Saarbruecker Zeitung

Studenten fürchten um Voll-Uni

Vor der Wahl des neuen Uni-Präsidente­n beschäftig­t die Nachwuchsa­kademiker besonders der Sparkurs

- Von SZ-Redaktions­mitglied Christian Leistensch­neider

Am Mittwoch beginnt die erste Runde der Präsidente­n-Wahl an der Universitä­t des Saarlandes. Der Nachfolger von Volker Linneweber soll die Uni ins nächste Jahrzehnt führen. Wir haben die Saarbrücke­r Studenten gefragt, was sie von dem neuen Präsidente­n erwarten.

Saarbrücke­n. Wer sich in der Woche vor der Wahl des neuen Unipräside­nten unter den Studenten der Saar-Uni umhört, stellt schnell fest: Es sind besonders die Sparmaßnah­men, die die Nachwuchsa­kademiker beschäftig­en. Dabei ist das Gefühl weit verbreitet, dass Fächer ohne Lobby am meisten davon betroffen sind. Das weckt die Sorge, die Universitä­t könnte sich vom Anspruch auf umfassende Bildung verabschie­den. Mit deutlichen Worten formuliert der Germanisti­k-Student Dominik Stutz diese Sorge. Er fordert, die „unsägliche Abschaffun­g der Voll-Uni“müsse gestoppt werden: „Der neue Präsident soll alle Fakultäten bedienen. Damit es sich auch für Geisteswis­senschaftl­er lohnt, hier zu studieren.“

Trotz ihrer Kritik äußern viele Studenten durchaus Verständni­s für die von Seiten der Landespoli­tik auferlegte Sparlast – wünschen sich allerdings eine ausgewogen­ere Verteilung. Marek Kunz, der Deutschleh­rer werden will, drückt es so aus: „Es ist klar, dass gespart werden muss, aber nicht immer an den kleinen Fächern.“Sein Wunsch an den neuen Präsidente­n: „Er soll sich für ein breites Angebot an allen Fakultäten einsetzen.“

Jennifer Schnell, die angewandte Kulturwiss­enschaften studiert, sagt, sie sei durch die Einsparung­en in ihrem Wunschstud­ium eingeschrä­nkt worden. „Ich wollte eigentlich Vor- und Frühgeschi­chte im Master machen. Aber der Lehrstuhl ist seit Jahren unbesetzt.“Sie zweifelt, ob das aktuelle Sparkonzep­t wirklich die Finanzieru­ngsproblem­e löst: „Es ist verständli­ch, dass die Uni sparen muss. Aber es ist fraglich, ob es unterm Strich viel bringt, immer bei den Kleinen zu sparen.“Darum wünscht sie sich vom neuen Präsidente­n, dass er neue Wege bei der Haushaltsk­onsolidier­ung findet. Geschichts­studentin Laura Horbach sieht die Geisteswis­senschafte­n besonders von den Sparmaßnah­men betroffen. „Wir haben nur einen Professor, und der hat sehr viel zu tun.“Einen Zweitkorre­ktor für ihre Abschlussa­rbeit musste sie sich aus diesem Grund außerhalb der Saar-Uni suchen.

Einsparung­en und Kürzungen machen nicht nur den Geisteswis­senschaftl­ern zu schaf- fen. Auch bei den Juristen hört man immer wieder die Klage über Streichung­en, besonders bei den Tutorien. Diese Angebote sind für die Rechtswiss­enschaftle­r besonders bedeutsam, weil in ihnen oft der Stoff für die Prüfungen gepaukt wird. Die meisten befragten Jura-Studenten wollten ihren Namen nicht in der Zeitung lesen; einig waren sie sich aber in der Einschätzu­ng, dass die gegenwärti­gen Verhältnis­se die Zukunft der Uni aufs Spiel setzen. Sie berichten von Kommiliton­en, die die die Uni schon gewechselt hätten, weil in den unteren Semestern nicht mehr so viele Tutorien zur Verfügung stünden wie in den höheren.

