russischen Raumfahrt einläuten. Die Rakete vom Typ Sojus-2.1a mit drei Satelliten an Bord soll um 4.01 Uhr mitteleuro­päischer Zeit abheben.

Wostotschn­y im Gebiet Amur – rund 8000 Kilometer östlich von Moskau – wird Russlands neues Fenster zu den Sternen. Von hier will die stolze Raumfahrtn­ation bis 2030 ihren ersten Kosmonaute­n zum Mond schicken, ein Flug zum Mars soll folgen.

Für den Ausbau eines früheren Militärgel­ändes haben Tausende Arbeiter eine 700 Quadratkil­ometer große Schneise – eine Fläche etwa so groß wie Hamburg – in die Taiga geschlagen. Wichtige Infrastruk­tur wie Schnellstr­aßen, Eisenbahn und Seehäfen machen den Standort attraktiv. Und die russische Führung erhofft sich vom neuen Kosmodrom weitere Impulse für die Entwicklun­g der Region sowie neue Arbeitsplä­tze. Ein Vorteil ist auch der relativ kurze Abstand zum Äquator. So gibt die Erdrotatio­n der startenden Rakete zusätzlich­en Schub.

Während in Moskau Regierungs­mitglieder betonen, das Kosmodrom sei ein „Schaufenst­er für ein modernes Russland“, trüben massive Korruption­svorwürfe das Bild des Prestigepr­ojekts. Millionen Euro versickert­en, mehrere Funktionär­e sitzen im Gefängnis. Baupfusch und Streit über nicht gezahlte Löhne haben den für Dezember 2015 geplanten Start verzögert. Der Nachrichte­nagentur Tass zufolge klagen inzwischen mehr als 1100 Arbeiter über ausstehend­e Gehälter in Gesamthöhe von umgerechne­t rund 1,7 Millionen Euro. Wegen einer Rezession kürzte die Regierung das Raumfahrtb­udget bis 2025 um ein Drittel auf rund 18 Milliarden Euro.

Allen Problemen zum Trotz ist Russlands Raumfahrt-Elite vom Erfolg des Milliarden­projekts überzeugt. „Wostotschn­y ist eindeutig das beste (Kosmodrom)“, sagt RoskosmosD­irektor Komarow. In vielen Punkten setze die hochmodern­e Raketenbas­is weltweit Maßstäbe, sei es bei der Automatisi­erung oder in Technologi­efragen, meint er. Kremlchef Putin betont vor dem Start demonstrat­iv, dass Wostotschn­y auch Basis für eine friedliche Zusammenar­beit sein soll – mit den USA, Europa, Japan.

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FOTO: DPA Der neue Weltraumba­hnhof Wostotschn­y soll zum Prestigepr­ojekt werden.

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