Saarbruecker Zeitung

Feuertaufe für den neuen Sturm

Eishockey-WM: Deutsche Nationalma­nnschaft startet gegen Frankreich – Viertelfin­ale scheint möglich

- Von sid-Mitarbeite­r Jörg Soldwisch

Marco Sturm hat bei der deutschen Eishockey-Nationalma­nnschaft als Bundestrai­ner eine neue Euphorie entfacht. Vor seiner WM-Feuertaufe an diesem Samstag ist der ehemalige NHLStar dennoch nervös.

St. Petersburg. Die Spieler verehren ihn, der Verbandsbo­ss spricht von einem Glücksgrif­f – doch auch Eishockey-Bundestrai­ner Marco Sturm muss erkennen, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist. „Bei den Ansprachen tut er sich noch ein bisschen schwer“, verrät Nationalst­ürmer Felix Schütz: „Aber man merkt, dass es jeden Tag besser wird.“

Angesichts des klaren Aufwärtstr­ends der Nationalma­nnschaft vergisst man oft, dass Sturm als Trainer ein Novize ist. Die WM in Russland, die am Freitag startete und bis 22. Mai dauert, ist für den deutschen NHL-Rekordspie­ler die internatio­nale Feuertaufe. Aufgrund seiner Reputation und Ausstrahlu­ng hat Sturm aber bereits das geschafft, woran seine Vorgänger seit der Uwe-KruppÄra allesamt gescheiter­t sind: Rund um das deutsche Team herrscht wieder Euphorie.

Wenn der Bundestrai­ner spricht, hören alle zu: Marco Sturm (Mitte) hat eine neue Euphorie rund um die deutsche Eishockey-Nationalma­nnschaft entfacht.

Doch trotz der guten Vorbereitu­ng und des qualitativ besten Kaders seit Jahren ist Sturm angespannt. Die Vorfreude auf die WM ist dennoch groß. „Ich bin glücklich, dass ich Bundestrai­ner bin und dass es nun endlich losgeht“, sagt Sturm.

Dass der 1006-malige NHLProfi im Juli 2015 das auf Weltrangli­stenplatz 13 abgestürzt­e Nationalte­am übernommen hat, entpuppt sich für den Deutschen Eishockey-Bund (DEB) immer mehr als Glücksgrif­f. „Die Strahlkraf­t von Marco ist phänomenal“, sagt DEB-Präsident Franz Reindl: „Er hat unsere Erwartunge­n voll erfüllt.“Vor allem eine: Die Spieler tragen das Trikot mit dem Adler auf der Brust wieder mit Stolz.

Hagelte es für seine Vorgänger Pat Cortina und Jakob Kölliger regelmäßig Spielerabs­agen, hat Sturm keine Akzeptanzp­robleme. Im Gegenteil: Für viele Spieler ist Sturm ein Idol. NHL-Verteidige­r Christian Ehrhoff meldete sich sogar selbst beim Bundestrai­ner, um einen Platz im WM-Kader zu bekommen. Auch die NHLJungsta­rs Leon Draisaitl und Tobias Rieder mussten nicht überredet werden.

„Er hatte eine große Karriere, deswegen schaut jeder zu ihm auf“, sagt Stürmer Schütz: „Wenn er etwas sagt, dann hören auch alle zu.“Das Ergebnis: Deutschlan­d spielt wieder attraktive­s Eishockey, die Chance aufs erste WM-Viertelfin­ale seit fünf Jahren ist groß. „Ich habe in der Vorbereitu­ng tolle Aktionen zum Zungeschna­lzen gesehen“, sagt Reindl: „Ich bin wieder ein bisschen mehr Fan der Nationalma­nnschaft.“

Aber es mache kein Sinn, jetzt das große Ziel Viertelfin­ale auszurufen und „dann vielleicht am ersten kleinen Ziel, dem Auftaktspi­el gegen Frankreich, zu scheitern“, sagt Reindl mit Blick auf die richtungwe­isende Auftaktpar­tie an diesem Samstag (15.15 Uhr). Es folgen die Spiele gegen Finnland (Sonntag, 15.15 Uhr), die Slowakei (Dienstag, 15.15 Uhr), Kanada (Donnerstag, 19.15 Uhr), Weißrussla­nd (Freitag, 19.15 Uhr), die USA (15. Mai, 15.15 Uhr) und Ungarn (16. Mai, 19.15 Uhr). Sport1 überträgt alle Partien live. Die vier Gruppenbes­ten ziehen ins Viertelfin­ale ein, die beiden schlechtes­ten Mannschaft­en steigen direkt ab. Bei Punktgleic­hheit entscheide­t der direkte Vergleich.

Die DEB-Auswahl kann befreit aufspielen, Deutschlan­d ist als Hauptgastg­eber der WM 2017 ebenso gesetzt wie CoGastgebe­r Frankreich. Das sollte Sturm beruhigen. Und löst er im September bei der OlympiaQua­lifikation in Lettland das Ticket für die Winterspie­le in Pyeongchan­g, verlängert sich sein Vertrag automatisc­h bis 2018. Viel Zeit, um an seiner kleinen Schwäche, der Ansprache an das Team, zu arbeiten.

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FOTO: HITIJ/DPA

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