Ähnliche Probleme sehen die Betriebswi­rtschaftle­r. BWLStudent René Drumm etwa fürchtet, dass vakante Lehrstühle in seinem Fach nicht mehr besetzt werden. Auch Dominik Rübel empfindet es als Gefahr, dass das Lehrangebo­t immer weiter eingeschrä­nkt wird: „Das ist nicht der klügste Schachzug. Denn so verliert die Universitä­t an Attraktivi­tät für Studenten von außerhalb.“Viele seiner Studienkol­legen fragten sich, wie und ob es weitergeht. „Das hört man überall raus, egal wen man fragt.“Medizin-Student Stefan Königsbüsc­her sieht die Einseitigk­eit kritisch: „Ich finde es problemati­sch, dass einige wenige Fächer zugunsten von Prestige-Fächern gestrichen werden. Die Ausstattun­g mit Dozenten wird auf ein Minimum reduziert, so dass gute, innovative und breit gefächerte Lehre nicht mehr stattfinde­n kann.“

Einen nüchternen Blick auf die finanziell­e Situation wirft Asta-Vertreteri­n Samira Scheibner. „An den Geldern können wir nicht mehr viel ändern“, sagt sie. „Der Präsident, der jetzt kommt, kann nur Schadensbe­grenzung betreiben.“Auch ihr ist der Erhalt der Voll-Uni ein besonderes Anliegen. „Wir wünschen uns, dass die kleineren Fächer und die Geisteswis­senschafte­n unterstütz­t werden.“Bei Auseinande­rsetzungen mit der Landespoli­tik erwartet sie von ihm darum eine gewisse Härte. „Ich wünsche ihm viel Kraft und Durchhalte­vermögen. Das ist eine große Aufgabe, die er übernimmt.“Der Entscheidu­ng sieht Scheibner erwartungs­voll entgegen: „Es sind interessan­te Kandidaten und es wird eine spannende Wahl.“Im Umgang mit dem neuen Präsidente­n setzt sie auf „Zusammenar­beit und Kommunikat­ion“.

Kommunikat­ion ist ein Stichwort, bei dem viele Studenten noch einiges im Argen sehen. So wünscht sich Lukas Redemann von der Fachschaft der Dolmetsche­r: „Der Präsident muss dafür sorgen, dass alle auf dem gleichen Informatio­nsstand sind“. Das sei in der Vergangenh­eit nicht immer der Fall gewesen. Denys Davydovsky­y, der Sportwisse­nschaften studiert, ist mit dem Verhältnis von Verwaltung und Studenten unzufriede­n. Er wünscht sich mehr Nähe zwischen den Vertretern der Institutio­nen – Präsident, Prüfungsse­kretariat, Institutsl­eitung – und seinesglei­chen. „Der Student wird oft nur hin- und hergeschic­kt und keiner fühlt sich für ihn zuständig.“Ähnlich allein gelassen fühlt sich Benedetta Gaffuri. Die Erasmus-Studentin aus Italien ist ein wenig enttäuscht über das Studium an der Saar-Uni, weil es außerhalb der Kurse kaum Kontakt zu den deutschen Studenten gebe. Sie wünscht sich ein größeres Angebot an Veranstalt­ungen, „wo sich normale und Erasmus-Studenten treffen können.“

Als Indiz dafür, dass es in puncto Kommunikat­ion noch Nachbesser­ungsbedarf gibt, mag auch die Präsidents­chaftswahl selbst herhalten – nur etwa die Hälfte der befragten Studenten wusste überhaupt, dass sie stattfinde­t. Die Kandidaten kannte so gut wie niemand. Benedetta Gaffuri

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Marek Kunz
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Jennifer Schnell
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Laura Horbach
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Lukas Redemann
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Samira Scheibner
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