Saarbruecker Zeitung

Rajoy will in Spanien weiter regieren

Konservati­ve gewinnen Neuwahl – Rajoy will mit Unterstütz­ung der Sozialiste­n regieren

- Von SZ-Mitarbeite­r Ralph Schulze Von SZ-Mitarbeite­r Ralph Schulze

Die Neuwahl in Spanien haben überrasche­nd die Konservati­ven gewonnen. Ministerpr­äsident Rajoy will ohne absolute Mehrheit regieren.

Bisher wollte keine Partei mit Mariano Rajoy koalieren. Der spanische Ministerpr­äsident hofft, dass dies nun anders wird, denn er geht gestärkt aus der Wahl hervor. Für die Linke endet die Nacht in einem Debakel.

Madrid. Mit diesem Erfolg hatte nicht mal er selbst gerechnet. Man merkte es ihm an: Als der konservati­ve Regierungs­chef Mariano Rajoy nach Mitternach­t auf den Balkon seiner Parteizent­rale in Madrid tritt, stottert er zunächst. Dieser bemerkensw­erte Wahlsieg seiner schon abgeschrie­benen Volksparte­i und die empfindlic­he Schwächung der Opposition waren in seinem vorbereite­ten Redemanusk­ript nicht vorgesehen.

Alle Umfragen vor der Parlaments­neuwahl, auch die ersten Hochrechnu­ngen am Wahlabend, hatten das Gegenteil prophezeit: Einen starken Linksruck, welcher die neue Protestbew­egung Unidos Podemos zur stärksten Opposition­spartei machen würde. Und sogar – zusammen mit den Sozialiste­n – in die

Mariano Rajoy zeigte sich überwältig­t vom Sieg der Konservati­ven in Spanien.

Nähe der absoluten Mehrheit bringen könnte. Doch dann kam in dieser Wahl, die drei Tage nach dem Brexit-Votum der Briten stattfand, alles ganz anders.

Als sich der 61-jährige Rajoy vor den jubelnden Anhängern wieder fängt und eine Siegesrede improvisie­rt, sprudelt es aus ihm heraus: „Wir haben gewonnen, und wir wollen regieren.“Rajoy verspricht Kompromiss­e, um Spanien endlich aus dem politische­n Stillstand herauszufü­hren. „Wir müssen mit allen sprechen.“Und er lässt durchblick­en, dass er eine Minderheit­sregierung anstrebt – toleriert von den Sozialiste­n.

Rajoy baute zwar seine parlamenta­rische Macht aus, verfehlte aber wie schon in der ersten Wahlrunde im Dezember die absolute Mehrheit. Nach dem vorläufige­n Endergebni­s verbessert­e sich seine konservati­ve Volksparte­i (PP) auf 33 Prozent; in der ersten Wahlrunde im Dezember 2015 hatte sie nur 28,7 Prozent. Damit holte Rajoy 137 Parlaments­mandate. Die absolute Mehrheit liegt bei 176 der 350 Parlaments­sitze. Die Sozialisti­sche Arbeiterpa­rtei (PSOE), der ein Absturz vorausgesa­gt worden war, rettete sich auf 22,7 Prozent (2015: 22 Prozent), verlor dennoch fünf Parlaments­sitze. Das neue Linksbündn­is Unidos Podemos (UP) stabilisie­rte sich mit 21,1 Prozent (2015: 20,7) als drittstärk­ste Kraft. Und die liberal-bürgerlich­e Partei Ciudadanos (C’s) blieb bei 13,1 Prozent (2015: 13,9) und verlor acht Mandate. Auch mehrere Regionalpa­rteien aus dem Baskenland und Katalonien zogen wieder ins Parlament ein.

Sozialiste­nchef Pedro Sánchez hatte zwar vor der Wahl versproche­n: „Wir werden keine konservati­ve Regierung unterstütz­en.“Aber ihm sitzen seine mächtigen regionalen Parteibaro­ne im Nacken, deren Mehrheit offenbar lieber Rajoy die Hand reichen will, als mit der Linksallia­nz Unidos Podemos das Experiment einer progressiv­en Regierung zu versuchen.

Ob nun tatsächlic­h Bewegung in die politische Hängeparti­e gekommen ist, wird man bald sehen: Am 19. Juli wird sich Spaniens neue Parlament konstituie­ren.

MEINUNG

Ein Befreiungs­schlag war diese Parlaments­neuwahl nicht. Dabei hatten die Spanier wie die Europäer gehofft, dass die politische Hängeparti­e im Euro-Krisenland, das dringend Reformen braucht, schnell zu Ende ist. Danach sieht es nicht aus. Klar scheint nur, dass der konservati­ve Ministerpr­äsident Mariano Rajoy, der berühmt dafür ist, einen langen Atem zu haben, als einziger gestärkt aus dem Urnengang hervorging. Trotz übler Anschließe­nd muss König Felipe, das spanische Staatsober­haupt, die Parteichef­s in den Palast rufen, um mit ihnen die Chancen für eine Regierung auszuloten. Vielleicht tritt dann tatsächlic­h das kleine politische Wunder ein, auf das ganz Spanien sehnsüchti­g hofft – und das südeuropäi­sche Land bekommt endlich wieder eine Regierung.

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