„Ich bin neun und habe doofe Haare“
Das Leben in der Plattenbausiedlung in der venezolanischen Hauptstadt Caracas ist eigentlich schon schwer genug. Viele Menschen kämpfen hier Tag für Tag ums nackte Überleben, es herrscht Armnut und brutale Gewalt. Doch für Junior, der mit seiner Mutter und seinem kleinen Bruder hier, in einer der gefährlichsten Städte der Welt, lebt, kommt noch was hinzu: „Ich bin neun und habe doofe Haare.” Der Junge hat zu seinem großen Leidwesen das krause, widerspenstige Haar seines Vaters geerbt. So ist für ihn jeder Tag ein „bad hair day“. Junior wünscht sich sehnlichst eine glatte Haarpracht, so wie seine Mutter eine hat – und vor allem die Popstars, die Junior verehrt. Der Junge liebt es zu singen, mit seiner Grossmutter zu tanzen und sich vor dem Spiegel zu frisieren. Die Mutter sähe Junior viel lieber mit kurz geschorenem Haupt breitbeinig durchs Leben zu gehen und dereinst als Macho die Interessen der Familie zu verteidigen. Werden Mutter und Sohn es schaffen, ihre auseinanderklaffenden Vorstellungen übereinzubringen?
Regisseurin Mariana Rondón hat mit „Pelo Malo“(Schlechtes Haar) ein packende Familiengeschichte inszeniert, die ungeschönt und realsitisch den harten Alltag zeigt, aber gleichzeitig sensibel und einfühlsam auf die Probleme des Heranwachsenden eingeht. Wie schwer es vor allem diejenigen haben, die anders sind. Und die wie Junior trotz allem an ihren Träumen festhalten wollen. Denn der Neunjährige aus Caracas hat sich vorgenommen, alles dafür zu tun, dass er mal als Popstar Karriere macht. Während seine Mutter diese Bestrebungen ihres Sohnes widerwillig beobachtet, un- Der neunjährige Junior versucht, seine krausen Haare zu bändigen. terstützt die Großmutter ihn in seinen musischen Ambitionen. Doch dann muss sich Junior entscheiden, was mit seinen Haaren passiert.
Die renommierte Fachzeitschrift „filmdienst“schreibt über „Pelo Malo“: „Der sensibel inszenierte Familienfilm um neue und tradierte Rollenbilder entfaltet ein eindringliches MutterSohn-Drama, in dem es um sexuelle Identität, Rassismus und soziale Marginalisierung geht. Dabei spiegeln sich familiäre Spannungen und der desaströse Zustand der venezolanischen Gesellschaft gegenseitig.“
Venezuela/Peru/Deutschland 2013, 94 Min., Filmhaus Sb; Regie und Buch: Mariana Rondón, Kamera: Micaela Cajahuaringa; Darsteller: Samuel Lange Zambrano, Samantha Castillo)