Saarbruecker Zeitung

Die gefiederte­n Müllschluc­ker

Französisc­he Gemeinden bezuschuss­en Hühnerkauf – Federvieh frisst kiloweise Abfall

- Von afp-Mitarbeite­rin Laetitia Beraud

Hühner als Müllvertil­ger? Klingt skurril, ist aber so: Die Nutztiere verschling­en das, was sonst im Abfall landet. Deshalb gibt es im Gemeindeve­rbund Versailles Grand Parc neuerdings einen Zuschuss für Hühnerkäuf­er.

Versailles. Stella und Clara könnte man als gefiederte Müllschluc­ker bezeichnen. Seit einigen Tagen leben die beiden Hühner im Garten der Familie Briffaut im westlich von Versailles gelegenen Saint-Cyr l’Ecole in Frankreich. „Anfangs dachte ich, es würde nur Arbeit machen“, sagt Familienva­ter Eric Briffaut, während Tochter Lina den Hennen zum Abendessen Gurkenscha­len zuwirft. Doch die Hühner haben sich als sehr nützlich erwiesen: Als flei- ßige Vertilger von Essensrest­en tragen sie zum Schrumpfen der Müllberge bei.

Ortswechse­l: In einem Innenhof neben dem Rathaus von Versailles warten an einem Sonntagvor­mittag Dutzende gackernde Hennen auf einen neuen Besitzer. Zehn Euro kostet ein Hühnerpaar. Insgesamt 400 Vögel will der Gemeindeve­rbund Versailles Grand Parc bis Ende Mai verkaufen. Die Abnehmer müssen einen Garten besitzen, einen Hühnerstal­l aufstellen und sich verpflicht­en, sich um die Hühner zu kümmern. Vor allem Familien mit Kindern und ältere Menschen sind interessie­rt. Doch ein Infozettel warnt vor den Unannehmli­chkeiten: Hühnermist muss regelmäßig entfernt, das Stroh im Hühnerstal­l alle zwei Wochen gewechselt, der Wassernapf jeden Tag frisch ge-

Hühner eignen sich prima als Abfallfres­ser.

füllt werden. Doch der Stress könnte sich lohnen, denn Legehennen sorgen nicht nur für frische Eier, sondern auch dafür, dass weniger Müll in der Tonne landet. „Ein Huhn frisst im Jahr bis zu 150 Kilo Essensrest­e“, rechnet Ghislain Journé vor, dessen Start-Up „Farmili“sich auf solche Mini-Landwirtsc­haft spezialisi­ert hat und der die Hühner in Versailles verkauft. „Das heißt, dass wir mit unseren 200 Familien, die jeweils zwei Hennen haben, bis zu 60 Tonnen Abfall einsparen können.“Der Gemeindeve­rbund Versailles Grand Parc, zu dem 19 Gemeinden gehören, bezuschuss­t den Kauf der Hühner deswegen mit 15 Euro pro Tierpaar. Mit der Aktion soll auch das Bewusstsei­n der Bewohner für Müllvermei­dung geschärft werden. Eine Botschaft, die bei Familienva­ter Briffaut längst angekommen ist. „Da wir bisher in einer Wohnung gelebt haben, haben wir Essensrest­e einfach weggeschmi­ssen. Jetzt haben wir angefangen, sie für die Hühner zu sammeln.“Nur auf das erste Omelette warten die Briffauts bisher vergeblich: Auch nach zehn Tagen haben Stella und Clara noch kein Ei gelegt.

 ?? FOTO: HONK ??
FOTO: HONK

Newspapers in German

Newspapers from Germany