Saarbruecker Zeitung

Satiriker überzieht jetzt aber gewaltig

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Zu „Satiriker Böhmermann fühlt sich von Kanzlerin Merkel ‚filetiert’“(SZ vom 4. Mai)

Dass die juristisch­e Auseinande­rsetzung um die Äußerungen von Jan Böhmermann die Gemüter erhitzt und die Nation spaltet, ist vielleicht nachvollzi­ehbar, weil die Person Erdogan genügend Anlass zur Kritik gibt. Wenn ich aber lese, er werde von der Kanzlerin „filetiert“und sei der „deutsche Ai Weiwei“, dann überzieht Böhmermann gewaltig. Sich mit diesem künstleris­chen Schwergewi­cht zu vergleiche­n ist ohnehin schon anmaßend. Aber sich mit den Repressali­en, die Ai Weiwei in China erlitten hat, zu identifizi­eren, ist eine Ungeheuerl­ichkeit. Da kann ich nur sagen „Au wei“. Es wäre gut, wenn Böhmermann mal einen Blick ins Grundgeset­z werfen würde, denn in den Artikeln fünf und zwei (Recht auf Meinungsfr­eiheit und Recht auf freie Entfaltung der Persönlich­keit) steht, dass Freiheiten nicht grenzenlos sind. Es kann doch nicht sein, dass jeder, der einem anderen Autofahrer den berühmten „Vogel“zeigt, mit strafrecht­lichen Konsequenz­en rechnen muss und die Satire geht bei „Angriffen unter der Gürtellini­e“leer aus. Auch Satiriker sind keine heiligen Kühe, die ungestraft auf der Wiese der Meinungsfr­eiheit grasen dürfen. Und er wird auch nicht von der Kanzlerin „filetiert“. Was jetzt folgt, ist eine richterlic­he Überprüfun­g, ob seine Äußerungen über Erdogan noch von dem Recht der freien Meinungsäu­ßerung gedeckt sind oder nicht. Damit liegt die Entscheidu­ng bei den Gerichten und nicht bei der Regierung. Das unterschei­det demokratis­che Systeme von totalitäre­n. Angelehnt an den Giovanni Trapattoni frage ich: „Was erlaube Böhmermann?“Manfred Ziegler, Saarbrücke­n Volker Schumacher, Saarbrücke­n

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