Der ADAC streitet über neue Struktur
Automobilclub steht vor Zerreißprobe – Hefiger Streit um Reformen programmiert
Vor der Hauptversammlung des ADAC streiten aktuelle und ehemalige Präsidenten sowie mehrere Landesverbände um die Struktur.
Die Hauptversammlung des ADAC in Lübeck sollte eigentlich der finale Höhepunkt der Reform um das Vertrauen der Mitglieder werden. Nun ist aber offener Streit ausgebrochen. Die Lage eskaliert.
München. Der ADAC steht vor einer entscheidenden Weichenstellung. Am Samstag sollen Delegierte des Münchner Automobilclubs zur Hauptversammlung in Lübeck über eine neue Organisationsstruktur abstimmen und damit den Schlusspunkt der zwei Jahre lang erarbeiteten Reform für Vertrauen setzen. Nötig geworden ist die, weil der Club 2014 beginnend mit massiven Manipulationen am inzwischen abgeschafften Automobilpreis Gelber Engel in eine Serie von Skandalen geschlittert ist. Nun soll der Club organisatorisch in drei Teile zerlegt und die Vereinswelt strikt vom Kommerz getrennt werden. Das würde beim ADAC eine neue Ära einläuten.
Bis vor kurzem schien das noch eine Formsache. Doch das hat sich geändert. Früh aus dem Ruder gelaufen ist der frühere ADAC-Präsident Otto Flimm (86), heute Ehrenpräsident. Er nimmt für sich in Anspruch, den Club so gut zu kennen wie sonst niemand. Die geplante Dreiteilung des Gebildes ADAC in Verein, gemeinnützige Stiftung und europäische Aktiengesellschaft (SE) sei unnötig und vereinsschädigend.
Mit Peter Meyer hat ein weiterer Ex-Präsident dem Protest eine bedrohliche Qualität gegeben. Unter dem 66-jährigen war der ADAC vor zwei Jahren in die tiefe Krise gestürzt. Nach Meyers halbfreiwilligem Rücktritt 2014 hat der heutige Präsident und Chefreformer Au- gust Markl das Steuer übernommen. Aber Meyer ist weiter Präsident des ADAC Nordrhein, des größten der 18 ADAC-Regionalclubs. Er verfügt anders als Flimm über eine aktive Hausmacht. Drei widerspenstige Regionalclubs soll es geben: neben Nordrhein auch noch Nordbayern und Nordbaden. Nun hat der ADAC Nordrhein in Köln endgültig für einen Eklat gesorgt. Wie Flimm hat er ein Gegengutachten zur Reform erstellt und den Gutachter als Ersatzdelegierten für die Hauptversammlung nominiert. Wenige Tage vor dem schicksalhaften Treffen haben die Kölner nun eine zweite Expertise, die sie „Obergutachten“nennen, publik gemacht. Darin werden für den Fall einer Dreiteilung des ADAC „gravierende Vermögensnachteile in dreistelliger Millionenhöhe“angeführt. In der Münchner ADAC-Zentrale reagiert man empört.
Der neue zieht gegen den alten ADAC-Präsidenten mit schwerem juristischen Geschütz zu Felde, was eine interessante Hauptversammlung verspricht. Bislang ist Chefreformer Markl von einer komfortablen Mehrheit bei der Abstimmung zur Reform in Lübeck ausgegangen. Nun scheint alles bis hin zur Konterrevolu- tion möglich. Flimm hält große Teile der ADAC-Wirtschaftsaktivitäten für überflüssig und plädiert für ihren Verkauf. Die Reformer fragen, wie sich der ADAC finanzieren will, wenn die meisten Wirtschaftsaktivitäten abgestoßen würden. Allein die Modernisierung der Hubschrauber-Rettungsflotte koste 130 Millionen Euro. Der ADAC steht in Lübeck vor einer ernsten Zerreißprobe.