Saarbruecker Zeitung

Den Druck hochhalten

3:0 der Deutschen gegen Slowakei „kein Gradmesser“– Draxler Gewinner, Götze raus

- Von SZ-Redakteur Michael Kipp

Den klaren Sieg im Achtelfina­le will Bundestrai­ner Joachim Löw nicht zu hoch bewerten. Daher versucht er, den Druck hochzuhalt­en. Bisher hat er nicht viel falsch gemacht mit seinen Entscheidu­ngen.

Lille. Joachim Löw saß auf dem Pressepodi­um im Liller Stade Pierre-Mauroy und hielt den Druck hoch. „Die Slowaken waren - bei allem Respekt - jetzt kein Gradmesser“, parlierte der Bundestrai­ner nach dem 3:0 im Achtelfina­le der Fußball-EM. Natürlich war er zufrieden mit dem Spiel, mit der Aggressivi­tät seiner Mannschaft, mit der Spielfreud­e, mit der Defensivle­istung. „Wir hatten immer die Kontrolle“, sagte Löw.

Aber, und das ist wohl die Quintessen­z seiner Gradmesser-Aussage: Darauf ausruhen könne sich die Mannschaft nicht. Schließlic­h geht es am Samstag um 21 Uhr in Bordeaux weiter. Dann geht es gegn Angstgegne­r Italien. Da zählt es nicht, dass die Deutschen immer noch kein Gegentor bei der EM gefangen haben, dass die Abschlusss­chwäche gegen die Nordiren fast vergessen ist.

Dennoch war gestern im Trainingsc­amp in Évian zunächst einmal die Lockerheit des Seins Thema. Ein leichtes Training um 12 Uhr stand auf dem Programm. Erst heute beginnt die Vorbereitu­ng auf Samstag. „Die Woche steht im Zeichen von Analyse des Gegners“, sagte Löw. „Wir werden an den gleichen Dingen weiterarbe­iten – defensive Grundordnu­ng und auch in der Offensive, insbesonde­re an den Laufwegen feilen.“Auf dem Plan steht auch „Elfmetersc­hießen, klar“, wie Löw betonte. Nicht nur, weil Mesut Özil einen gegen die Slowaken verschoss. Der Trainer will nichts dem Zufall überlassen, weder im taktischen noch im personelle­n Bereich.

Bisher hat er alles richtig gemacht: Mats-Hummels-Ersatz Shkodran Mustafi traf im ersten Spiel gegen die Ukraine, der eingewechs­elte Bastian Schweinste­iger traf zum 2:0. Gegen Nordirland vertraute Löw Mario Gomez, dem das entscheide­nde Tor gelang und gegen die Slowaken wieder jubeln durfte (43. Minute). Am Sonntag entschied sich Löw auch für Jérôme Boateng – trotz zwickender Wade des Abwehrchef­s. Er dankte es mit seinem ersten Länderspie­ltor im 63. Spiel und feierte mit der medizinisc­hen Abteilung des DFB am Spielfeldr­and. „Die letzten Tage haben die Physiother­apeuten und die Doktoren Vollgas gegeben, sonst hätte ich heute nicht spielen können“, bedankte sich Boateng.

Und Löw setzte gegen die Slowaken auf Julian Draxler – obwohl der 22-Jährige in den ersten beiden Spielen enttäuscht­e. Der Wolfsburge­r dankte es Löw mit einer fantastisc­hen Leistung, bereitete in seinem 22. Länderspie­l das 2:0 von Gomez mit einem feinen Solo vor, traf selbst zum 3:0 (63.). „Der Trainer hat mir viel Selbstvert­rauen gegeben. Ich bin dankbar dafür“, sagte Draxler, der damit Mario Götze zum einzigen Verlierer des Spiels machte. Der WM-Held dürfte vorerst raus sein. Ein Gewinner war auch wieder Jonas Hector. Er hatte die beste Zweikampfq­uote im Team (62 Prozent).

Doch all das zählt nicht am Samstag. Auch wenn Toni Kroos richtig feststellt­e: „Wir sind auf jeden Fall eher eine Turnierman­nschaft als eine Testspielm­annschaft“, ist es sicher eine gute Idee von Löw, den Druck hochzuhalt­en.

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FOTO: HUGUEN/AFP Julian Draxler und Jérôme Boateng (rechts) waren die beiden prägenden Figuren im Spiel des Weltmeiste­rs beim 3:0-Erfolg im Achtelfina­le gegen die Slowakei.

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