Verdis Alters-Geniestreich
„Falstaff“in einer Luxusbesetzung
igentlich wollte Giuseppe Verdi nach seiner ungeheuer erfolgreichen „Aida“sein kompositorisches Schaffen beenden. Er, der viele Jahre hindurch „wie ein Galeerensklave“im Akkord Opern komponiert hatte, die aus dem Sohn eines einfachen Gastwirts einen extrem gutsituierten Gutsbesitzer hatten werden lassen, fühlte sich müde und sehnte sich nach einem beschaulichen Leben. Auf seinem Landsitz in S. Agata wollte er nun die Früchte seiner harten Arbeit genießen.
och daraus wurde nichts, dank immer neuer Inspirationen: zunächst schrieb er mit der „Messa da Requiem“für seinen verstorbenen Freund und politischen Wegbegleiter, den Dichter Alessandro Manzoni, eine Totenmesse von solch emotionaler Wucht, dass manche von Verdis bester Oper zu sprechen geneigt sind. Aber Verdi hatte zudem noch eine Rechnung offen: mit niemand Geringerem als William Shakespeare. Zeit seines Lebens wollte er eine „Lear“-Oper schreiben, zu der es nie kam. Aber auch der „Othello“spukte Verdi im Kopf herum, das wusste sein Verleger Ricordi. Mit Arrigo Boito, der Komponist war, aber auch Operntexte verfasste, stellte er Verdi einen Librettisten vor, der zunächst mit der Aufgabe betraut wurde, eine Neufassung von „Simon Boccanegra“zu erstellen; danach schrieb er für den Altmeister ein adäquates Libretto, das diesen aus der Reserve und dem Ruhestand locken musste; „Otello“wurde scheinbar zunächst der krönende Abschluss einer der größten Komponistenkarrieren aller Zeiten.
och da war noch eine weitere offene Rechnung: Verdis zweites Stück, „Un giorno di regno“, eine komische Oper, war zu Beginn seiner Laufbahn ein entsetzlicher Reinfall gewesen, seitdem hatte er von lustigen Stoffen die Finger gelassen. Doch mit Boito wagte sich der mittlerweile hochbetagte Verdi nun daran, auch diese Scharte aus der Jugendzeit auszuwetzen: Zusammen schufen sie nach den Olafur Sigurdarson singt Sir John Falstaff
Shakespeareschen Bühnenwerken „Heinrich IV“und „Die lustigen Weiber von Windsor“den „Falstaff“, der Verdis wohl komplexeste Partitur ist. Es scheint beinahe, als wüsste er nicht mehr, wohin mit all den melodischen Einfällen, so rasch und sich überlagernd sind die Wechsel von einem Thema zum nächsten.
ie Annäherungsversuche des liebestollen dicken Ritters John Falstaff bei den wohlhabenden Damen Alice Ford und Meg Page sind plump und berechnend, er schickt der Einfachheit halber an beide zwei identische Liebesbriefe – ein entscheidender strategischer Fehler, der dazu führt, dass er erst in einem Wäschekorb landet, dann in der Themse, später im Wald, wo sich Waldelfen und Geister herumtreiben und sich Liebespaare glücklich finden, die sich nicht finden sollten. Er bleibt alleine – entlarvt und verhöhnt. Doch der Schluss ist versöhnlich, alle stimmen ein in die berühmte Fuge „Tutto il mondo è burla!“(Die ganze Welt ist Spaß!). Verdis geniales Alterswerk wird von Johannes Pölzgutter in Szene gesetzt, der am SST schon mit dem „Goldenen Hahn“seinen Sinn fürs Komische unter Beweis gestellt hat. Die von musikalischer Raffinesse überbordende Partitur wird mit GMD Nicholas Milton und dem Saarländischen Staatsorchester ihren Glanz entfalten, und mit Olafur Sigurdarson steht eine Luxusbesetzung für die Titelpartie zur Verfügung, begleitet von weiteren SST-Solisten und Gästen.
Falstaff Matinee: 29. Mai, Mittelfoyer Premiere: 11. Juni, Staatstheater