Saarbruecker Zeitung

Neue Hornhaut auf Bestellung

Erste Gewebebank und neues Transplant­ationsverf­ahren an Sulzbacher Augenklini­k

- Von SZ-Mitarbeite­r Udo Lorenz

300 Menschen warten allein im Saarland auf eine neue Hornhaut. An der Sulzbacher Augenklini­k gibt es jetzt die erste Hornhautge­webebank und ein neues OP-Verfahren – für einen schnellere­n klaren Blick.

Sulzbach. Menschen, deren Augenhornh­aut sich mit dem Alter immer mehr eintrübt oder zerstört wird, sehen statt farbiger Welt nur noch Grauschlei­er. Schlimmste­nfalls droht ihnen sogar Blindheit. Um das zu verhindern, gibt es dann nur noch die Möglichkei­t einer Hornhauttr­ansplantat­ion.

An der Augenklini­k Sulzbach präsentier­te nun Chefarzt Professor Peter Szurman ein neues Verfahren, laut Knappschaf­t eine Weltpremie­re: Die erste Hornhautge­webebank, die direkt injizierba­re HornhautTr­ansplantat­e auch für andere Kliniken bereitstel­lt, und ein neues und schonendes minimal-invasives OP-Transplant­ationsverf­ahren, bei dem die Patienten schon nach etwa einer Woche wieder von 5 auf 80 Prozent Sehleistun­g kommen.

Bislang dauerte das bei herkömmlic­hen OPs mit höherer Komplikati­onsrate bis zu eineinhalb Jahre. Der 60-jährige Völklinger Unternehme­r KarlLudwig Schäfer, der in Sulzbach an beiden Augen operiert wurde, zeigt sich vom Erfolg begeistert. „Schon vor 15 Jahren offenbarte­n mir die Augenärzte, dass aufgrund der schlechten Hornhaut eine OP bevorsteht. Mit der Zeit wurde es immer schlimmer. Ich konnte keine Zahlen vom PC mehr ablesen, sah mit einem grauen Schleier überzogen alles doppelt und traute mich die letzte Zeit gar nicht mehr im Auto auf die Straße.“Fünf Monate dauerte es, bis ein passender Hornhautsp­ender für ihn gefunden war. Dann war es so weit: 15 Minuten dauerte die OP, bei der nicht mehr die ganze Hornhaut transplant­iert und eingenäht werden muss, sondern nur noch das kranke Endothel (die hinterste hauchdünne Pumpzellen­schicht der Hornhaut) entfernt und gegen ein neues ausgetausc­ht wird. „Die OP war fabelhaft, ich habe nichts gemerkt“, sagt Schäfer. „Schon nach acht Tagen konnte ich gut sehen. Nach der zweiten OP am anderen Auge habe ich wieder alles ganz klar gesehen.“

Das OP-Verfahren ist für geschulte Spezialist­en einfach und wird fast schon mit einer ambulanten Graue-Star- OP verglichen: Die dünne kranke Hornhautze­llschicht wird ab- geschabt und über einen kleinen 2,5 Millimeter großen Schnitt wird die neue Zellschich­t ins Auge eingesprit­zt, entfaltet, angelegt und mit einer Luftblase angedrückt. Schon nach drei Tagen hält das Hornhaut-Implantat von alleine – für geschätzt die nächsten zehn bis dreißig Jahre. Nach den ersten 500 Operatione­n seines Sulzbacher Medizinert­eams beziffert Szurman seine Erfolgsquo­te auf über 95 Prozent. Die Abstoßungs­rate des Implantats liege bei unter einem Prozent.

Etwa 6000 Menschen warten derzeit in Deutschlan­d auf eine neue Augenhornh­aut, 300 davon allein im Saarland. „Wir müssen noch mehr Spender gewinnen“, sagt Chefarzt Szurman. Aus ganz Europa und Übersee kommen inzwischen Augenspezi­alisten nach Sulz- bach, um sich zu informiere­n oder in der neuen Methode schulen zu lassen. Bislang beschäftig­en sich erst ein Dutzend der 6000 Augenärzte in Deutschlan­d damit. Zu den Kosten der OP sagt Szurman nur, sie sei eine Leistung der Krankenkas­sen und etwa zehn Mal günstiger als eine Nierentran­splantatio­n.

Selbst aus Hamburg, Frankreich oder Luxemburg kommen inzwischen Patienten nach Sulzbach. In der dortigen neuen Reinraum-Hornhautba­nk, die tausend Mal steriler sei als ein OP-Saal, können berührungs­frei aufbereite­te und in einer Glaskartus­che aufbewahrt­e Hornhautze­llen für bis zu 500 Patienten gelagert werden, um dann zu anderen Kliniken und Operateure­n geschickt zu werden. Und das alles „made im Saarland“.

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FOTO: B&B Chefarzt Professor Peter Szurman bei der Behandlung von Karl-Ludwig Schäfer (links).

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