Glyphosat-Hängepartie geht weiter
EU-Kommission vertagt Entscheidung über Zulassung
Weil sich in den Ländern keine Einigung über den Einsatz des Pflanzenschutzmittels Glyphosat erzielen ließ, sollte nun die Kommission entscheiden. Doch die vertagte ihr Votum.
Brüssel. Der Streit entzweite die Berliner Koalition und die Mitgliedstaaten der EU. Nun war die Brüsseler EU-Kommission gefragt, über Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat zu entscheiden. Während noch am Nachmittag als sicher galt, dass das Pestizid weitere 18 Monate zugelassen wird, gab es am Abend die Überraschung: Wegen der Nachwehen des Brexit-Votums hat die Kommission die Entscheidung über den umstrittenen Unkrautvernichter in letzter Minute vertagt. Weil die Kommissare genug mit Beratungen über das britische Referendum und zur Vorbereitung des heutigen EUGipfels zu tun hätten, hieß es zur Begründung.
Die geltende Zulassung für die Substanz in Europa läuft am Donnerstag aus. Die EU-Kommission könnte die Genehmigung auch im so genannten schriftlichen Verfahren erteilen, also ohne dass die EU-Kommissare zusammensitzen.
Trotz der Verschiebung wird erwartet, dass die EU-Behörde den umstrittenen Unkrautkiller für bis zu weitere eineinhalb Jahre in Europa zulassen wird. In dieser Zeit soll die europäische Chemikalienagentur Echa ihre Bewertung vorlegen. Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Zwar wird das Mittel seit Jahrzehnten genutzt, dennoch war die Genehmigung dazu immer nur für eine begrenzte Zeit ausgestellt worden.
Dieses Mal gab es aber heftigen Widerstand, nachdem die Krebsspezialisten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gesundheitliche Risiken nicht mehr völlig ausschlossen. Die EUAgentur für Lebensmittelsicherheit im italienischen Parma dagegen hatte keine Bedenken. Ursprünglich wollte die Brüsseler Kommission die Nutzungsgenehmigung um weitere 15 Jahre verlängern. Doch weder dafür noch für eine Verwendung für weitere neun Jahre gab es in den Ländern eine Mehrheit. dr/dpa
MEINUNG
Der Streit um die Glyphosat-Zulassung zeigt die Schwierigkeiten der EU. Weil sich die Mitgliedstaaten über das Pflanzengift nicht einig sind, ist bei der Abstimmung kein Konsens zu erzielen. Zu groß sind die Bedenken angesichts der Gesundheitsgefahren des Giftes. Über die Situation, in der die Kommission letztlich über eine Verlängerung entscheiden