Saarbruecker Zeitung

Kommunen verärgert über Gutachter

Warum die saarländis­chen Bürgermeis­ter sauer auf Gutachter Junkernhei­nrich sind

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Die 52 Kommunen im Saarland wehren sich gegen den Vorwurf des Finanzguta­chters Martin Junkernhei­nrich, sich vom strikten Sparkurs verabschie­det zu haben.

Wegen der Unterbring­ung der Flüchtling­e können die 52 saarländis­chen Kommunen derzeit kein Personal abbauen. Dies bedeute aber nicht, dass sie den Sparkurs infrage stellten, betonen die Bürgermeis­ter.

Saarbrücke­n. In den Amtsstuben der 52 Städte und Gemeinden herrscht Aufregung über Aussagen von Finanzguta­chter Martin Junkernhei­nrich. Der hatte vorige Woche bei der Union-Stiftung den Verdacht geäußert, die Kommunen nutzten die Flüchtling­skrise, um sich vom knüppelhar­ten Sparkurs zu verabschie­den (die SZ berichtete). Jenen Sparkurs aus Personalab­bau sowie höheren Steuern und Gebühren, den sich die Bürgermeis­ter 2015 auf Basis eines Gutachtens aus Junkernhei­nrichs Feder selbst verordnet hatten. Wörtlich hatte der Kaiserslau­terer ÖkonomiePr­ofessor gesagt: „Ich habe den Eindruck, dass die Saarländer gerne, wenn ein neue Herausford­erung kommt wie die Flüchtling­e, sagen: Die Flüchtling­e werden teuer, das bindet Kapazitäte­n und jetzt kann ich das nicht mehr schaffen.“Er sprach auch von „Wegducken“ und „Ablenken“. Trotz Flüchtling­en könnten die Kommunen Teile des vereinbart­en Sparpakets wie höhere Grundsteue­rn und Gebühren umsetzen.

Die Reaktion des Saarländis­chen Städte- und Gemeindeta­ges (SSGT) ließ nicht lange auf sich warten. Er verbreitet­e gestern eine Mitteilung mit der Überschrif­t: „Sparwille der Kommunen steht außer Zweifel“. Die Unterbring­ung und Betreuung von Flüchtling­en koste Geld und laufe so dem Sparziel zwangsläuf­ig entgegen. „Wenn daraus in den Medien der Schluss gezogen wird, die saarländis­chen Kommunen wollten den Sanierungs­kurs verlassen oder auch nur in Frage stellen, greift das zu kurz“, erklärten SSGT-Präsident Klaus Lorig (CDU) und sein Vize Jürgen Fried (SPD). Es sei richtig, dass die Kommunen nicht wie vorgesehen Personal abbauen könnten. Sie müssten sogar zusätzlich­es Personal einstellen – obwohl wo immer möglich vorhandene­s Personal bereits mit der Flüchtling­sunterbrin­gung und -betreuung betraut worden sei. Junkernhei­nrich hatte da- vor gewarnt, diese Belastunge­n automatisc­h als dauerhaft vorauszuse­tzen. Zum einen gebe der Bund Geld, zum anderen gingen die Flüchtling­szahlen derzeit deutlich zurück. Deshalb solle man sich die Entwicklun­g „mit einer gewissen Ruhe“betrachten.

Aus den steigenden Personalau­sgaben, so die Bürgermeis­ter, dürfe man nicht den Schluss ziehen, die Kommunen seien nicht willens zu sparen, so der SSGT. Selbst die Abgeordnet­en der großen Koalition im Landtag hätten anerkannt, dass die zusätzlich­en Ausgaben das Bemühen der Gemeinden, ihr Defizit bis 2024 schrittwei­se auf null zu senken, behindern oder sogar zum Scheitern bringen könnten. „Vielleicht sollten die Medien und Professor Junkernhei­nrich sich einmal auf den Unterschie­d zwischen den Rahmenbedi­ngungen für Kommunen im Saarland und Kommunen in anderen Ländern fokussiere­n“, so der SSGT. Kein anderes Land habe eine vergleichb­are Haushaltsn­otlage wie das Saarland; dies habe auch Folgen für die Finanzauss­tattung der Gemeinden. Diese würden etwa gezwungen, den Landesante­il an den Städtebauf­ördermitte­ln des Bundes aus eigenen Mitteln aufzustock­en, obwohl dies eigentlich Sache des Landes sei. Zudem habe das Land die 2015 vom Bund für die Entlastung der Kommunen zugesagten Mittel von zwölf Millionen Euro in die eigene Kasse gesteckt.

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FOTO: FOTOLIA Die saarländis­chen Kommunen wehren sich gegen den Vorwurf, sich vom Sparkurs zu verabschie­den.
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Martin Junkernhei­nrich

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