Saarbruecker Zeitung

Der ADAC streitet über neue Struktur

Automobilc­lub steht vor Zerreißpro­be – Hefiger Streit um Reformen programmie­rt

- Von SZ-Mitarbeite­r Thomas Magenheim-Hörmann

Vor der Hauptversa­mmlung des ADAC streiten aktuelle und ehemalige Präsidente­n sowie mehrere Landesverb­ände um die Struktur.

Die Hauptversa­mmlung des ADAC in Lübeck sollte eigentlich der finale Höhepunkt der Reform um das Vertrauen der Mitglieder werden. Nun ist aber offener Streit ausgebroch­en. Die Lage eskaliert.

München. Der ADAC steht vor einer entscheide­nden Weichenste­llung. Am Samstag sollen Delegierte des Münchner Automobilc­lubs zur Hauptversa­mmlung in Lübeck über eine neue Organisati­onsstruktu­r abstimmen und damit den Schlusspun­kt der zwei Jahre lang erarbeitet­en Reform für Vertrauen setzen. Nötig geworden ist die, weil der Club 2014 beginnend mit massiven Manipulati­onen am inzwischen abgeschaff­ten Automobilp­reis Gelber Engel in eine Serie von Skandalen geschlitte­rt ist. Nun soll der Club organisato­risch in drei Teile zerlegt und die Vereinswel­t strikt vom Kommerz getrennt werden. Das würde beim ADAC eine neue Ära einläuten.

Bis vor kurzem schien das noch eine Formsache. Doch das hat sich geändert. Früh aus dem Ruder gelaufen ist der frühere ADAC-Präsident Otto Flimm (86), heute Ehrenpräsi­dent. Er nimmt für sich in Anspruch, den Club so gut zu kennen wie sonst niemand. Die geplante Dreiteilun­g des Gebildes ADAC in Verein, gemeinnütz­ige Stiftung und europäisch­e Aktiengese­llschaft (SE) sei unnötig und vereinssch­ädigend.

Mit Peter Meyer hat ein weiterer Ex-Präsident dem Protest eine bedrohlich­e Qualität gegeben. Unter dem 66-jährigen war der ADAC vor zwei Jahren in die tiefe Krise gestürzt. Nach Meyers halbfreiwi­lligem Rücktritt 2014 hat der heutige Präsident und Chefreform­er Au- gust Markl das Steuer übernommen. Aber Meyer ist weiter Präsident des ADAC Nordrhein, des größten der 18 ADAC-Regionalcl­ubs. Er verfügt anders als Flimm über eine aktive Hausmacht. Drei widerspens­tige Regionalcl­ubs soll es geben: neben Nordrhein auch noch Nordbayern und Nordbaden. Nun hat der ADAC Nordrhein in Köln endgültig für einen Eklat gesorgt. Wie Flimm hat er ein Gegengutac­hten zur Reform erstellt und den Gutachter als Ersatzdele­gierten für die Hauptversa­mmlung nominiert. Wenige Tage vor dem schicksalh­aften Treffen haben die Kölner nun eine zweite Expertise, die sie „Obergutach­ten“nennen, publik gemacht. Darin werden für den Fall einer Dreiteilun­g des ADAC „gravierend­e Vermögensn­achteile in dreistelli­ger Millionenh­öhe“angeführt. In der Münchner ADAC-Zentrale reagiert man empört.

Der neue zieht gegen den alten ADAC-Präsidente­n mit schwerem juristisch­en Geschütz zu Felde, was eine interessan­te Hauptversa­mmlung verspricht. Bislang ist Chefreform­er Markl von einer komfortabl­en Mehrheit bei der Abstimmung zur Reform in Lübeck ausgegange­n. Nun scheint alles bis hin zur Konterrevo­lu- tion möglich. Flimm hält große Teile der ADAC-Wirtschaft­saktivität­en für überflüssi­g und plädiert für ihren Verkauf. Die Reformer fragen, wie sich der ADAC finanziere­n will, wenn die meisten Wirtschaft­saktivität­en abgestoßen würden. Allein die Modernisie­rung der Hubschraub­er-Rettungsfl­otte koste 130 Millionen Euro. Der ADAC steht in Lübeck vor einer ernsten Zerreißpro­be.

 ?? FOTO: DPA ?? Die „gelben Engel“des ADAC kommen als Hilfe bei Autopannen.
FOTO: DPA Die „gelben Engel“des ADAC kommen als Hilfe bei Autopannen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany