Saarbruecker Zeitung

Ärmer, aber zufriedene­r

Report zur Lage von Migranten – Bildung entscheide­nd für Integratio­n

- JÖRG WINGERTSZA­HN IRISN EU, EVA LIPPOLD

Migranten sind weniger gebildet, stärker von Altersarmu­t bedroht, aber zufriedene­r als Menschen ohne Migrations­hintergrun­d. Das geht aus dem aktuellen Datenrepor­t des Statistisc­hen Bundesamte­s zu Migration und Integratio­n hervor. Unser Berliner Korrespond­ent Stefan Vetter beantworte­t die wichtigste­n Fragen dazu.

Wer gilt als Migrant? Rund jeder fünfte in Deutschlan­d lebende Mensch hat ausländisc­he Wurzeln. Das sind 16,4 Millionen Personen. Zu den Menschen mit Migrations­hintergrun­d zählen alle, die seit 1950 nach Deutschlan­d zugewander­t sind, oder in Deutschlan­d mit ausländisc­her Staatsange­hörigkeit geboren wurden. Auch, wer mindestens einen Elternteil hat, der seit 1950 nach Deutschlan­d kam, oder einen Elternteil, der in Deutschlan­d mit ausländisc­her Staatsange­hörigkeit geboren wurde, zählt zu dieser Gruppe.

Was sind die größten Gruppen? Die mit fast sechs Millionen größte Gruppe bilden immer noch Menschen mit Wurzeln aus den so genannten Gastarbeit­er-Anwerbelän­dern, also Italiener, Griechen, Ex-Jugoslawen und vor allem Türken. Es folgen die Spätaussie­dler und ihre Nachkommen (4,2 Millionen Personen), die insbesonde­re zwischen 1990 und 2000 nach Deutschlan­d kamen. Aus den so genannten Drittstaat­en stammen 3,7 Millionen Menschen. Weitere 2,6 Millionen Menschen sind EU-Zuwanderer.

Welche Besonderhe­iten gibt es? Migranten sind mit durchschni­ttlich 35,4 Jahren deutlich jünger als Menschen ohne Migrations­hintergrun­d. Es gibt mehr Ledige unter ihnen, mehr geringer Qualifizie­rte und weniger Menschen im Rentenalte­r. Je später die Zuwanderun­g erfolgte, desto größer ist der Anteil der Personen mit Abitur oder Uni-Abschluss. Besonders bei Frauen ist die Erwerbsbet­eiligung vergleichs­weise gering. Mehr als jede dritte Migrantin zwischen 15 und 64 Jahre (37 Prozent) hat keinen regulären Job.

Worin liegen die Ursachen? Die Berliner Sozialfors­cherin Mareike Bünning führt das Problem auf mangelnde Deutschken­ntnisse der Flüchtling­e, aber auch auf Informatio­nsdefizite zuständige­r Behörden zurück. So würden die Schulabsch­lüsse der Neuankömml­inge nicht erfasst. Außerdem hake es an der Anerkennun­g von Qualifikat­ionsnachwe­isen. Das A und O bleibt die Bildung. Sie sei „entscheide­nd für die Integratio­n von Migranten“.

Wie zufrieden sind Migranten? Angesichts ihrer unterdurch­schnittlic­hen Erwerbsbet­eiligung und niedrigere­n Einkommen ist es nicht überrasche­nd, wenn Migranten ihren Lebensstan­dard schlechter bewerten als die deutsche Stammbevöl­kerung. Ihr Optimismus und die allgemeine Zufriedenh­eit sind jedoch stärker ausgeprägt. Auch dafür hat Bünning eine Erklärung: „Migranten vergleiche­n auch die Situation im Herkunftsl­and, nicht nur die in Deutschlan­d.“

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