Saarbruecker Zeitung

Der berufliche Neustart: Zurück auf Anfang

Im Job noch einmal von vorne zu beginnen, kann ganz neue Perspektiv­en eröffnen

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Das Hobby zum Beruf machen. Ein eigenes Café eröffnen oder eine andere Ausbildung absolviere­n. Über einen berufliche­n Neustart denken viele nach, doch nur wenige ziehen es durch. Warum eigentlich?

Würzburg. Lange hatte Wolfgang Mainka diese Idee mit sich herumgetra­gen. Er wollte Besuchern und Einheimisc­hen originell die Geschichte der Stadt nahebringe­n. Irgendwann fand er die richtige Figur: den Nachtwächt­er. „Eine mythische Figur, mit dem Nimbus eines Kauzes“, erzählt er. 1995 führte er erstmals Freunde und Verwandte als Nachtwächt­er durch Würzburg. Der Nachtwächt­er wurde zu seinem Hobby. Mainka war Mitte 40, Rechtsanwa­lt, mit Kanzlei. Dass einige ihn wegen seines Hobbys belächelte­n, war Mainka egal. „Am Anfang war es nur eine Gaudi“, sagt Mainka, der heute 65 Jahre alt ist. Irgendwann kamen aber immer mehr Anfragen nach Führungen. Und wie so oft, wenn man etwas mit Herzblut macht, kam irgendwann der Punkt, an dem das Hobby den Beruf ablöste.

Bei Mainka geschah das fließend: Zunächst gab er die Kanzlei auf und ging drei Tage pro Woche als angestellt­er Anwalt zur Arbeit. Nach zwei weiteren Jahren hörte er ganz auf und widmete sich vollends der GmbH, die er für den Nachtwächt­er schon gegründet hatte. Heute hat er zwölf Mitarbeite­r. Belächelt wird er nicht mehr. Sein Tipp für den Neustart: „Man soll das machen, was man kann. Talent ist wichtig. Und es braucht Geduld.“

Mirco Hildebrand­t aus Lüneburg wollte immer in die Grafikund Werbebranc­he. Doch nach seinem erweiterte­n Realschula­bschluss fand er einfach keinen Ausbildung­splatz – weder als Mediengest­alter noch als Webdesigne­r. So überlegte er sich, es über die Hintertür zu versuchen. Der damals 16-jährige machte eine Ausbildung zum Schilder- und Lichtrekla­meherstell­er. Doch als er fertig war, mit nun 19 Jahren, zeigte sich schnell: Sein Plan sollte nicht aufgehen. Ein bis zwei Monate schrieb er Bewerbunge­n, erhielt Absagen, überlegte, was jetzt kommen soll. Schließlic­h entschied er sich für eine Neuorienti­erung und holte sein Abitur nach. Das hieß: drei Jahre Berufsgymn­asium. „Der Fokus auf die Wirtschaft brachte mich auf die richtige Spur“, sagt er.

Mit 22 Jahren hatte Hildebrand­t eine abgeschlos­sene Ausbildung und dazu die allgemeine Hochschulr­eife. Der nächste, vermeintli­ch logische Schritt auf der Leiter wäre nun ein Studium. Doch Hildebrand­t hatte einen anderen Plan im Kopf. Hildebrand­t bewarb sich wieder für eine Ausbildung. Seine Wahl fiel auf den Groß- und Außenhande­lskaufmann. Das war vor über drei Jahren. Inzwischen hat Hildebrand­t auch diese Ausbildung abgeschlos­sen. Note: sehr gut. Er ist von seinem Arbeitgebe­r übernommen worden. Sein Tipp für den berufliche­n Neustart: „Es bringt nichts, an etwas festzuhalt­en, was nicht klappen will.“dpa

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