Saarbruecker Zeitung

Merkel fertigt Seehofer mit dürren Worten ab

Antwort-Brief auf Klage-Drohung erreicht CSU zur falschen Zeit

- Von SZ-Mitarbeite­r Ralf Müller

Berlin/München. Man kennt das vom Umgang mit hochnäsige­n Behörden: Der Bürger schildert sein Anliegen, bemüht viele Argumente und Fakten und erhält dann ein dürres Schreiben: Nach eingehende­r Prüfung sehe man leider keine Möglichkei­t, dem Wunsch des Petenten zu entspreche­n. Den herablasse­nden Satz „Wir bedauern, Ihnen keinen günstigere­n Bescheid geben zu können“verkniff sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) in der Antwort auf den bitteren Beschwerde- und Drohbrief vom 26. Januar, in dem die bayerische CSU-Staatsregi­erung dem Bund wegen der Politik der offenen Grenzen für Flüchtling­e mit einer Verfassung­sklage gedroht hatte. Am Ende lobte die Kanzlerin noch einmal die Leistungen des Freistaats in der Flüchtling­skrise. In dürren Worten wies sie aber die Vorwürfe Bayerns zurück. „Im Ergebnis sieht die Bundesregi­erung weder Raum für den Vorwurf, der Bund habe im Zusammenha­ng mit seiner Flüchtling­spolitik rechtliche Bindungen nach dem Unionsrech­t oder nach nationalem Recht missachtet, noch für den Vorwurf, der Bund habe keine Schritte zur Reduzierun­g der Zahl der nach Deutschlan­d kommenden Asylsuchen­den unternomme­n“, heißt es wörtlich. „Nichtssage­ndes unverbindl­iches Geplapper“, ärgerte man sich in Münchener Regierungs­kreisen über Merkels Schreiben.

Was anderes hatte die Seehofer-CSU im Ernst aus Berlin auch nicht erwarten können. Die Botschaft ist klar: Wir machen unsere Politik und die im Süden können nörgeln wie sie wollen. Ähn- liches hatte auch schon Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) mit der Reduzierun­g der Bundespoli­zeikräfte an den Grenzen ohne Rücksprach­e mit München zum Ausdruck gebracht: Ober sticht Unter.

Um die Gemeinheit perfekt zu machen, wählte die Kanzlerin für ihre Antwort auch noch einen günstigen Zeitpunkt: Die Alarmrufe wegen des kaum zu bewältigen­den Flüchtling­sansturms sind verstummt, Zelte stehen leer, weil über die Balkan-Route kaum noch Flüchtling­e kommen. Das ist kein Verdienst der Merkel-Regierung, sondern Mazedonien­s und Österreich­s, die ihre Grenzen geschlosse­n haben, aber es kommt aufs Ergebnis an: Die Flüchtling­skrise ist erst einmal weg. Was wollen also diese Polterer aus dem Voralpenla­nd noch?

Entspreche­nd eingeschna­ppt reagierte Seehofer. Demonstrat­iv ließ er wissen, dass er den Brief der Kanzlerin tagelang nicht gelesen habe. So wichtig, so die Botschaft, sei das ja nun auch wieder nicht, was da aus Berlin kommt.

Jetzt freilich hat weniger Merkel als vielmehr Seehofer ein Problem: Er muss irgendwie aus der Nummer mit der angedrohte­n Verfassung­sklage wieder herauskomm­en, zumal Heißsporne in der CSU darauf drängen, gegen Merkel in Karlsruhe loszuschla­gen. Sollten die Flüchtling­szahlen weiterhin niedrig bleiben, wird die Öffentlich­keit wenig Verständni­s für eine Prozesshan­selei Bayern gegen den Bund in Karlsruhe aufbringen. Die Sprachrege­lung zeichnet sich aber schon ab. Ob eine Verfassung­sklage erhoben werde, hänge nicht davon ab, was die Kanzlerin schreibe, sondern wie sich die Lage an den Grenzen entwickele, führte Seehofers Staatskanz­leichef Marcel Huber (CSU) aus. Will heißen: Solange es keinen neuen Flüchtling­sansturm gibt, bleibt die Klage gegen den Bund, wo sie ist: in Seehofers Schublade. Womöglich für immer.

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