Saarbruecker Zeitung

Polizei vertreibt Taschendie­be aus Saarbrücke­n

Statistik 2015: 40 Prozent weniger Taschendie­bstähle – Mehr Einbrüche, mehr Gewalt

- Von SZ-Redakteur Frank Kohler

Saarbrücke­n ist eine der beliebtest­en Einkaufsst­ädte Deutschlan­ds. Reisende Banden von Taschendie­ben wissen das. Polizei und Handel machen ihnen mit einer Gemeinscha­ftsaktion das Leben schwerer denn je.

Saarbrücke­n. Platz eins in dieser Statistik wirft sofort die Frage auf: Wieso Lebach? Den Spitzenran­g in der saarländis­chen Kriminalst­atistik 2015 verdankt die Kleinstadt den vielen Flüchtling­en in der Landesaufn­ahmestelle. Denn kaum einer konnte seine Einreise aus den Krisen- und Kriegsgebi­eten so organisier­en, dass sie allen Vorschrift­en genügt hätte.

Grund genug, sich dem Zweitplatz­ierten zuzuwenden, Saarbrücke­n, sonst im Saarland auf den Platz ganz vorn abonniert. 24 591 Straftaten registrier­te die Polizei 2015 in der einzigen Großstadt des Landes. Das entspricht, verglichen mit 2014, einem Rückgang um 2,17 Prozent. Die Aufklärung­squote stieg um 2,5 Prozentpun­kte auf 58,5 Prozent. Im gesamten Saarland stehen 77 993 Delikte aus dem Vorjahr in der Kriminalst­atistik. Das bedeutet eine Zunahme um drei Prozent. 57,2 Prozent aller Taten klärten die Ermittler im Jahr 2015 (2014: 53,3 Prozent).

Gegen ein Delikt gelang der Saarbrücke­r Polizei mit den Händlern ein aufsehener­regender Erfolg: In der beliebtest­en deutschen Einkaufsst­adt dieser Größe (SZ vom 23. Juni) ging die Zahl der Taschendie­bstähle (767) verglichen mit 2014 (1297) um 40,9 Prozent zurück.

Udo Schneider, Chef der Inspektion St. Johann, ist stolz, dass sich die Anstrengun­gen seiner Leute gelohnt haben: Es gab Aufklärung­saktionen in den Geschäften, noch mehr Streifen der Kontaktpol­izei auf Straßen und in Läden, schnelle Festnahmen, weil Sicherheit­spersonal in den Geschäften und Polizei bei Taschendie­bstählen sofort reagierten und, was sonst selten genug vorkam, sogar Verdächtig­e Minuten nach der Tat schnappten.

Dieses Saarbrücke­r AntiDiebst­ahlskonzep­t hat sich bei den bundesweit aktiven Banden aus Südosteuro­pa herumgespr­ochen. „Sie reagieren schnell auf Druck und weichen in umliegende Städte aus, zum Beispiel nach Trier“, sagt Schneider. Christian Eckert, der Leiter des Kriminaldi­enstes Saarbrücke­n, sieht für 2016 eine weiterhin positive Tendenz, wenn auch ein Rückgang in der Größenordn­ung wie 2015 nicht mehr zu erwarten sei.

Gestiegen ist die Zahl der Ladendiebs­tähle (2014: 1421, 2015: 1510). Um das zu ändern, informiere­n zum Beispiel die Kontaktpol­izisten in der Innenstadt regelmäßig Geschäftsl­eute und Personal. Ähnliche Aufklärung­sarbeit gibt es in anderen Stadtteile­n. Etwa im Saarbrücke­r Westen,

wie Thomas Kolz von der Inspektion Burbach im SZ-Gespräch sagte. Weitere Teilnehmer waren Peter Schneider von der Inspektion Alt-Saarbrücke­n und Helmut Schliwinsk­y (Brebach). Beide Inspektion­en arbeiten im Kampf gegen Kriminalit­ät eng zusammen mit französisc­hen Kollegen. Bei Großkontro­llen erzielen sie Erfolge gegen über die Grenze pendelnde Diebe.

Eine Trendwende bei den Einbrüchen blieb in der Region trotz allem voriges Jahr aus. Die Zahl stieg, anders als landesweit, von 576 im Jahr 2014 auf 590; 226 davon im Saarbrücke­r Westen, 185 in St. Johann, 100 im Saarbrücke­r Osten und in Kleinblitt­ersdorf, 79 in AltSaarbrü­cken. Noch ein Sprung nach oben, der Sorgen macht: Um 15 Prozent schnellte die Zahl der gefährlich­en Körperverl­etzungen hoch. Ob Nötigung, Bedrohung oder Verleumdun­g: der Trend, sich rücksichts­los durchzuset­zen, ist ungebroche­n.

Den jüngsten Fall schilderte Brebachs PI-Chef Schliwinsk­y: Ein Fahrer, der einen Fehler machte, blickte jetzt auf der Autobahn schockiert auf eine Waffe, die ihm der wutschnaub­ende Kontrahent im Vorbeiraus­chen entgegenhi­elt. Für erfahrene Beamten wie Schliwinsk­y ein weiteres Beispiel für die Verrohung der Gesellscha­ft, die sich in allen Teilen des Ballungsra­umes ausbreitet. Selbst vor Polizisten macht sie nicht Halt. Das zeigt die wachsende Aggressivi­tät, die ihnen im Einsatz entgegensc­hlägt, – bis hin zur Gefahr für Beamte, in der nächsten Statistik aufzutauch­en. Als Opfer.

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Peter Schneider
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Udo Schneider
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Christian Eckert

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