„Wir manipulieren nicht“
BMW fällt bei den Abgastests als einziger Hersteller mit unauffälligen Werten auf
Anders als Audi, Mercedes, Opel, Porsche und VW muss BMW nach Abgastests durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) keine Autos zurückrufen. Was machen die Bayern anders als ihre Konkurrenten?
München. 53 Automodelle hat das Kraftfahrtbundesamt (KBA) im Auftrag von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) abgastechnisch unter die Lupe genommen. Auffällig unauffällig blieb nur ein einziger Autobauer, der Münchner Premiumhersteller BMW. Keines der drei getesteten BMW-Dieselmodelle 320, 216 und 530 hat dabei auf der Straße im Vergleich zum Labortest so viel mehr Stickoxide ausgestoßen, dass bei den KBA-Prüfern Misstrauen zurückgeblieben wäre. War das Zufall und der Modellauswahl geschuldet? Oder ist BMW der einzig weiße unter einer Schar schwarzer oder zumindest grauer Ritter und der Beweis, dass man Abgase herstellerseitig regeln kann, wenn man nur will?
Wie BMW die Sache sieht, ist klar. „Wir heißen nicht umsonst Bayerische Motoren-Werke“, sagt ein Konzernsprecher. Der Motor sei für BMW technologische Kernkompetenz. Da be- treibe man viel Entwicklungsaufwand. An den Gesetzen der Physik komme man zwar nicht vorbei. Aber welche und wie viel Abgastechnik pro Auto verbaut wird, habe man in der Hand. Die KBA-Resultate mit Blick auf das eigene Haus keineswegs Zufall. Auch in Großbritannien und Frankreich hätten staatliche Stellen gerade Abgase nachgemessen, und zwar bei anderen BMW-Modellen als denen im KBA-Test. Auch dort habe es für BMW keine Beanstandungen gegeben. „Wir manipulieren nicht“, betonen die Münchner.
Das haben aber auch schon andere gesagt. Richtig sei, dass BMW in den letzten Jahren bei Verbrauchs- und Abgastests betont positiv abgeschnitten habe, sagt Autoanalyst Frank Schwope von der Nord-LB. BMW investiere auch auffällig viel in Forschung und Entwicklung speziell für die Motortechnik. Der Premiumhersteller sei hierzulande in seiner Branche technologischer Vorreiter, wie man auch auf dem Feld der Elektromobilität am neu entwickelten Stromer BMW i3 sehen könne. „Im Grunde hat BMW den Audi-Slogan ,Vorsprung durch Technik‘ übernommen“, sagt der Autoanalyst.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die in Sachen Abgasen seit Jahren zu den heftigsten
Vergleichsweise sauber: BMW-Auspuffe stoßen in Straßentest nur wenige Stickoxide aus.
Kritikern der Autoindustrie zählt, sieht es differenzierter. BMW habe zwar auch in anderen Ländern in Straßentests Abgasgrenzwerte eingehalten, sogar in den USA, wo sie am anspruchsvollsten sind. „ BMW schneidet besser als Daimler ab, aber auch nicht gut“, sagt DUHExperte Axel Friedrich. Auch die Bayern würden auf der Straße mit einigen Modellen Grenzwerte überschreiten. Abgasregelung sei ganz allgemein eine Frage des Geldes und nicht der Technik. Abgasreinigung ist für Autobauer ein Kostenfaktor. Experten aus der Branche bezif- fern ihn auf einige hundert Euro je Auto, manchmal auch mehr.
Doch auch bei der Technik gibt es noch Probleme: Um Stickoxide (NOX) zu reduzieren, gibt es grob gesagt zwei Möglichkeiten: einen Katalysator und die Abgasrückführung. Bei Letzterer werden 40 Prozent der Abgase in den Motor zurückgeleitet und dort verbrannt. Mit sinkenden Außentemperaturen bilden sich dabei Ablagerungen in Form eines schmierigen Belags, der Leitungen verstopfen und sogar den Motor abwürgen kann. „Dieses Risiko ist zweifelsfrei vorhan- den“, stellt dazu das KBA klar. Genau dafür gibt es die EU-Vorschriften zur Abschalteinrichtung von Abgas-Kontrollsystemen in Autos. Die regeln, unter welchen Umständen Autohersteller die Abgas-Reduzierung legal drosseln oder ganz abschalten dürfen. Erlaubter Hauptgrund ist der Schutz eines Motors vor Beschädigung. Wann eine solche Gefahr besteht, ist von der Bauweise eines Motors, verwendeten Materialien und den Außentemperaturen abhängig.
Und hier liegt das Problem: Vom Zusammenspiel dieser Faktoren ergibt sich ein von Hersteller zu Hersteller und von Modell zu Modell unterschiedliches Thermofenster, innerhalb dessen die Abgasreduzierung bis auf null gedrosselt wird.
Bei BMW-Modellen, die der Euro-5-Abgasnorm unterliegen, beginne das Zeitfenster bei etwa zehn Grad Celsius, verraten die Münchner. Bei Euro-6Modellen werde die Abgasrückführung erst bei minus 15 Grad spürbar reduziert. Bei anderen Herstellern beginnt das Thermofenster schon bei plus 17 Grad, haben KBA-Tester enthüllt. Ob die dann bei einer Durchschnittstemperatur von mehr als plus acht Grad hierzulande aber noch durch den Motorschutz gerechtfertigt sind, ist zu bezweifeln.