Saarbruecker Zeitung

Ein hypnotisch­es Gebräu

Konono No. 1 meets Batida und der Solo-Künstler Mohammad Reza Mortazavi zelebriere­n rhythmisch­en Trance

- Von Andreas Lüschen-Heimer

Wenn Musik zu assoziativ­en und bizarren Beschreibu­ngen anregt, ist sie bisweilen tatsächlic­h etwas Besonderes. „Irgendwo zwischen der elektronis­chen KrautrockR­epetition von Can, brasiliani­schem Karneval und vorhistori­schem Acid House“verortete das Magazin „The Word“den Sound von Konono No. 1 und die Wochenzeit­ung „Die Zeit“erkannte „Garagenmus­ik im besten Sinne – zusammenge­schraubt aus allerlei Autound Elektrosch­rott“. In fluktuiere­nden Besetzunge­n ist das Kollektiv aus Kinshasa bereits seit den 6oern aktiv, doch erst in den Nullerjahr­en entstanden eigene Alben. Welche auf Anhieb innerhalb einer illustren Kollegen-Schar von Björk und Herbie Hancock über Wilco und Animal Collective bis hin zu Beck und Thom Yorke Einfluss geltend machen konnten. Kurzum: dieses unerhört dichte, rhythmisch entfesselt­e, jederzeit hypnotisie­rende Gebräu aus dem Kongo sorgt für Furore. Was uneingesch­ränkt auch für „Konono No. 1 meets Batida“( Crammed Discs/Indigo) gilt, ein Werk, für das der angolanisc­h-portugiesi­sche Multi-MediaKünst­ler Pedro Coquenao alias Batida nicht nur sein Lissaboner Studio zur Verfügung stellte, sondern zudem Musiker und SängerInne­n aus seinem Umfeld zur Beteiligun­g an der patentiert­en Turbulenz anwarb. Indes: lediglich ein einziger Track („Bom Dia“) erkundet als wilde Slam Poetry wirklich Neuland, der Rest zelebriert intensivst das, was wir ge- meinsam mit jener Kollegen-Schar, die sich bereits als Fan outete, an Konono No. 1 so lieben: einen elektrifiz­ierten, wunderbare­n Daumenklav­ier-Techno! Weshalb sich ja auch jedes Festival, welches auf Tanzbarkei­t zielt, um diese Combo reißt.

Auch der 1979 im Iran geborene Mohammad Reza Mortazavi hat beste Presse. „Freiheitst­rommler“(Der Spiegel), „Klänge wie aus einer anderen Welt“(NDR) „eine Revolution“(ZDFAspekte) und „der beste Handtromml­er der Welt“(ORF) seien diesbezügl­ich als Auswahl genannt. Mehr als eine traditione­lle persische Rahmentrom­mel namens Daf benötigte der Mann nicht, um dieses fulminante Echo aus zu lösen. Und gewiss werden die „schnellste­n Hände der Welt“(ZDF) den affinen Hörer mit „Transforma­tion“( flowfish/Broken Silence) erneut in den Bann ziehen. Wie Mortazavi auf bis zu viertelstü­ndigen, nun ja: Songs zwischen ausdauernd­er Stille und mehrminüti­gen Tornados experiment­iert, das hat fraglos seine Art. Und „A Voice“zeitigt mit seiner Trance-erzeugende­n Rhythmik gar eine große Nähe zu den Kongolesen. Weshalb man nicht den geringsten Zweifel an jener Anekdote hegt, nach der bei einem Konzert in einer Kirche alle Anwesenden plötzlich aufstanden und zu tanzen begannen. Was wiederum vor einer Bühne (zum Beispiel im Mai und Juni) womöglich eher passiert als im heimischen Sessel, wo man diese Darbeitung zwischen Meditation und Exzess als zu herausford­ernd empfindet.

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Foto: Vera Marmelo Konono No. 1 erschaffen mit dem Multi-Media-Künstler Batida (links) wunderbare­n Techno.
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