Saarbruecker Zeitung

„Auch SPD-Wähler sind AfD-anfällig“

Parteivize Stegner gegen Personalde­batten – Sozialdemo­kraten müssen sich von Union klarer abgrenzen

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Die SPD steckt im Dauertief. Im aktuellen ARD-Deutschlan­dtrend liegt sie nur noch bei 20 Prozent. SZ-Korrespond­ent Stefan Vetter sprach darüber mit dem SPD-Vizevorsit­zenden Ralf Stegner.

Herr Stegner, wie erklären Sie sich den Sinkflug Ihrer Partei? Stegner: Das man sich über solche Umfragen nicht freut, ist klar. Aber die Leute wissen sehr genau, dass am Sonntag keine Bundestags­wahl ist und beschäftig­en sich momentan eher nicht mit dieser Frage. Insofern muss man nicht jede Sonntagsfr­age für bare Münze nehmen. Dass aber die Rechtspopu­listen in den Umfragen stark sind, muss alle Demokraten alarmieren, auch die SPD. Dahinter stecken auch Wähler, die schon mal SPD gewählt haben.

Das heißt, die Schwäche der SPD ist die Stärke der AfD? Stegner: Die Anfälligke­it für Debatten nach dem Motto: „Die da oben, wir hier unten“ist insgesamt gestiegen, das gibt es auch in unserer Wählerscha­ft. Dem müssen wir entgegentr­eten. Die AfD hat keinerlei praktikabl­e Antwort auf die aktuellen Herausford­erungen. Wenn jemand meint, Ressentime­nts und Minarettve­rbote würden soziale Probleme lösen, dann muss man sich damit auseinande­rsetzen und für Zusammenha­lt statt Spaltung kämpfen.

Wie soll das aussehen? Stegner: AfD bedeutet „Arbeitslos­igkeit für Deutschlan­d“. Warum? Weil die AfD-Forderunge­n zu Europa – Euro weg, Grenzen dicht – in Deutschlan­d Massenarbe­itslosigke­it auslösen würden. Das wissen die Wenigsten. Deshalb muss das stärker herausgest­ellt werden. Zugleich gilt auch: Die SPD muss die Unterschie­de zur Union noch deutlicher machen. Wir prägen die große Koalition zweifellos stark. Aber wir werden verstärkt auch klar und deutlich sagen, was mit der Union nicht geht. Im Wahlkampf müssen Unterschie­de klar erkennbar sein.

Wo sehen Sie Angriffspu­nkte? Stegner: Die Union will zum Beispiel das Freihandel­sabkommen TTIP mit den USA einfach durchziehe­n, egal was drin steht. Dabei sind die US-Vorstellun­gen meilenweit von denen der Europäer und auch den Bedingunge­n der SPD entfernt. Wenn die USA hier hart bleiben, wird es TTIP nicht geben, weil die SPD dagegen stimmt. Ein anderes Beispiel: Wir brauchen dringend eine Bürgervers­icherung, um mit der Zwei-Klassen-Medizin Schluss zu machen. Da geht mit der Union gar nichts. Ähnlich stark ist auch der Dissens beim Thema Rente. Hier sagen wir, ein Rentennive­au von knapp über 40 Prozent ist für Gering- und Normalverd­iener völlig inakzeptab­el.

Sigmar Gabriel steht bei der SPDBasis offenbar zunehmend unter Druck. Wie bewerten Sie die erste offene Abwahlford­erung? Stegner: Ich sehe keinen Sinn in Personaldi­skussionen, und wir führen sie auch nicht. Wir hatten erst vor ein paar Monaten einen Bundespart­eitag. Dort ist Gabriel als Vorsitzend­er bestätigt worden.

Gabriel selbst hat aber schon gelegentli­ch erkennen lassen, dass er nicht am SPD-Chefsessel klebt. Stegner: Es gab eine Phase, da hat die SPD ihre Vorsitzend­en im Akkord ausgewechs­elt. Gute Erfahrunge­n haben wir damit nicht gemacht. Wir müssen über Inhalte reden. Gerechte Antworten bei Arbeit, Bildung, Gesundheit, Familie und Rente sind für die Menschen wichtiger als Personalde­batten.

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Ralf Stegner

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