Bei Dr. Google ist Skepsis angebracht
Nutzer sollten Gesundheitsinfos aus dem Netz sorgfältig prüfen
Auch wenn es um Gesundheitsthemen geht, recherchieren viele im Internet. Damit aus Information nicht Desinformation wird, sind jedoch Vernunft und etwas Skepsis gefragt.
Berlin. Die Nase tropft, der Hals schmerzt. Welches Hausmittel hilft jetzt? Der Arzt hat ein bestimmtes Medikament verschrieben. Wie bewerten andere diese Arznei? Viele Menschen öffnen bei solchen Fragen den Internet-Browser und recherchieren im Netz. Laut Experten ist dagegen prinzipiell nichts einzuwenden. Nutzer müssen die Informationen allerdings richtig einordnen.
Die meisten starten ihre Recherche mit einer Suchmaschine wie Google. Das Problem: Viele schauen sich nur die ersten aufgelisteten Webseiten an. „Die Toptreffer sind aber keine Garantie, dass die Seiten auch aktuelle und ausgewogene Inhalte zu einem Thema liefern“, erläutert Klaus Koch vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Stiftung Warentest hat vor einigen Jahren eine Reihe großer Gesundheitsportale im Internet getestet. Gunnar Schwan hat das Projekt damals geleitet. Er erklärt, worauf es bei guten Gesundheitsseiten ankommt. „Sie müssen ausgewogen und aktu- ell berichten und transparent sein“, sagt er. Es sollten zum Beispiel immer mehrere Behandlungsoptionen beschrieben werden und nicht nur eine bestimmte. Unter einem Text sollten Angaben zum Autor und seiner Qualifikation stehen. Es lohne sich auch ein Blick auf das Datum der Veröffentlichung. „Ein Text sollte nicht älter als zwei Jahre sein“, sagt Schwan. Falls doch, müsse ein Vermerk darunter stehen, dass die beschriebenen Inhalte noch dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entspre-
chen. Ein Blick ins Impressum zeigt, wer hinter der Webseite steckt. Skeptisch sollten Nutzer sein, wenn Informationen von einem Hersteller oder Anbieter – zum Beispiel von Medikamenten – kommen.
Die Experten nennen zwei Siegel für Gesundheitsportale, die eine Orientierung bieten: das Hon-Siegel der Schweizer Health on the Net Foundation und das Afgis-Siegel vom Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem. Die Zertifika- te geben einen Anhaltspunkt für Verlässlichkeit. Eine Garantie für ausgewogene und richtige Informationen sind aber auch sie nicht, betont Koch. Er rät, grundsätzlich alle Inhalte mit einer gewissen Skepsis zu lesen, solange man sich nicht von der Seriosität überzeugt hat. Warentester Schwan warnt davor, sich nur auf einem Portal zu informieren. „Man sollte immer mehrere Webseiten zu einem Thema lesen.“Damit bekomme man eher ein ausgewogenes Bild und könne Widersprüche bei den Angaben erkennen.
Die Experten sehen in den Informationen aus dem Internet in der Regel nur eine Ergänzung zum Rat des Arztes. „Sie helfen, um sich auf den Termin beim Arzt vorzubereiten, um gezielter nachfragen zu können“, sagt Gretje Stelzenmüller von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Auch im Nachgang des Praxisbesuchs kann man zusätzliche Infos zu einer Diagnose oder einer Empfehlung recherchieren.
Manche Leute wollen beispielsweise mehr über die Krankheiten von Angehörigen erfahren. Dafür sei die Recherche im Internet sinnvoll, sagt Gretje Stelzenmüller. Sie warnt jedoch: „Informationen aus dem Netz können auch irreführend sein oder missverstanden werden. Deshalb sollte man sich nicht nur auf das Internet stützen.“
„Man sollte immer mehrere Webseiten zu einem Thema lesen.“ Gunnar Schwan, Stiftung Warentest