Clinton und Trump vor Duell ums Weiße Haus
Republikaner riskieren mit dem Milliardär krachende Niederlage
Der Vorwahlkampf in den USA ist so gut wie beendet. Das Duell ums Weiße Haus findet aller Voraussicht nach zwischen Donald Trump und Hillary Clinton statt.
Donald Trump hat seine Konkurrenten aus dem Feld geschlagen und ist jetzt bei den Republikanern allein auf weiter Flur. Der Kampf ums Weiße Haus läuft jetzt auf ein erbittertes Duell mit der Demokratin Hillary Clinton hinaus.
Washington. Es muss schon viel passieren, bevor sich Charles Koch vor eine Kamera setzt, um Kritik an den Republikanern zu üben. Charles Koch besitzt mit seinem Bruder David ein milliardenschweres Industrie-Konglomerat aus Ölraffinerien, Papierfabriken und Chemiewerken. Dieser Groß-Mäzen der Konservativen hat sich neulich überraschend weit aus dem Fenster gelehnt. Bei CNN befand er, Bill Clinton sei in vielfacher Hinsicht ein besserer Präsident gewesen als George W. Bush. Und auf die Frage, ob sich auch seine Frau Hillary Clinton womöglich besser fürs Oval Office eigne als der Kandidat der Republikaner, gestand er: „Ja, das ist möglich.“
Damit ist die Seelenlage der „Grand Old Party“schon hinreichend skizziert. Mancher verzweifelte republikanische Stratege rät bereits, die Wahl 2016 abzuschreiben und sich schon jetzt auf 2020 zu konzentrieren, um eine Präsidentin Clinton nach vier Amtsjahren mit frischem populärerem Personal herauszufordern.
Manche Wortmeldung klingt so sarkastisch, ja galgenhumorig, als wäre sie eigens für die Satire-Show „Saturday Night Live“geschrieben. Sich als Juniorpartner Donald Trumps um die Vizepräsidentschaft zu bewerben, das wäre so, als wollte man ein Schiffsticket für die Titanic buchen, spottete Lindsey Graham, ein altgedienter Senator aus South Carolina. Trumps härtester parteiinterner Rivale wiederum, der ebenso debattenstarke wie dogmatische Texaner Ted Cruz, war letztlich keine Alternative, auf die sich jene, die einen Durchmarsch des Baulöwen noch zu verhindern gedachten, einigen konnten. Eine Kandidatur John Kasichs, eines Pragmatikers, der in der politischen Mitte punkten könnte, ist der Basis kaum zu vermitteln, dazu fehlen dem Gouverneur aus Ohio schlicht die nötigen Vorwahlerfolge.
Also Trump. Mit ihm riskieren die Republikaner eine krachende Niederlage gegen Hillary Clinton, auch wenn die frühere Außenministerin keine Begeisterungsstürme entfacht und 56 Prozent der Amerikaner bei Umfragen sagen, sie hätten kein echtes Vertrauen in sie.
Trump hat bereits begonnen, die ehemalige First Lady persönlich anzugehen. Clinton schaltete nun nach Indiana einen TV-Spot, der eine dichte Folge negativer Trump-Kommentare republikanischer Spitzenleute zeigt. Clinton sagte CNN, Trump sei unberechenbar und gefährlich. „Ich werde nicht gegen ihn kämpfen, ich kämpfe meinen eigenen Kampf.“Wenn der „dröhnende“Trump persönlich werden und sie auf ihr Privatleben ansprechen wolle, sei sie gut vorbereitet, sagte Clinton.
Die Ex-Außenministerin verlor in Indiana auf ihrem Weg zur Kandidatur entgegen allen Umfragen mit fünf Punkten Abstand auf Sanders, den Senator von Vermont. Das ist für das Gesamtrennen der Demokra- ten unerheblich, aber für die frühere First Lady schmerzhaft und für ihren weiteren Wahlkampf nicht ungefährlich. Der zähe Kampf bei den Demokraten könnte Trump in die Karten spielen.
Dennoch wäre es falsch, die Krise der Republikaner auf eine – gleichsam vorübergehende – Personalkrise zu reduzieren. Das Dilemma hat tiefere Wurzeln. Bei fünf der letzten sechs Abstimmungen fürs Weiße Haus ist es der Partei Abraham Lincolns nicht gelungen, das sogenannte „popular vote“zu gewinnen, die Mehrheit der Wählerstimmen. Eingeschlossen das Drama des Jahres 2000, als es in Florida auf der Kippe stand und sich George W. Bush erst nach wochenlangem juristischem Gezerre gegen Al Gore durchsetzte. Schon das skizziert den Trend. Falls nicht noch ein Wunder geschieht (oder ein Terroranschlag Trump in die Hände spielt), werden die Republikaner am 8. November das dritte PräsidentschaftsVotum in Folge verlieren. Das gab es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Der Hauptgrund ist, dass sie nicht Schritt halten mit dem gesellschaftlichen Wandel.
Auf die ethnischen Minderheiten, die irgendwann zwischen 2040 und 2050 zusammengenommen die Bevölkerungsmehrheit bilden dürften – auf Hispanics und Afroamerikaner, aber auch auf Migranten mit asiatischen Wurzeln – wirkt die Marke „Grand Old Party“nur noch vorgestrig, sowohl ihre Botschaft als auch das Milieu weißer älterer Männer, das sie bis heute prägt. Die populistische Tea-Party, deren Schwung den Republikanern half, in den vergangenen sechs Jahren sämtliche Kongresswahlen für sich zu entscheiden, zehrte auch davon, dass jüngere Amerikaner bei den Midterm-Elections (Zwischenwahlen in der Mitte der vierjährigen Amtszeit) eher zu Hause blieben. Anders als die älteren, deren Stimmen somit besonders stark ins Gewicht fallen. Bei Präsidentenwahlen ist das anders.
In Trump hat die Revolte ihren neuen Helden gefunden. Nur eben einen Helden, mit dem ein großer Teil der USA über Kreuz liegt. Dazu gehören auch die „Rolling Stones“. Die Altrocker haben dem Magnaten jetzt verboten, ihre Songs bei Wahlkampfauftritten zu spielen. Trump hatte seine Auftritten unter anderem mit ihrem Song „You Can’t Always Get What You Want“(„Du kannst nicht immer bekommen, was du willst“) angeheizt.