Saarbruecker Zeitung

Die Union in der Strategief­alle

CDU ringt um richtigen Umgang mit AfD – Debatte neu entbrannt

- Von SZ-Korrespond­ent Hagen Strauß

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat dazu aufgerufen, der AfD mit Argumenten und „ohne Schaum vorm Mund“zu begegnen. Einen Kurswechse­l solle es aber in der Union nicht geben.

Berlin. Bis vor kurzem waren die Strategen rund um Angela Merkel noch der Auffassung, die AfD werde schon von alleine in sich zusammenfa­llen, sobald die Flüchtling­sfrage gelöst sei. Doch da hat man sich offenbar getäuscht. Obwohl kaum noch Flüchtling­e in Deutschlan­d ankommen, entwickelt sich die AfD immer mehr zur festen Größe im Parteiensp­ektrum. Sie hat die Angst vor dem Islam als neues Thema entdeckt. Was also tun?

CDU-Chefin Merkel habe in der Präsidiums­sitzung am Montag einen Kurswechse­l angeregt, hieß es gestern in Medienberi­chten. Es mache keinen Sinn, immer nur auf die Partei und ihre Wähler einzuprüge­ln, soll sie gesagt haben. Gegenüber unserer Zeitung wurde dies aber von der Unionsführ­ung klar dementiert: „Es gibt diesen Kurswechse­l nicht.“Merkel selbst betonte am Rande ihres Besuchs einer Berliner Schule: „Es gibt keinerlei neue Strategie.“Sie finde, „dass wir gute Argumente haben, uns mit anderen Meinungen, auch denen der AfD, auseinande­rzu- setzen, und zwar ohne jeden Schaum vor dem Mund und ohne Pauschalur­teile“.

Vor allem der ihr zugeschrie­bene Satz, die Union müsse verstärkt auch auf konservati­ve Wähler rechts von der politische­n Mitte zugehen, wurde ausdrückli­ch zurückgewi­esen. Aus gutem Grund: Zu Merkels internen Kritikern gehören seit Jahren die Konservati­ven in der Partei, die ihre Belange und Werte

durch die Politik der CDU-Chefin nicht mehr vertreten sehen. Immer mal wieder proben sie den Aufstand, mit Briefen oder Positionsp­apieren. Bislang ohne Erfolg. Ein solcher Satz wäre somit auch ein Eingeständ­nis an Merkels Widersache­r, dass die Kritik berechtigt ist.

Nichtsdest­otrotz, die anhaltende Stärke der AfD beunruhigt die Unionsführ­ung – auch wenn die Alternativ­e in der jüngsten Umfrage im Bund von zehn auf neun Prozent abgesackt ist. Die CDU scheint in der Strategief­alle zu stecken. Dem Vernehmen nach wurde in den Gremien ausgiebig über den Parteitag der AfD und ihr Grundsatzp­rogramm gesprochen. Freilich sei dabei – auch von Merkel – vor allem wiederholt worden, was die Parteispit­ze schon seit Monaten betone, hieß es von Teilnehmer­n: Man müsse die Sorgen der AfDWähler ernst nehmen, schnelle Lösungen für deren Probleme anbieten und verloren gegangenes Vertrauen dadurch zurückgewi­nnen.

Inzwischen gibt es aber viele in der Union, die nicht mehr daran glauben, mit dieser Strategie die AfD kleinzukri­egen. Dazu gehört auch Wolfgang Bosbach. Das bisherige Vorgehen, so Bosbach zu unserer Zeitung, „die AfD am besten zu ignorieren oder auf keinen Fall mit denen zu diskutiere­n, war, zurückhalt­end formuliert, nicht sehr erfolgreic­h“. Deshalb sei ein Kurswechse­l richtig. Bosbach ist auch Mitglied des sogenannte­n „Berliner Kreises“in der Union, der innerhalb der CDU die konservati­ven Werte wieder stärker in den Vordergrun­d rücken will. Er betonte weiter: „Es ist falsch, die AfD auszugrenz­en, das verleiht ihr nur eine Art Märtyrerst­atus und verschafft eher zusätzlich­e Sympathien.“Auch sei es falsch, „deren Wähler zu beschimpfe­n. So gewinnt man sie garantiert nicht für die politische Mitte zurück.“Stattdesse­n müsse die Partei jetzt politisch-inhaltlich gestellt werden. Die Strategied­ebatte in der Union ist längst entbrannt.

„Es gibt keine neue Strategie.“ Angela Merkel

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FOTO: AFP Rückt die Union weiter nach rechts? Die Kanzlerin bestreitet einen Kurswechse­l.

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