Rajoy will in Spanien weiter regieren
Konservative gewinnen Neuwahl – Rajoy will mit Unterstützung der Sozialisten regieren
Die Neuwahl in Spanien haben überraschend die Konservativen gewonnen. Ministerpräsident Rajoy will ohne absolute Mehrheit regieren.
Bisher wollte keine Partei mit Mariano Rajoy koalieren. Der spanische Ministerpräsident hofft, dass dies nun anders wird, denn er geht gestärkt aus der Wahl hervor. Für die Linke endet die Nacht in einem Debakel.
Madrid. Mit diesem Erfolg hatte nicht mal er selbst gerechnet. Man merkte es ihm an: Als der konservative Regierungschef Mariano Rajoy nach Mitternacht auf den Balkon seiner Parteizentrale in Madrid tritt, stottert er zunächst. Dieser bemerkenswerte Wahlsieg seiner schon abgeschriebenen Volkspartei und die empfindliche Schwächung der Opposition waren in seinem vorbereiteten Redemanuskript nicht vorgesehen.
Alle Umfragen vor der Parlamentsneuwahl, auch die ersten Hochrechnungen am Wahlabend, hatten das Gegenteil prophezeit: Einen starken Linksruck, welcher die neue Protestbewegung Unidos Podemos zur stärksten Oppositionspartei machen würde. Und sogar – zusammen mit den Sozialisten – in die
Mariano Rajoy zeigte sich überwältigt vom Sieg der Konservativen in Spanien.
Nähe der absoluten Mehrheit bringen könnte. Doch dann kam in dieser Wahl, die drei Tage nach dem Brexit-Votum der Briten stattfand, alles ganz anders.
Als sich der 61-jährige Rajoy vor den jubelnden Anhängern wieder fängt und eine Siegesrede improvisiert, sprudelt es aus ihm heraus: „Wir haben gewonnen, und wir wollen regieren.“Rajoy verspricht Kompromisse, um Spanien endlich aus dem politischen Stillstand herauszuführen. „Wir müssen mit allen sprechen.“Und er lässt durchblicken, dass er eine Minderheitsregierung anstrebt – toleriert von den Sozialisten.
Rajoy baute zwar seine parlamentarische Macht aus, verfehlte aber wie schon in der ersten Wahlrunde im Dezember die absolute Mehrheit. Nach dem vorläufigen Endergebnis verbesserte sich seine konservative Volkspartei (PP) auf 33 Prozent; in der ersten Wahlrunde im Dezember 2015 hatte sie nur 28,7 Prozent. Damit holte Rajoy 137 Parlamentsmandate. Die absolute Mehrheit liegt bei 176 der 350 Parlamentssitze. Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE), der ein Absturz vorausgesagt worden war, rettete sich auf 22,7 Prozent (2015: 22 Prozent), verlor dennoch fünf Parlamentssitze. Das neue Linksbündnis Unidos Podemos (UP) stabilisierte sich mit 21,1 Prozent (2015: 20,7) als drittstärkste Kraft. Und die liberal-bürgerliche Partei Ciudadanos (C’s) blieb bei 13,1 Prozent (2015: 13,9) und verlor acht Mandate. Auch mehrere Regionalparteien aus dem Baskenland und Katalonien zogen wieder ins Parlament ein.
Sozialistenchef Pedro Sánchez hatte zwar vor der Wahl versprochen: „Wir werden keine konservative Regierung unterstützen.“Aber ihm sitzen seine mächtigen regionalen Parteibarone im Nacken, deren Mehrheit offenbar lieber Rajoy die Hand reichen will, als mit der Linksallianz Unidos Podemos das Experiment einer progressiven Regierung zu versuchen.
Ob nun tatsächlich Bewegung in die politische Hängepartie gekommen ist, wird man bald sehen: Am 19. Juli wird sich Spaniens neue Parlament konstituieren.
MEINUNG
Ein Befreiungsschlag war diese Parlamentsneuwahl nicht. Dabei hatten die Spanier wie die Europäer gehofft, dass die politische Hängepartie im Euro-Krisenland, das dringend Reformen braucht, schnell zu Ende ist. Danach sieht es nicht aus. Klar scheint nur, dass der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy, der berühmt dafür ist, einen langen Atem zu haben, als einziger gestärkt aus dem Urnengang hervorging. Trotz übler Anschließend muss König Felipe, das spanische Staatsoberhaupt, die Parteichefs in den Palast rufen, um mit ihnen die Chancen für eine Regierung auszuloten. Vielleicht tritt dann tatsächlich das kleine politische Wunder ein, auf das ganz Spanien sehnsüchtig hofft – und das südeuropäische Land bekommt endlich wieder eine Regierung.