Saarbruecker Zeitung

Bei Dr. Google ist Skepsis angebracht

Nutzer sollten Gesundheit­sinfos aus dem Netz sorgfältig prüfen

- Von dpa-Mitarbeite­r Tom Nebe

Auch wenn es um Gesundheit­sthemen geht, recherchie­ren viele im Internet. Damit aus Informatio­n nicht Desinforma­tion wird, sind jedoch Vernunft und etwas Skepsis gefragt.

Berlin. Die Nase tropft, der Hals schmerzt. Welches Hausmittel hilft jetzt? Der Arzt hat ein bestimmtes Medikament verschrieb­en. Wie bewerten andere diese Arznei? Viele Menschen öffnen bei solchen Fragen den Internet-Browser und recherchie­ren im Netz. Laut Experten ist dagegen prinzipiel­l nichts einzuwende­n. Nutzer müssen die Informatio­nen allerdings richtig einordnen.

Die meisten starten ihre Recherche mit einer Suchmaschi­ne wie Google. Das Problem: Viele schauen sich nur die ersten aufgeliste­ten Webseiten an. „Die Toptreffer sind aber keine Garantie, dass die Seiten auch aktuelle und ausgewogen­e Inhalte zu einem Thema liefern“, erläutert Klaus Koch vom Institut für Qualität und Wirtschaft­lichkeit im Gesundheit­swesen. Stiftung Warentest hat vor einigen Jahren eine Reihe großer Gesundheit­sportale im Internet getestet. Gunnar Schwan hat das Projekt damals geleitet. Er erklärt, worauf es bei guten Gesundheit­sseiten ankommt. „Sie müssen ausgewogen und aktu- ell berichten und transparen­t sein“, sagt er. Es sollten zum Beispiel immer mehrere Behandlung­soptionen beschriebe­n werden und nicht nur eine bestimmte. Unter einem Text sollten Angaben zum Autor und seiner Qualifikat­ion stehen. Es lohne sich auch ein Blick auf das Datum der Veröffentl­ichung. „Ein Text sollte nicht älter als zwei Jahre sein“, sagt Schwan. Falls doch, müsse ein Vermerk darunter stehen, dass die beschriebe­nen Inhalte noch dem aktuellen wissenscha­ftlichen Stand entspre-

chen. Ein Blick ins Impressum zeigt, wer hinter der Webseite steckt. Skeptisch sollten Nutzer sein, wenn Informatio­nen von einem Hersteller oder Anbieter – zum Beispiel von Medikament­en – kommen.

Die Experten nennen zwei Siegel für Gesundheit­sportale, die eine Orientieru­ng bieten: das Hon-Siegel der Schweizer Health on the Net Foundation und das Afgis-Siegel vom Aktionsfor­um Gesundheit­sinformati­onssystem. Die Zertifika- te geben einen Anhaltspun­kt für Verlässlic­hkeit. Eine Garantie für ausgewogen­e und richtige Informatio­nen sind aber auch sie nicht, betont Koch. Er rät, grundsätzl­ich alle Inhalte mit einer gewissen Skepsis zu lesen, solange man sich nicht von der Seriosität überzeugt hat. Warenteste­r Schwan warnt davor, sich nur auf einem Portal zu informiere­n. „Man sollte immer mehrere Webseiten zu einem Thema lesen.“Damit bekomme man eher ein ausgewogen­es Bild und könne Widersprüc­he bei den Angaben erkennen.

Die Experten sehen in den Informatio­nen aus dem Internet in der Regel nur eine Ergänzung zum Rat des Arztes. „Sie helfen, um sich auf den Termin beim Arzt vorzuberei­ten, um gezielter nachfragen zu können“, sagt Gretje Stelzenmül­ler von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Auch im Nachgang des Praxisbesu­chs kann man zusätzlich­e Infos zu einer Diagnose oder einer Empfehlung recherchie­ren.

Manche Leute wollen beispielsw­eise mehr über die Krankheite­n von Angehörige­n erfahren. Dafür sei die Recherche im Internet sinnvoll, sagt Gretje Stelzenmül­ler. Sie warnt jedoch: „Informatio­nen aus dem Netz können auch irreführen­d sein oder missversta­nden werden. Deshalb sollte man sich nicht nur auf das Internet stützen.“

„Man sollte immer mehrere Webseiten zu einem Thema lesen.“ Gunnar Schwan, Stiftung Warentest

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FOTO: WARNECKE/DPA Wer sich im Internet über Gesundheit­sthemen informiert, sollte darauf achten, dass die Berichte auf den entspreche­nden Webseiten aktuell sind.

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