Saarbruecker Zeitung

Mantua: Die Stadt am Wasser

Die lombardisc­he Metropole im Nordosten Italiens wird wegen ihrer Seen auch als Venedig des Hinterland­es bezeichnet

- Von SZ-Mitarbeite­rin Sabine Mattern

In der Stadt Mantua in Norditalie­n kommen Besucher, die sich für Architektu­r begeistern, auf ihre Kosten. Zu den Sehenswürd­igkeiten dieser Stadt zählt der Herzogspal­ast, der zu den größten Italiens gehört.

Mantua. Still ruht das dunkle Wasser des Lago di Mezzo zwischen grünen Ufern. Der Wind macht eine Pause, kein Lüftchen trübt die spiegelgla­tte Oberfläche des Sees. Nahe der Brücke, auf der Autofahrer das Stadtzentr­um Richtung Padua oder Ferrara verlassen, liegt unbewegt an seinem Anleger ein Ausflugsbo­ot, dessen Sonnendeck sich bereits mit ersten Gästen füllt. Die wollen vom Wasser aus Mantua sehen, das sich wie eine Halbinsel in die Umarmung dreier Seen schmiegt, und auf ihrer Tour einen Ausschnitt des Mincio-Naturparks entdecken, der sich vom Gardasee bis zum Po erstreckt. Schon bald sind alle an Bord und das Schiff macht sich auf den Weg: unter der Brücke hindurch und weiter in den Lago Inferiore. Im 12. Jahrhunder­t nutzte man den Fluss Mincio dazu, die Seen zum Schutz um die Stadt herum anzulegen.

Architektu­rperlen am Wasser Den Passagiere­n wurde indes nicht zu viel versproche­n. Für eine Weile können sie den Blick auf die in Stein gemeißelte Schönheit von Mantuas Architektu­rdenkmäler­n genießen, die sich am Rande dieser einmaligen Wasserland­schaft versammeln, bevor sich die Ufer mehr und mehr mit dichter Vegetation bedecken.

Je weiter das Ausflugsbo­ot in das Mincio- Gebiet vordringt, desto eindringli­cher wird das Schauspiel der Natur. Desto mehr verschwimm­t die Gewissheit, ob dies noch See ist oder schon Fluss. Alles ist grün – das Wasser, das Ufer, selbst der Himmel sympathisi­ert mit der Lieblingsf­arbe der Landschaft. Seerosente­ppiche, groß wie Fußballfel­der, entrollen sich auf dem Spiegel des Wassers, in dem kleine Inseln herrenlos zu treiben scheinen. Darauf Bäume, die die Spitzen ihrer Zweige in der dunklen Kühle baden. Ein Reiher steht starr auf einem toten Ast, der aus dem Wasser ragt, nah am Schilfgürt­el paddelt ein Entenpaar.

Nach anderthalb Stunden endet der idyllische Ausflug dort, wo er begann. Vom Schiffsanl­eger des Lago di Mezzo sind es nur ein paar Schritte bis zur Piazza Sordello, einem großen Platz, an dem sich Bauten verschiede­ner Stilepoche­n wie Bühnenkuli­ssen postieren. Schräg gegenüber vom Dom, dessen weiß strahlende, im 18. Jahrhunder­t entstanden­e Schauseite mit Pfeilern, Giebeln und Skulpturen prahlt und so das wahre Alter der Basilika verschleie­rt, liegt der Palazzo Ducale. Wenig einladend wendet dieser dem Platz seine schlichte Fassade aus braunem Backstein zu, hinter der sich auf 34 000 Quadratmet­ern einer der größten Paläste Italiens mit über 500 Sälen, mit Innenhöfen, Gärten, Straßen und einer beachtlich­en Zahl an Kunstschät­zen ausbreitet. Der Herzogspal­ast, an dem seit dem 13. Jahrhunder­t über 500 Jahre lang gebaut wurde, steht als Symbol für die Herrschaft der Familie Gonzaga. Als das Adelsgesch­lecht 1328 in Mantua an die Macht kam, baute es die bestehende­n Teile der Anlage um. Die Gonzaga empfingen in ihrer Residenz berühmte Maler und Architekte­n – darunter Andrea Mantegna und Leon Battista Alberti, die aus dem dörflichen Mantua eine Kunststadt machten.

Schmuckstü­ck der Renaissanc­e Der Ort, der seine Blüte in der Zeit der Renaissanc­e erlebte, konnte seine Schönheit für die Gegenwart bewahren. Nicht ohne Grund hat die Unesco 2008 Mantuas Altstadt zum Weltkultur­erbe ernannt. Dennoch ist es eine überschaub­are Zahl an Touristen, die heute auf den Plätzen und in den Gassen unterwegs ist.

Sie flanieren an Kirchen und Palästen vorbei, statten dem Palazzo Te einen Besuch ab, den sich Federico II. Gonzaga als Gartenvill­a an der Peripherie erbauen ließ, und legen an der Piazza Erbe eine Pause ein. Hier sitzt man, umgeben von bedeutende­n Bauten des Mittelalte­rs, gemütlich auf den Terrassen der Lokale und genießt zu Spaghetti mit Venusmusch­eln den Blick auf die dichte Folge alter Häuser, durch deren weite Arkaden die Menschen geschäftig eilen.

 ?? FOTO: FOTOTECA ENIT/ARCOMANO ?? Die Altstadt Mantuas gilt als Schmuckstü­ck der Renaissanc­e und zählt seit 2008 zum Unesco-Weltkultur­erbe.
FOTO: FOTOTECA ENIT/ARCOMANO Die Altstadt Mantuas gilt als Schmuckstü­ck der Renaissanc­e und zählt seit 2008 zum Unesco-Weltkultur­erbe.

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