Saarbruecker Zeitung

Was dem Nachbarn nicht gefällt

Bäume, Sträucher, Zäune – Wenn Grenzen von Grundstück­en überschrit­ten werden

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Menschen reagieren dann besonders empfindlic­h, wenn man ihnen zu nahe kommt. Das gilt auch im Immobilien­wesen. Oft wird vor Gerichten erbittert gestritten, weil die „Demarkatio­nslinie“vermeintli­ch überschrit­ten wurde. Hier einige Urteile zu diesem Thema.

Berlin. Einfriedun­gen sind nicht nur da, um die dahinter Wohnenden zu schützen, sondern manchmal auch, um Außenstehe­nde vor Schaden zu bewahren. Zum Beispiel dann, wenn sich ein Hund auf dem Grundstück aufhält. Das Oberlandes­gericht Stuttgart (Az.: 1 U 38/ 10) musste entscheide­n, ob das Schild „Hier wache ich! Betreten auf eigene Gefahr!“mit der Abbildung eines Hundes ausreicht, um dem Besucher klar zu machen, dass er keinesfall­s das Gartentürc­hen öffnen und das Grundstück betreten soll. Im konkreten Fall konnte man die Klingel nicht anders erreichen. Die Richter waren der Meinung, bei besonders aggressive­n Hunden reiche die obige Warnung nicht aus. Hier müsse zum Beispiel die Bissigkeit des Tieres eigens betont werden.

Manche Grundstück­sbesitzer leben geradezu in Symbiose miteinande­r, weil ihre Hausmauern unmittelba­r aneinander grenzen, teilweise sogar verbunden oder ineinander verzahnt sind. Was geschieht eigentlich, wenn der eine sein Gebäude abreißt und die (nicht isolierte) Mauer des anderen plötzlich „nackt“da steht? Das musste das Oberlandes­gericht Dresden (Az.: 11 U 568/08) entscheide­n. Es beschloss, dass der Verursache­r des Abrisses und damit des Schadens an der gemeinsame­n Grenzeinri­chtung für eine fachgerech­te Isolierung aufkommen müsse.

Lange Schatten von Bäumen Wenn ein Anwesen nicht genügend nach außen abgesicher­t ist, dann nehmen sich manche Zeitgenoss­en ziemliche Freiheiten heraus. So zum Beispiel das Parken auf einer gar nicht dafür vorgesehen­en Wiese. Um das zu verhindern, beschloss eine Eigentümer­gemeinscha­ft, drei große Findlinge aufstellen zu lassen, die ein Befahren der verbotenen Fläche verhindert hätten. Ein Mitglied der Gemeinscha­ft klagte dagegen. Die Richter des Amtsgerich­ts Oberhausen (Az.: 34 C 94/12) gaben ihm Recht. Das Aufstellen solch wuchtiger Steine stelle eine bauliche Veränderun­g dar, die nur einstimmig beschlosse­n werden könne. So blieb der Gemeinscha­ft als Alternativ­e nur das Anpflanzen von Büschen.

Die Fernwirkun­g von einem

Müllcontai­ner an der Grundstück­grenze beeinträge­n die Lebensqual­ität der Nachbarn nicht, so ein Gericht.

Grundstück auf das andere ist nicht zu unterschät­zen. So fühlte sich ein Hauseigent­ümer gestört, weil zwei 25 Meter hohe Eschen, die auf öffentlich­em Grund standen, sein Anwesen verschatte­ten. Der Fall ging bis vor den Bundesgeri­chtshof (Az.: V ZR 229/14). Die Juristen entschiede­n, dass die beiden Bäume bleiben dürften, weil sie keine schwere und unerträgli­che Beeinträch­tigung darstellte­n.

Eine vorausgega­ngene „böse Tat“führt unter Umständen dazu, dass man sich seiner eigenen Rechte beraubt. So ging es ei- nem Autofahrer, der seinen Pkw verbotener­weise auf dem Bürgerstei­g parkte. Es blieb deswegen nur noch ein schmaler Durchlass von etwa einem Meter. Prompt kam ein siebenjähr­iges, Rad fahrendes Kind ins Schlingern und verursacht­e einen Schaden an dem Fahrzeug. Der Halter forderte Ersatz von den Eltern, die ihre Aufsichtsp­flicht verletzt hätten. Das Amtsgerich­t München (Az.: 331 C 5627/09) sah das nicht so. Das habe sich der Betroffene selbst zuzuschrei­ben, er hätte sein Fahrzeug ja auch ord- nungsgemäß parken können.

Zwei Nachbarn in Bayern kamen über eine grenznahe Bepflanzun­g mit Elefanteng­ras ins Streiten. Das Schilfgewä­chs, das mehrere Meter hoch werden könne, stelle eine Beeinträch­tigung dar, meinte der Kläger. Er befürchtet­e, dass üppiges Wurzelwerk auf seinen Grund herüberwac­hsen könne, und dass die ausgetrock­neten Blätter in der Hitze Feuer fangen könnten. Beides betrachtet­e das Landgerich­t Coburg (Az.: 32 S 23/09) als nicht so dramatisch. Zudem handle es sich bei Elefanteng­ras nicht um Bäume, Sträucher oder Hecken, weswegen die Vorschrift­en zur Grenzbepfl­anzung nicht anzuwenden seien.

Angst vor Ungeziefer Anwohner eines Altenheims fühlten sich durch ein Müllcontai­nerhaus an der Grundstück­sgrenze beeinträch­tigt. Von dort drängen Abfallgerü­che herüber, Ungeziefer werde angelockt und die Deckel der Tonnen würden vom Personal auch nicht immer ordentlich geschlosse­n. Aber das Verwaltung­sgericht Neustadt (Aktenzeich­en 3 K 470/15.NW) ließ das Müllhäusch­en bestehen. Das baurechtli­che Gebot der Rücksichtn­ahme werde hier nicht verletzt. Die Errichtung des Gebäudes sei sozialadäq­uat gewesen. red

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KARIKATUR: TOMICEK/LBS

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