Groß denken – in kleinen Strukturen
Die Pläne des Saarbrücker „K8 Instituts für strategische Ästhetik“
Um die digitale Gesellschaft zu gestalten, braucht es nicht nur Technologie, sondern auch gute Ideen aus Kunst und Kultur. Diese beiden Welten so zu vernetzen, dass Innovatives entsteht, ist die selbstgestellte Aufgabe des neu gegründeten „K8 Instituts für strategische Ästhetik“, einer gemeinnützigen Forschungsund WeiterbildungsGmbH, entstanden in einer Kooperation der Saar-Kunsthochschule (HBK), der Saar-Musikhochschule (HfM), dem Kultusministerium und dem Wirtschaftsministerium.
Saarbrücken. Die digitale Gesellschaft ist längst Realität. Nutzer digitaler Medien sind nicht mehr nur kritisch, sondern zunehmend kreativ, weil der technologische Fortschritt immer auch einhergeht mit künstlerischer Innovation: Die digitale Welt ist eine sinnliche, man will sie erfahren, spüren. Und so ist das Smartphone längst nicht nur eine nützliches technologisches Utensil, es fühlt sich auch gut an. Wer weiß, was man in Zukunft damit alles steuern kann. . . Und wie?
„Wir wollen eine Schnittstelle sein für neue Kooperationen zwischen Kunst/Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft“, erklärt einer der beiden K8-Geschäftsführer, Soenke Zehle. Er ist auch Leiter des Experimental Media Lab, eines An-Instituts der HBK, das sich unter Einbeziehung der Medieninformatik seit mehreren Jahren schon mit dem forschenden Lernen zwischen Kunst, Design und Technologie beschäftigt.
Was konkret macht sich das Institut zur Aufgabe? „Wir sind weder eine klassische Unternehmungsberatung noch eine Agentur“, sagt Zehle. Und doch biete man Dienstleistungen aus beiden Geschäftsfeldern an, immer aber mit einem künstlerisch-innovativen Ansatz, der kreative Köpfe aus vielen Bereichen im Team zusammenbringt, um maßgeschneiderte Szenarien und Lösungsansätze zu entwickeln, die auf die Herausforderungen der digitalen Welt reagieren. Wichtig ist den beiden Geschäftsführern, dass es hier tatsächlich um die Mitgestaltung der digitalen Gesellschaft geht. „Oder wollen wir, dass uns in Zukunft das Silicon Valley alles vorsetzt?“, spitzt es Julia Hartnik zu. Sie ist die zweite K8- Geschäftsführerin und Leiterin des Projektbüros der HfM.
Selbstbewusst versteht man sich beim „K8“als „Think tank“– als Ideenschmiede. Die Strukturen sind zwar klein, aber gedacht wird groß. Neben den beiden fest angestellten Geschäftsführern arbeiten meist um die zehn freie Mitarbeiter für das Institut, eine kleine kreative Truppe, zusammengestellt je nach Projekt und Auftragslage. „Wir bringen interdisziplinäre Teams zusammen, um Probleme zu lösen.“, sagt Zehle. Um das zu bezahlen, wäre das eigene Budget (150 000 Euro) zu klein, die HBK ist alleiniger Gesellschafter; deshalb werden Drittmittel eingeworben.
Kreativ ist übrigens schon die Namensgebung: Das „K“steht für „Keplerstraße“, die acht für „Achtsamkeit und Unendlichkeit“, wie Zehle erklärt. Hartnik und Zehle wissen, dass ein „Institut für strategische Ästhetik“nicht gleich bei jedem Assoziationen weckt. Was soll das sein, würden sie oft gefragt.
„Es geht darum, das theoretische und praktische Wissen der künstlerischen Hochschulen vor allem dazu zu nutzen, Möglichkeiten der Mitgestaltung innerhalb der digitalen Gesellschaft zu schaffen“, erklärt Zehle. Das sei die Kernkompetenz der künstlerischen Hochschulen, die aber von der Wirtschaft nicht genug nachgefragt werde, denn es gebe große Berührungsängste. „Oft hören wir von Unternehmern, dass sie noch nie mit Leuten aus Kunst und Musik gesprochen hätten, um ein Problem zu lösen“, erzählt Hartnik.
Aufgabe sei es nun, diese Hemmschwellen abzubauen und das kreative Potenzial vor Ort für die Wirtschaft zu nutzen. Das Ziel: Künstlerischkreative Ansätze in konventionelle Arbeitsprozesse wie man sie in der Industrie und im Handwerk vorfindet, so zu integrieren, dass neue Geschäftsfelder beziehungsweise Produktwelten entstehen. Das Saarland als Innovationsschmiede. „Dazu muss man Situationen manchmal auch aus radikal anderer Perspektive ansehen“, ergänzt Hartnik und gibt ein Beispiel: Um innovative Verkehrskonzepte zu entwickeln, könnte es hilfreich sein, auch einmal Musiker mit einzubeziehen, denn sie gestalten Raum mit Klang. Möglicherweise kann ein Game Designer helfen. Er erfindet interaktive Spielwelten, deren Aufbau vielleicht Lösungsansätze bietet. „Wir wollen Spielräume schaffen, wo andere keine sehen“, sagt Zehle. „Wir besetzen Nischen und gucken, wie groß sie sind.“
Zum einen wird also geforscht und ja, man erlaubt sich Visionen. Zum anderen will man das, was schon da ist, unters Volk bringen. So hat das K8-Institut als Projektträger im März den Messeauftritt mehrerer saarländischer Kulturinstitutionen auf der Art Karlsruhe organisiert. Erstmals gab es unter dem Logo der „SaarArt“eine Öffentlichkeitsarbeit aus einem Guss an einem gemeinsamen Messestand, wo sich das Saarlandmuseum, das Künstlerhaus, das KuBa und die HBKsaar präsentierten. Auch auf der IT-Messe Cebit war man vertreten. „So kann man die Außendarstellung des Saarlandes als Kunst- und Kulturstandort verbessern“, ist Zehle überzeugt. Deshalb hat das K8 seine Fühler auch in die Großregion, nach Luxemburg und Lothringen, ausgestreckt. Dort ist man beispielsweise sehr interessiert an der multimedialen Installation „Rotationen“, einer Kooperation von HfM, HBK und HTW, die am 24./25. Juni zum zweiten Mal am Saarbrücker Schloss stattfindet.
Ganz konkret hilft das Institut dabei, maßgeschneiderte Weiterbildungsangebote für die saarländische Wirtschaft zu entwickeln. Zum Beispiel für die Handwerkskammer zum Thema „smarter Haushalt“, bei dem es um die Vernetzung von Geräten geht. Ein weiteres Projekt: die Neukonzeptionierung des Waldinformationszentrums Neuhaus. „Hier schöpfen wir aus unserer Erfahrung mit medialen Inszenierungen“, erklärt Zehle. Schautafeln, das war gestern. Heute lernt man interaktiv, analog und digital.