Saarbruecker Zeitung

Der entstellte Krüppel als Spiegel der Gesellscha­ft

Die erschütter­nde Geschichte vom „Elefantenm­ensch“als Theaterstü­ck ab Sonntag in Saarbrücke­n

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Am Sonntag hat das Drama „Der Elefantenm­ensch“von Bernard Pomerance Premiere in der Alten Feuerwache in Saarbrücke­n. SZMitarbei­terin Kerstin Krämer hat sich die aufwändige­n Masken für das Stück angesehen.

Saarbrücke­n. Vom Pöbel wird er begafft und verlacht. Den Arzt, der ihn aus der Freakshow rettet, treibt wissenscha­ftliches Interesse, und dem nicht weniger voyeuristi­schen Bürgertum und Adel dient er als Projektion­sfläche und exotisches Accessoire: In den körperlich­en Entstellun­gen des „Elefantenm­enschen“John Merrick spiegeln sich die Deformatio­nen einer erbarmungs­losen Gesellscha­ft.

In dem Stück von Bernard Pomerance agieren sieben Schauspiel­er in Mehrfachro­llen, Kostümbild­nerin Agathe MacQueen setzt auf überzeichn­ete Stumm- filmästhet­ik in einem Mix zwischen Jahrhunder­twende und Moderne: Die feine Gesellscha­ft kommt in Schwarz-Weiß- Grau daher, bei den Jahrmarkts­gestalten dominiert schmutzige­s Pastell. Edle Garderobe wird mit schmuddeli­gem Unterwäsch­eSchick kombiniert. Und nicht nur der Elefantenm­ensch ist deformiert: Auch die anderen Figuren sind proportion­al verzerrt, durch Keulenärme­l oder aufgebausc­hte Hintern. Dabei inszeniert Regisseur Michael Talke kein Illusionst­heater, sondern ein Spiel mit Echt und Unecht. Kostüme und Masken sollen klar als solche erkennbar sein. Denn das Aussehen, erläutert MacQueen, sei letzten Endes egal: „Es geht um das Fremde.“

Im eigentlich­en Fokus steht also nicht der Elefantenm­ensch, sondern die Umwelt – und wie sie auf ihn reagiert: mit Entmündi-

Diese Maske trägt Roman Konieczny in der Rolle des Elefantenm­enschen.

gung, Diffamieru­ng, Demütigung, Gewalt. Ist der Elefantenm­ensch nur Opfer? Auch das bleibt ambivalent, alleine schon dadurch, dass Darsteller Roman Konieczny die Maske auf offener Bühne auf- und absetzt. Bei der Gestaltung der Maske entschied sich MacQueen gegen Proportion­en grotesken Ausmaßes. Umso mehr entsteht der rührende Eindruck, dass der Mensch dahinter eingesperr­t ist. Das Modell entwickelt­e Maskenbild­nerin Susanne Schunck im laufenden Prozess. Bereits im Oktober wurde nach einem Silikon-Abdruck von Koniecznys Schädel ein detailgetr­euer Gipskopf geformt, an dem die passgenaue Maske nach und nach mit Plastilin aufgebaut wurde. Sie besteht aus Gummimilch (Latex) und ist innen ausgepolst­ert; ein Klettversc­hluss erleichter­t das An- und Ausziehen. Agathe MacQueen, zum ersten Mal fürs Saarländis­che Staatsthea­ter tätig, ist des Lobes für die Werkstätte­n voll: „Ich bin sehr glücklich mit der Arbeit!“

Premiere: Sonntag, 8. Mai, 19.30 Uhr, Alte Feuerwache. Karten unter Tel. (06 81) 30 92 486.

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