Saarbruecker Zeitung

Anti-Nazi-Button wieder aufpoliert

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Es ist mir peinlich, mit welchem selbstvers­tändlichen Duktus sich über meine Nachbarn mit Migrations­hintergrun­d oder Menschen, die bei uns Schutz suchen, öffentlich geäußert wird. Ich vermisse Stimmen mit der Botschaft der Hoffnung, dass wir eine Gesellscha­ft sind, die durch gegenseiti­ges Verständni­s in achtsamer Geduld Konflikte lösen wird. Wie ist es um uns bestellt, wenn einem Justizmini­ster nachgetret­en wird und ausländerf­eindliche hasserfüll­te Parolen skandiert werden und eine Partei sich ein Programm gibt, das die grundgeset­zlich verankerte Religionsf­reiheit beschneide­t. Ich muss erkennen: Die braune Bedrohung von innen ist nicht gebannt. Schwelende gesellscha­ftliche Bestrebung­en sind ans Tageslicht gekommen; schlimmer noch: Sie baden sich im Sonnenlich­t, ganz unverblümt und nackt – und erklären in einer Selbstvers­tändlichke­it, die bis vor Kurzem undenkbar gewesen wäre, dass Verhüllung politisch völlig unkorrekt sei. Ich habe vor mehr als 15 Jahren meinen Button „Nazis – Nein danke“abgelegt in dem Glauben, dass das Tragen nicht mehr nötig sei; ich habe mich in vielerlei Hinsicht geirrt: Braune gesellscha­ftliche Strömungen waren immer da und werden uns wohl immer in unserer Gesellscha­ft begleiten. Die Frage ist nur: Wie gehen wir damit um und lassen wir es zu, dass die braune Soße ungefragt auf unser aller Teller serviert wird. Wollen wir die sein, die auf die Frage unserer Kinder nach „Wann hast Du eigentlich den Mund aufgemacht, als man Deine Stimme brauchte“ohne Scham antworten können? Es ist Zeit aufzustehe­n in Friedferti­gkeit, gewaltlos, ohne Steine zu werfen. Ganz still habe ich meinen Button „Nazis – Nein danke“wieder rausgeholt, aufpoliert und trage ihn wieder an der Jacke. Yvonne Fegert, Ottweiler Dr. Walter Bachmann, Neunkirche­n

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