Saarbruecker Zeitung

Schleichen­de Spannung

- Von Martin Schwickert

Wortlos liegen die beiden nebeneinan­der am Strand, die Körper mit vulkanisch­em Schlamm bedeckt. Es ist ein surreales Bild perfekter Harmonie. Marianne (Tilda Swinton) und Paul (Matthias Schoenaert­s) sind auf die süditalien­ische Insel Pantelleri­a gereist, um in der mediterran­en Stille zu genesen. Die legendäre RockSänger­in muss sich von einer Stimmband- Operation erholen und darf nicht sprechen. Paul hatte vor nicht allzu langer Zeit betrunken einen Autounfall und hat sich danach einer Entziehung­skur unterzogen.

Mit der einvernehm­lichen Ruhe ist es vorbei, als Harry (Ralph Fiennes) mit seiner Tochter Penelope (Dakota Johnson) unangekünd­igt aufkreuzt. Harry ist ein Mann von überschwän­glichem Wesen und erdrückend­er Präsenz. Er war einmal Mariannes Produzent sowie ihr langjährig­er Geliebter in den wilden Rock’n Roll Zeiten – und er ist hier, um seine Ex zurückzuer­obern.

„La Piscine“hieß auch der Film von Jacques Deray aus dem Jahre 1969 mit Romy Schneider und Alan Delon, der über den Klippen von Saint Tropez ein psychologi­sches Open-Air-Kammerspie­l entwarf. Der italienisc­he Regisseur Luca Guadagnino („I am Love“) hat sein Remake auf die Insel Pantel- leria vor der Küste Siziliens verlegt. Deren raue, vulkanisch­e Landschaft­en bilden einen stimmigen Hintergrun­d für die sich allmählich erhitzende­n Gemüter. „The Big- Blutjung und bildschön: Auch Penelope (Dakota Johnson) sorgt für erhitzte Gemüter. ger Splash“ist ein präzise konstruier­tes Drama, das seine schleichen­de Spannung aus der Dynamik der Figuren bezieht. Aus der exzellente­n Besetzung ragt neben Tilda Swinton in einer nahezu nonverbale­n Rolle vor allem Ralph Fiennes heraus, der sowohl die mitreißend­en als auch die enervieren­den Eigenschaf­ten dieses unwiderste­hlichen AlphaTiere­s zum Leuchten bringt.

Als relatives Moment zur selbstgefä­lligen Gruppendyn­amik schweift der Blick des Filmes immer wieder ab in die zeitgeschi­chtliche Realität der Insel, auf der die Flüchtling­sboote aus Nordafrika anlanden. Was zunächst etwas aufgesetzt erscheint, wird organisch als Kontrapunk­t zum luxuriösen Leben der Hauptakteu­re eingearbei­tet, die die Gestrandet­en nur als geisterhaf­te Wesen wahrnehmen, um sie am Ende als willkommen­e Sündenböck­e in Gebrauch zu nehmen.

F/Italien 2015, 124 Min., Camera Zwo (Sb); Regie: Luca Guadagnino; Buch: David Kajganich; Kamera: Yorick Le Saux; Darsteller: Ralph Fiennes, Dakota Johnson, Matthias Schoenaert­s, Tilda Swinton.

Neu im Kino: „Pelo Malo“von Mariana Rondón – Sensibel erzählte Familienge­schichte aus Venezuela

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