Den Druck hochhalten
3:0 der Deutschen gegen Slowakei „kein Gradmesser“– Draxler Gewinner, Götze raus
Den klaren Sieg im Achtelfinale will Bundestrainer Joachim Löw nicht zu hoch bewerten. Daher versucht er, den Druck hochzuhalten. Bisher hat er nicht viel falsch gemacht mit seinen Entscheidungen.
Lille. Joachim Löw saß auf dem Pressepodium im Liller Stade Pierre-Mauroy und hielt den Druck hoch. „Die Slowaken waren - bei allem Respekt - jetzt kein Gradmesser“, parlierte der Bundestrainer nach dem 3:0 im Achtelfinale der Fußball-EM. Natürlich war er zufrieden mit dem Spiel, mit der Aggressivität seiner Mannschaft, mit der Spielfreude, mit der Defensivleistung. „Wir hatten immer die Kontrolle“, sagte Löw.
Aber, und das ist wohl die Quintessenz seiner Gradmesser-Aussage: Darauf ausruhen könne sich die Mannschaft nicht. Schließlich geht es am Samstag um 21 Uhr in Bordeaux weiter. Dann geht es gegn Angstgegner Italien. Da zählt es nicht, dass die Deutschen immer noch kein Gegentor bei der EM gefangen haben, dass die Abschlussschwäche gegen die Nordiren fast vergessen ist.
Dennoch war gestern im Trainingscamp in Évian zunächst einmal die Lockerheit des Seins Thema. Ein leichtes Training um 12 Uhr stand auf dem Programm. Erst heute beginnt die Vorbereitung auf Samstag. „Die Woche steht im Zeichen von Analyse des Gegners“, sagte Löw. „Wir werden an den gleichen Dingen weiterarbeiten – defensive Grundordnung und auch in der Offensive, insbesondere an den Laufwegen feilen.“Auf dem Plan steht auch „Elfmeterschießen, klar“, wie Löw betonte. Nicht nur, weil Mesut Özil einen gegen die Slowaken verschoss. Der Trainer will nichts dem Zufall überlassen, weder im taktischen noch im personellen Bereich.
Bisher hat er alles richtig gemacht: Mats-Hummels-Ersatz Shkodran Mustafi traf im ersten Spiel gegen die Ukraine, der eingewechselte Bastian Schweinsteiger traf zum 2:0. Gegen Nordirland vertraute Löw Mario Gomez, dem das entscheidende Tor gelang und gegen die Slowaken wieder jubeln durfte (43. Minute). Am Sonntag entschied sich Löw auch für Jérôme Boateng – trotz zwickender Wade des Abwehrchefs. Er dankte es mit seinem ersten Länderspieltor im 63. Spiel und feierte mit der medizinischen Abteilung des DFB am Spielfeldrand. „Die letzten Tage haben die Physiotherapeuten und die Doktoren Vollgas gegeben, sonst hätte ich heute nicht spielen können“, bedankte sich Boateng.
Und Löw setzte gegen die Slowaken auf Julian Draxler – obwohl der 22-Jährige in den ersten beiden Spielen enttäuschte. Der Wolfsburger dankte es Löw mit einer fantastischen Leistung, bereitete in seinem 22. Länderspiel das 2:0 von Gomez mit einem feinen Solo vor, traf selbst zum 3:0 (63.). „Der Trainer hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Ich bin dankbar dafür“, sagte Draxler, der damit Mario Götze zum einzigen Verlierer des Spiels machte. Der WM-Held dürfte vorerst raus sein. Ein Gewinner war auch wieder Jonas Hector. Er hatte die beste Zweikampfquote im Team (62 Prozent).
Doch all das zählt nicht am Samstag. Auch wenn Toni Kroos richtig feststellte: „Wir sind auf jeden Fall eher eine Turniermannschaft als eine Testspielmannschaft“, ist es sicher eine gute Idee von Löw, den Druck hochzuhalten.