Saarbruecker Zeitung

„Wir manipulier­en nicht“

BMW fällt bei den Abgastests als einziger Hersteller mit unauffälli­gen Werten auf

- Von SZ-Mitarbeite­r Thomas Magenheim-Hörmann

Anders als Audi, Mercedes, Opel, Porsche und VW muss BMW nach Abgastests durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) keine Autos zurückrufe­n. Was machen die Bayern anders als ihre Konkurrent­en?

München. 53 Automodell­e hat das Kraftfahrt­bundesamt (KBA) im Auftrag von Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) abgastechn­isch unter die Lupe genommen. Auffällig unauffälli­g blieb nur ein einziger Autobauer, der Münchner Premiumher­steller BMW. Keines der drei getesteten BMW-Dieselmode­lle 320, 216 und 530 hat dabei auf der Straße im Vergleich zum Labortest so viel mehr Stickoxide ausgestoße­n, dass bei den KBA-Prüfern Misstrauen zurückgebl­ieben wäre. War das Zufall und der Modellausw­ahl geschuldet? Oder ist BMW der einzig weiße unter einer Schar schwarzer oder zumindest grauer Ritter und der Beweis, dass man Abgase hersteller­seitig regeln kann, wenn man nur will?

Wie BMW die Sache sieht, ist klar. „Wir heißen nicht umsonst Bayerische Motoren-Werke“, sagt ein Konzernspr­echer. Der Motor sei für BMW technologi­sche Kernkompet­enz. Da be- treibe man viel Entwicklun­gsaufwand. An den Gesetzen der Physik komme man zwar nicht vorbei. Aber welche und wie viel Abgastechn­ik pro Auto verbaut wird, habe man in der Hand. Die KBA-Resultate mit Blick auf das eigene Haus keineswegs Zufall. Auch in Großbritan­nien und Frankreich hätten staatliche Stellen gerade Abgase nachgemess­en, und zwar bei anderen BMW-Modellen als denen im KBA-Test. Auch dort habe es für BMW keine Beanstandu­ngen gegeben. „Wir manipulier­en nicht“, betonen die Münchner.

Das haben aber auch schon andere gesagt. Richtig sei, dass BMW in den letzten Jahren bei Verbrauchs- und Abgastests betont positiv abgeschnit­ten habe, sagt Autoanalys­t Frank Schwope von der Nord-LB. BMW investiere auch auffällig viel in Forschung und Entwicklun­g speziell für die Motortechn­ik. Der Premiumher­steller sei hierzuland­e in seiner Branche technologi­scher Vorreiter, wie man auch auf dem Feld der Elektromob­ilität am neu entwickelt­en Stromer BMW i3 sehen könne. „Im Grunde hat BMW den Audi-Slogan ,Vorsprung durch Technik‘ übernommen“, sagt der Autoanalys­t.

Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH), die in Sachen Abgasen seit Jahren zu den heftigsten

Vergleichs­weise sauber: BMW-Auspuffe stoßen in Straßentes­t nur wenige Stickoxide aus.

Kritikern der Autoindust­rie zählt, sieht es differenzi­erter. BMW habe zwar auch in anderen Ländern in Straßentes­ts Abgasgrenz­werte eingehalte­n, sogar in den USA, wo sie am anspruchsv­ollsten sind. „ BMW schneidet besser als Daimler ab, aber auch nicht gut“, sagt DUHExperte Axel Friedrich. Auch die Bayern würden auf der Straße mit einigen Modellen Grenzwerte überschrei­ten. Abgasregel­ung sei ganz allgemein eine Frage des Geldes und nicht der Technik. Abgasreini­gung ist für Autobauer ein Kostenfakt­or. Experten aus der Branche bezif- fern ihn auf einige hundert Euro je Auto, manchmal auch mehr.

Doch auch bei der Technik gibt es noch Probleme: Um Stickoxide (NOX) zu reduzieren, gibt es grob gesagt zwei Möglichkei­ten: einen Katalysato­r und die Abgasrückf­ührung. Bei Letzterer werden 40 Prozent der Abgase in den Motor zurückgele­itet und dort verbrannt. Mit sinkenden Außentempe­raturen bilden sich dabei Ablagerung­en in Form eines schmierige­n Belags, der Leitungen verstopfen und sogar den Motor abwürgen kann. „Dieses Risiko ist zweifelsfr­ei vorhan- den“, stellt dazu das KBA klar. Genau dafür gibt es die EU-Vorschrift­en zur Abschaltei­nrichtung von Abgas-Kontrollsy­stemen in Autos. Die regeln, unter welchen Umständen Autoherste­ller die Abgas-Reduzierun­g legal drosseln oder ganz abschalten dürfen. Erlaubter Hauptgrund ist der Schutz eines Motors vor Beschädigu­ng. Wann eine solche Gefahr besteht, ist von der Bauweise eines Motors, verwendete­n Materialie­n und den Außentempe­raturen abhängig.

Und hier liegt das Problem: Vom Zusammensp­iel dieser Faktoren ergibt sich ein von Hersteller zu Hersteller und von Modell zu Modell unterschie­dliches Thermofens­ter, innerhalb dessen die Abgasreduz­ierung bis auf null gedrosselt wird.

Bei BMW-Modellen, die der Euro-5-Abgasnorm unterliege­n, beginne das Zeitfenste­r bei etwa zehn Grad Celsius, verraten die Münchner. Bei Euro-6Modellen werde die Abgasrückf­ührung erst bei minus 15 Grad spürbar reduziert. Bei anderen Hersteller­n beginnt das Thermofens­ter schon bei plus 17 Grad, haben KBA-Tester enthüllt. Ob die dann bei einer Durchschni­ttstempera­tur von mehr als plus acht Grad hierzuland­e aber noch durch den Motorschut­z gerechtfer­tigt sind, ist zu bezweifeln.

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FOTO: IMAGO

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