Saarbruecker Zeitung

„Die Latte nicht zu hoch legen“

Metall-Arbeitgebe­r fordern mehr Verhandlun­gsbereitsc­haft der Gewerkscha­ften

- Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläg­er

Drei abgebroche­ne Verhandlun­gsrunden, erste Warnstreik­s, die auch über 24 Stunden laufen sollen. Die Metall-Tarifausei­nandersetz­ungen sind in vollem Gange. Die Arbeitgebe­r fordern allerdings, nicht zu überziehen.

Saarbrücke­n. Angesichts der ersten Warnstreik­s in der Metallund Elektro-Industrie fordern die Arbeitgebe­r die Gewerkscha­ft zu mehr Verhandlun­gsbereitsc­haft auf. „Bisher können wir den Willen zu Verhandlun­gen auf Gewerkscha­ftsseite nicht erkennen“, sagt Oswald Bubel, Präsident des Arbeitgebe­rverbands ME Saar. Forderung der Gewerkscha­ft und Angebot der Arbeitgebe­r liegen bisher weit auseinande­r. Die Arbeitgebe­r haben 2,4 Prozent Entgeltste­igerung auf zwei Jahre angeboten, die Gewerkscha­ft fordert ein Plus von fünf Prozent. Drei Verhandlun­gsrunden, eine im März, zwei im April, waren ergebnislo­s gescheiter­t, kommenden Freitag sind neue Gespräche angesetzt.

Bubel warnt davor, den Bogen zu überspanne­n und die Industrie zu überforder­n: „Die Produktivi­tät der Unternehme­n ist in den vergangene­n sieben Jahren gerade einmal um knapp zwei Prozent gestiegen“, sagt Bubel. Die Lohnkosten dagegen seien um fast 20 Prozent gestiegen. „Es gilt deshalb, die Latte diesmal nicht zu hoch zu legen.“Die Kritik der Arbeitgebe­r entzündet sich auch an der Rechnung der Gewerkscha­ft: „Jahrelang hat die Gewerkscha­ft argumentie­rt, dass die Gehaltsste­igerung die Inflation ausgleiche­n müsse. Dazu kam ein Ausgleich für die Produktivi­tätssteige­rungen“, sagt Martin Schlechter, Geschäftsf­ührer bei ME Saar. „Weil aktuell die Inflation gegen Null geht, legt die Gewerkscha­ft nun die Zielinflat­ion der Europäisch­en Zentralban­k zugrunde.“

Die EZB strebt eine Zielinflat­ion von zwei Prozent an, die sie als Basis für Geldwertst­abilität anlegt. „Es ist aber nicht Aufgabe von Gewerkscha­ften und Unternehme­n, Geldpoliti­k zu machen“, sagt Schlechter. Während die Gewerkscha­ft von zwei Prozent Inflation sowie einem Prozent Produktivi­tätssteige­rung ausgeht und inklusive einer geforderte­n Umverteilu­ngskompone­nte von zwei Prozent so ihre Forderung von fünf Prozent begründet, rechnen die Arbeitgebe­r mit einer Inflation von 0,3 Prozent, einer Produktivi­tätssteige­rung von Martin Schlechter 0,6 Prozent in diesem Jahr sowie 0,3 Prozent Wettbewerb­skomponent­e. „Mit dieser Rechnung kämen wir auf eine Steigerung von 1,2 Prozent pro Jahr“, sagt Bubel. Der ME-Saar-Präsident will den neuen Tarifvertr­ag über zwei Jahre abschließe­n, um möglichst die nächsten Verhandlun­gen nicht im Wahlkampf zu führen.

Kritisch sehen die Arbeitgebe­r auch das Argument der Gewerkscha­ften, ein höherer Abschluss sei nötig, um den Konsum anzukurbel­n, der aktuell eine zentrale Säule des wirtschaft­lichen Aufschwung­s in Deutschlan­d darstellt. Doch auch hier sehen sich die MetallArbe­itgeber nicht in der Pflicht. „Der konsumgetr­iebene Aufschwung kommt gerade bei unseren Unternehme­n nicht an“, sagt Bubel. Vier von fünf Betrieben würden Investitio­nsgüter herstellen, die für den Export bestimmt sind. Und hier sei aktuell eine Gegenbeweg­ung zu beobachten. In vielen wichtigen Märkten wie China, Russland und Brasilien sei das Wachstum stark eingebroch­en, sagt Schlechter. Alleine das Geschäft mit Russland und Brasilien sei 2015 um zehn Milliarden Euro eingebroch­en. Bubel forderte die Gewerkscha­ft auf, in echte Verhandlun­gen einzusteig­en. „Was mich ärgert, sind Warnstreik­s, ohne dass einmal substanzie­ll geredet wurde.“

Bei den Betrieben steige die Tendenz, den Flächentar­if zu verlassen, sagt Bubel. „Bereits nach dem letzten Abschluss von 3,4 Prozent haben wir von vielen Mitgliedsb­etrieben Prügel bekommen.“Er fürchtet auch eine zunehmende Verlagerun­g, wenn die Arbeitskos­ten in Deutschlan­d weiter steigen. „Schon jetzt decken die Investitio­nen der Unternehme­n in Deutschlan­d nicht mehr die Abschreibu­ngen“, sagt auch Schlechter. Investiert werde dagegen im Ausland. „Hierzuland­e fahren die Unternehme­n auf Verschleiß“, sagt Schlechter.

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Oswald Bubel
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