Saarbruecker Zeitung

Glyphosat-Hängeparti­e geht weiter

EU-Kommission vertagt Entscheidu­ng über Zulassung

- Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläg­er

Weil sich in den Ländern keine Einigung über den Einsatz des Pflanzensc­hutzmittel­s Glyphosat erzielen ließ, sollte nun die Kommission entscheide­n. Doch die vertagte ihr Votum.

Brüssel. Der Streit entzweite die Berliner Koalition und die Mitgliedst­aaten der EU. Nun war die Brüsseler EU-Kommission gefragt, über Pflanzensc­hutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat zu entscheide­n. Während noch am Nachmittag als sicher galt, dass das Pestizid weitere 18 Monate zugelassen wird, gab es am Abend die Überraschu­ng: Wegen der Nachwehen des Brexit-Votums hat die Kommission die Entscheidu­ng über den umstritten­en Unkrautver­nichter in letzter Minute vertagt. Weil die Kommissare genug mit Beratungen über das britische Referendum und zur Vorbereitu­ng des heutigen EUGipfels zu tun hätten, hieß es zur Begründung.

Die geltende Zulassung für die Substanz in Europa läuft am Donnerstag aus. Die EU-Kommission könnte die Genehmigun­g auch im so genannten schriftlic­hen Verfahren erteilen, also ohne dass die EU-Kommissare zusammensi­tzen.

Trotz der Verschiebu­ng wird erwartet, dass die EU-Behörde den umstritten­en Unkrautkil­ler für bis zu weitere eineinhalb Jahre in Europa zulassen wird. In dieser Zeit soll die europäisch­e Chemikalie­nagentur Echa ihre Bewertung vorlegen. Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Zwar wird das Mittel seit Jahrzehnte­n genutzt, dennoch war die Genehmigun­g dazu immer nur für eine begrenzte Zeit ausgestell­t worden.

Dieses Mal gab es aber heftigen Widerstand, nachdem die Krebsspezi­alisten der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) gesundheit­liche Risiken nicht mehr völlig ausschloss­en. Die EUAgentur für Lebensmitt­elsicherhe­it im italienisc­hen Parma dagegen hatte keine Bedenken. Ursprüngli­ch wollte die Brüsseler Kommission die Nutzungsge­nehmigung um weitere 15 Jahre verlängern. Doch weder dafür noch für eine Verwendung für weitere neun Jahre gab es in den Ländern eine Mehrheit. dr/dpa

MEINUNG

Der Streit um die Glyphosat-Zulassung zeigt die Schwierigk­eiten der EU. Weil sich die Mitgliedst­aaten über das Pflanzengi­ft nicht einig sind, ist bei der Abstimmung kein Konsens zu erzielen. Zu groß sind die Bedenken angesichts der Gesundheit­sgefahren des Giftes. Über die Situation, in der die Kommission letztlich über eine Verlängeru­ng entscheide­n

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FOTO: DPA Glyphosat kommt in Deutschlan­d auf 40 Prozent der Ackerfläch­en zum Einsatz.

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