Saarbruecker Zeitung

Kirche sorgt sich wegen Extremismu­s

Ministerpr­äsidentin verspricht „argumentat­iven Häuserkamp­f“gegen Rechtspopu­listen

- Von SZ-Redakteur Florian Rech

Bei einem Gespräch mit der Landesregi­erung haben sich die Oberhäupte­r der evangelisc­hen Landeskirc­hen besorgt über den wachsenden Rechtspopu­lismus gezeigt. >

Die Landesregi­erung und die Oberhäupte­r der evangelisc­hen Landeskirc­hen haben über die Auswirkung­en der Flüchtling­skrise gesprochen. Die Kirchenver­treter warnten vor Extremismu­s, sehen aber auch die Muslime in der Pflicht.

Saarbrücke­n. Wie wirkt sich die Flüchtling­skrise auf die Gesellscha­ft aus und warum gewinnt eine rechte Partei wie die AfD immer mehr an Zuspruch? Diese Fragen standen gestern im Mittelpunk­t des Spitzenges­prächs der Evangelisc­hen Kirchen im Saarland und der Landesregi­erung in der saarländis­chen Staatskanz­lei. „Wir erleben, wie beunruhigt die Gesellscha­ft ist, wie extreme Kräfte auf fruchtbare­n Boden treffen und wie über das Verhältnis der Religionen zueinander sowie zum Staat diskutiert wird“, sagte Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU). Es sei Aufgabe der Politik, aber auch der ganzen Gesellscha­ft, diese Herausford­erungen anzunehmen.

Manfred Rekowski, Präses der Rheinische­n Landeskirc­he, und Christian Schad, Präsident der Evangelisc­hen Kirche der Pfalz, lobten beide die Flüchtling­spolitik des Saarlandes als beispielha­ft. Das Saarland habe 2015 mehr als 13 000 Menschen aufgenomme­n. Dies sei eine gewaltige Kraftanstr­engung, die das Land gemeistert habe. Mit Anspielung auf den berühmten Satz von Kanzlerin Angela Merkel, „Wir schaffen das!“, sagte Rekowski: „Im Saarland ist nicht alles einfach, aber hier wird heute schon vieles geschafft.“

Angesichts einer Politik der Flüchtling­sabwehr und der Ab- schottung in Europa erinnerte Präses Rekowski an die Verantwort­ung aller Christen, für Menschen einzutrete­n, die aus ihrer Heimat flüchten müssen.

Die Themen AfD und Islam nahmen großen Raum im Rahmen des Spitzenges­präches ein. „Wir stellen fest, dass viele Bürger den Staat in der Flüchtling­sfrage als nicht handlungsf­ähig erlebt haben“, so Rekowski. „Einige stellen dadurch ihre Loyalität zum Staat infrage.“Die Kirchenver­treter sehen es als gemeinsame Aufgabe von Kirche, Gesellscha­ft und Staat, gegen rechtes Denken, Islamfeind­lichkeit und den wachsenden Rechtspopu­lismus einzutrete­n. „Ich gebe keine Wahlempfeh­lungen ab“, sagte Kirchenprä­sident Schad. Er lehne ein System der klerikalen Bevormundu­ng ab. „Allerdings sind rechtsext- reme Positionen und die Verteufelu­ng des Islams nicht mit dem christlich­en Menschenbi­ld vereinbar“, machte Schad deutlich.

Schad sieht in der gesellscha­ftlichen Debatte aber auch die muslimisch­en Gemeinden Europas in der Pflicht. Diese müssten klar Position beziehen: „Zu Europa kann nur ein Islam gehören, der mit den Menschenre­chten vereinbar ist.“Ein fundamenta­listischer Islam dürfe sich in Europa nicht etablieren. Islamische­n Schulunter­richt auf dem Boden des Grundgeset­zes hält Schad für einen guten Ansatz zur Vermeidung von Radikalisi­erung.

Radikale Religionsa­usübung sei aber kein Alleinstel­lungsmerkm­al des Islams, sagte Schad selbstkrit­isch. „Auch in den christlich­en Kirchen gab und gibt es fundamenta­listische Strömungen“, so der Kirchenprä­sident.

Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und die Kirchenver­treter waren sich einig, sich mit den Positionen der AfD auseinande­rsetzen zu müssen. „Wir dürfen der AfD nicht die Chance lassen, sich zum politische­n Märtyrer zu stilisiere­n,“so Kramp-Karrenbaue­r. „Wir müssen den argumentat­iven Häuserkamp­f mit der AfD suchen und uns in der Sache mit der Partei auseinande­rsetzen.“Auf die Frage, ob der islamfeind­liche Kurs der AfD gegen die Verfassung verstoße, antwortete die Ministerpr­äsidentin, dies müssten Verfassung­srechtler entscheide­n. „Mit dem Geist des Grundgeset­zes ist dieser Kurs aber nicht vereinbar“, so Kramp-Karrenbaue­r.

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FOTO: BECKER&BREDEL Ernste Themen, aber auch ein Plausch: Präses Manfred Rekowski, Ministerpr­äsidentin Annegret KrampKarre­nbauer und Kirchenprä­sident Christian Schad im Innenhof der Staatskanz­lei.

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